Jahrmarkt der Unsterblichkeit
sehr alt. Haben Sie das bemerkt?»
«Ja.»
«Sagen Sie mir noch einmal, wie diese Substanz genannt wird.»
«Doktor Levi erklärt, daß der Name übersetzt bedeutet.»
«Was ist das? Wo wächst es? Wie sieht es aus?»
Sears sagte: «Ich weiß es nicht. Ich glaube, das weiß hier überhaupt nur jener große Kerl, der ein Ältester oder der Führer des Stammes zu sein scheint, und dieser andere — der schlau aussehende — der Priester.»
«Was hat Doktor Levi Ihnen darüber erzählt?»
Sears dachte bei sich: Sie hat kein Vertrauen mehr zum alten Levi. Laut sagte er: «Er erzählte uns, daß von dieser Substanz — was es auch sein mag — nur geringe Mengen vorhanden seien. Infolge des Klimas, vielleicht auch wegen irgendeines andern Faktors, könne man diese Substanz nur alle zwei bis drei Jahre ernten. Und dann ist immer nur genug für einen Menschen da. Die Ältesten des Dorfes versammeln sich dann und entscheiden darüber, wer unter ihnen am würdigsten sei, daß sein Leben verlängert und er ein Patriarch werde. Und es wird niemals verraten, wem diese Substanz gegeben wird.»
Hannah erwiderte: «Ja, das hat er mir auch erzählt.» Und leidenschaftlich setzte sie hinzu: «Ich glaube es!» Sie trat nahe an Sears heran, blickte listig und mit befehlender Härte zu ihm auf und sagte: «Es ist jetzt etwas davon im Dorf. Ich weiß es. Beschaffen Sie es mir!»
Er war verblüfft. Das hatte er nicht erwartet. Er protestierte: «Doktor Levi...» Doch sie fegte seinen Einwand beiseite: «Doktor Levi studiert prähistorische Höhlen. Ich bevollmächtige Sie, in dieser Angelegenheit als mein Agent aufzutreten. Gehen Sie zu ihnen und verhandeln Sie. Ich wünsche es. Ich wünsche, daß es unverzüglich und ohne jede weitere Verzögerung geschieht.»
Sears nickte. «Ich will es versuchen. Sie werden jedoch begreifen, daß es nicht einfach ist. Ich spreche nicht ihre Sprache. Vielleicht verstehen sie mich nicht einmal.»
Hannah schnaubte verächtlich. «Es gibt eine Sprache, die allgemein verständlich ist — Geld. Die Leute wissen, was ich haben will und weshalb ich hier bin. Stellen Sie den Preis fest und kaufen Sie es. Zahlen Sie, was sie verlangen. Ist das klar?»
«Ja.» Er wandte sich zum Gehen.
«Noch eins! Doktor Levi braucht nichts davon zu wissen. Wenn Sie Erfolg haben, werden Sie es nicht bedauern.»
Das Dorf Beit Jebel war ein kleiner Haufen von weißen Steinhäusern, die sich auf einem mauerförmigen Vorsprung des Berges zusammendrängten und an die senkrechte Wand klammerten, die nach oben führte. Hinter dem Dorf und auch noch darüber befanden sich die dunklen Öffnungen einer Reihe von Höhlen, die tief in den Hermon hineinführten.
Die Bevölkerung des Dorfes bestand, wenn man alle mitzählte, die Männer, Frauen und Kinder, aus kaum dreihundert Seelen. Viele von den Männern schienen sehr alt zu sein. Allem Anschein nach pflegte die Gemeinde keinerlei Kontakt mit der Außenwelt; weder eine Telefon- noch eine Telegrafenlinie führte ins Dorf. Von dem Schmutz, den Sears in den Araberdörfern in Israel gefunden hatte, war in dieser selbstgenügsamen und sich selbst erhaltenden Gemeinde nichts zu sehen.
Um das Dorf zu erreichen, waren sie steil aufwärts geklettert; als sie die Vorberge hinter sich hatten, waren sie am Westhang des Hermongebirges fast bis zur Schneegrenze hinangestiegen. Hier stießen sie plötzlich auf eine Steilwand, an deren Fuß sie einen schmalen Eingang fanden, anscheinend nicht mehr als eine von der Erosion in die Klippe genagte Öffnung. Doch als Dr. Levi sie dort hineinführte, stellten sie fest, daß es sich in Wirklichkeit um einen langen Gang handelte, der zu einer schmalen Schlucht wurde, einem alten Vulkanspalt im soliden Granit der Klippe. Nachdem sie ein kleines grünes Tal voll blühender Landwirtschaft durchschritten hatten, waren sie steil zu dem hängenden Dorf mit seinen dunklen geheimnisvollen Höhlen hinaufgestiegen. Dort waren sie höflich und gastfreundlich von den Bewohnern aufgenommen worden, die sich als entgegenkommende und sanfte Leute erwiesen; ihre Führer waren der große stattliche Älteste mit dem Namen Barzillai und ein Priester im Patriarchenalter, der Amalkeh hieß.
Die Dorfbewohner waren keine reinen Araber, sondern ein Rassengemisch — Araber, Ituräer und Nachkommen der Nabatäer. Nach Dr. Levis Äußerungen waren sie Monotheisten und verehrten Gott nach der einfachen und unkomplizierten Art der Essener. Ihre
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