Jake Djones - In der Arena des Todes: Roman (German Edition)
Agata an der unscheinbaren Mittelmeerinsel Vulcano so interessant war: die Schwefel- und Kohlevorkommen. »Ihr wollt den Circus Maximus in die Luft sprengen?«, fragte er.
»Typisch Mann: absolut fantasielos«, erwiderte Agata lakonisch. »Wenn ich das ganze Stadion in die Luft jage, bleibt doch niemand mehr übrig, um das Schauspiel zu genießen!« Sie lachte schrill, Leopardo und Caspar fielen mit ein. »Nicht doch, nur eine kleine erlesene Gruppe wird ins Gras beißen.« Sie wandte sich wieder dem Modell des Circus Maximus zu und deutete auf die spina . »Und zwar jene, die dort sitzen …« Agata kam ganz dicht heran, ihr Blick bohrte sich in Jakes Augen. »Auf dem Höhepunkt des Rennens, sobald die Sieben fällt, wird ein Feuerball den Himmel über Rom erleuchten, wie die Welt ihn noch nicht gesehen hat, und die blutigste Revolte aller Zeiten wird losbrechen.«
»So wollt Ihr also die Senatoren loswerden …«, flüsterte Jake.
»Alle sturköpfigen, fantasielosen Bürokraten auf einen Schlag!«
»Und wer die Explosion überlebt, wird von den Bestien in den Käfigen unterhalb der spina in Stücke gerissen«, fügte Leopardo begeistert hinzu.
»Das größte Schauspiel der Welt!«, rief Agata berauscht, und Caspar rang hingerissen die Hände.
Agatas Stimme wurde wieder leiser. »Alle sterben bis auf einen. Der Kaiser wird errettet – nicht der echte natürlich. Tiberius wird auf Capri ermordet, und auch sein Handlanger Seianus wird eines unschönen Todes sterben. Der überlebende ›Kaiser‹ ist eine Marionette, meine Marionette. Nach dem tragischen Vorfall im Circus wird ›Tiberius‹ nach Rom zurückkehren, zu seinem Volk, um seine Legionen gegen die ›rebellischen Sklaven‹ zu entsenden, die das Blutbad angerichtet haben.« Agata ergriff die Hand ihres Sohnes. »Zu ihrer eigenen Sicherheit werden sich die Bürger Roms bereitwillig dem Kriegsrecht unterwerfen, und ich werde über sie herrschen.« Ihr Blick wurde eiskalt. »Bevor ich sie vernichte.«
Caspar kam herbeigelaufen und umfasste mit seinen knubbeligen Fingern Agatas und Leopardos Hand.
Wie in Trance sprach Agata weiter. »Ich werde das ganze Reich in Schutt und Asche legen, seine Literatur, die Bibliotheken und alles gesammelte Wissen vernichten. Gelehrte, Planer, Künstler und Architekten, sie alle werden geschlachtet. Stück für Stück werde ich Zivilisation und Kultur zerschmettern, bis nichts mehr übrig ist als Staub und Scherben. Dann ist die Welt mein, all ihre Reichtümer, all das Gold und Silber, Kupfer und Eisen und Salz und was von den jämmerlichen Massen noch übrig ist – kontrolliert und beherrscht von einer Frau.«
Das also war ihr größenwahnsinniger Plan. Agata hatte gar nicht vor, den falschen Kaiser zu ermorden. Sie wollte den kompletten Regierungsapparat um ihn herum auslöschen, die Senatoren und Generäle, die Rom geführt hatten, seit Tiberius sich nach Capri zurückgezogen hatte. Mit Austerio als Marionette und den geldgierigen Bankettgästen als Helfer würde sie die Macht an sich reißen und den grausamen Anschlag auf eine fiktive Sklavenrevolte schieben. Die Welt würde in Angst und Lähmung versinken und schließlich im Chaos. Und dann würde Agata das, was noch übrig war, in Stücke reißen. Ein für alle Mal würde sie das Vermächtnis Roms vernichten, das Charlie so beeindruckend geschildert hatte, als sie die Stadt erreichten: Alle Fortschritte im Regierungs-, Bildungs- und Verwaltungswesen, die Schrift, die erste Lingua franca, Kunst und Architektur, all das wäre verloren. Ein Zeitalter der Finsternis würde anbrechen.
»Und jetzt«, sagte Agata und zerzauste Jakes Haar, »ist es an der Zeit für dich zu sterben. Schafft ihn fort«, befahl sie und verließ den Raum.
Mit ihrem Falken auf der Schulter schritt Agata den Flur entlang, und Leopardo schubste Jake hinter ihr her. Caspar kam mit einem breiten Grinsen im Gesicht hinterdrein. Alle Sklaven, an denen sie vorbeikamen, blieben wie erstarrt stehen und senkten zitternd das Haupt vor ihrer Herrin.
Durch eine große Doppeltür gelangten sie in eine Halle, in der eine gigantisch große Vogelvoliere stand. Zuerst hörte Jake nur ein schauerliches Krächzen, dann sah er die drei riesenhaften Geier in dem Käfig. Es waren die blutrünstigen Bestien, die er in der Nacht zuvor durch das Oberlicht gesehen hatte. Erst jetzt wurde ihm klar, wie groß die Tiere in Wahrheit waren.
Als Agata an den Käfig trat, kamen sie sofort herbeigeflogen und pickten
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