Jake Djones und die Huter der Zeit
Ordnung?«
Es kam keine Antwort.
»Jake? Hörst du mich?«
Natürlich hatte Jake Nathan gehört (in der Enge der Kammer war es ganz und gar unmöglich, ihn nicht zu hören), aber er war mit den Gedanken woanders. Und ihm war nicht nach Reden zumute. Nichts war für Jake in Ordnung. Seit Zeldts Bemerkung, er würde allzu bald erfahren, wo seine Eltern waren, und er sollte sich besser gut darauf vorbereiten, tobten die schlimmsten Ãngste in seinem Kopf, denn er wusste, dass dies nur eins bedeuten konnte. Und er wollte endlich wissen, welche furchtbare Erkenntnis in diesem verdammten Labyrinth auf ihn wartete. Und gleichzeitig wünschte er, er würde es nie erfahren. AuÃerdem war Topaz gerade entführt worden. Die Tatsache, dass er sie nur ein paar Tage gekannt hatte â dass er keine Gelegenheit gehabt hatte, seine Gefühle für sie auch nur halbwegs zu verstehen, geschweige denn sie zu erklären â, spielte dabei keine Rolle. Jake spürte eine tiefe Verbundenheit mit ihr, als wäre sie ein Teil von ihm. Er sehnte sich beinahe ebenso sehr nach ihr, wie danach, endlich die Wahrheit über das Schicksal seiner Familie zu erfahren.
»Falls du dir Sorgen machst über das, was Zeldt gesagt hat â¦Â«, sagte Nathan, als hätte er seine Gedanken gelesen, »⦠nun, ich denke, wir sollten in dieser Sache keine voreiligen Schlüsse ziehen.« In Wahrheit fürchtete Nathan, nachdem er im Kerker das Marks-and-Spencer-Etikett gefunden hatte, selbst das Schlimmste, aber er sah es als seine heilige Pflicht an, die Moral hochzuhalten.
»Er hat recht«, bestätigte Charlie. »Hat keinen Sinn, sich Sorgen zu machen, bevor wir handfeste Beweise haben.«
»Wie abgetrennte GliedmaÃen vielleicht?«, platzte Paolo heraus. Es folgte ein lautes Aua! , als Nathan ihm einen Klaps auf den Hinterkopf versetzte, und dann noch eines nach einer kostenlosen Zugabe von Charlie.
»Sprechen wir nicht mehr davon«, sagte Jake entschlossen. »Lasst uns lieber zusehen, dass wir hier rauskommen.«
»So gefällst du mir«, kommentierte Nathan zufrieden.
»Das sind die Worte eines echten Geschichtshüters«, pflichtete Charlie bei.
»Zeldt sagte, in einer Stunde würde sich die Tür zum Labyrinth öffnen, und zehn Minuten dürften bereits vergangen sein.« Nathan tastete mit den Händen die Wand ab. »Wir müssen sie finden und irgendwie aufstemmen. Ah, was haben wir denn da? Charlie, was meinst du?«
Nathan legte Charlies Finger auf eine senkrechte Kerbe in der Wand. »Hast duâs? Dann los!«
Ãchzend und stöhnend versuchten sie mit vereinten Kräften, die vermeintliche Tür aufzubekommen.
»Ach, du lieber Himmel â Gott seiâs gedankt!«, rief Nathan plötzlich und lieà los.
»Konntet Ihr sie öffnen?«, fragte Paolo aufgeregt.
»Nein. Ich dachte nur, ich hätte mir einen Nagel abgebrochen. Aber glücklicherweise ist nichts dergleichen geschehen. Das war haarscharf an der Katastrophe vorbei.«
»Wie könnt Ihr Euch in einer Lage wie dieser nur den Kopf über Eure Fingernägel zerbrechen?«, stammelte Paolo fassungslos.
»Ich denke nicht im Traum daran, auf diese Frage zu antworten«, erwiderte Nathan irritiert. »Meine Nägel sind in jeder Hinsicht perfekt: Festigkeit, Farbe und Form. Und das soll auch so bleiben. ÃuÃere Umstände ändern nichts an meiner inneren Haltung.«
Selbst als sie den Spalt zu viert bearbeiteten, wurde er keinen Millimeter breiter, und Nathan schlug schlieÃlich missmutig vor, ihre Kräfte für später aufzuheben und zu warten, bis die Tür sich von selbst öffnete.
Während sie untätig in der Dunkelheit ausharrten, erklärte Charlie Nathan und Paolo in aller Ausführlichkeit Zeldts Weltuntergangspläne. Er lieà nichts aus, nicht den modifizierten Pesterreger, nicht die Bücher und ihr abscheuliches Geheimnis und auch nicht die für den Kölner Dom bestimmte Zeitbombe, und Paolo kommentierte jede einzelne der Ausführungen mit einem aus tiefstem Herzen kommenden »O mamma mia! O mamma mia!«
Und schlieÃlich war es so weit: Mit einem lauten Knirschen glitt ein Teil der Rückwand zur Seite.
»Sie geht auf! Die Wand öffnet sich!«, rief Paolo keuchend, als ein fahler Lichtschimmer in die Kammer drang. Jakes Herz begann zu schlagen wie eine Marschtrommel.
Nathan
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