Jake Djones und die Huter der Zeit
Lebkuchen gebacken, aber religiös? Nicht dass ich wüsste.«
»Il y a quelque chose ici« , rief Topaz aus, die gerade ein anscheinend leeres Stück Pergament untersuchte. »Jemand hat das hier als Schreibunterlage benutzt. Man sieht, wie sich die Buchstaben durchgedrückt haben.«
Nathan wollte nach dem Pergament greifen, aber Topaz zog den Zettel weg und hielt ihn gegen das Licht. »Kennst du diese Handschrift?«, fragte sie Jake.
Als Jake die groÃen, comichaften Buchstaben und die auf so herzerweichende Weise kunterbunt durcheinandergewürfelten GroÃ- und Kleinbuchstaben sah, wurde ihm flau im Magen. Er kannte diese Schrift von Zetteln, auf denen meistens etwas von noch nasser Farbe irgendwo im Haus stand, oder dass er sich im Kramerladen um die Ecke was zu essen holen solle, bis seine Eltern wieder da waren.
»So schreibt mein Vater.«
»Dürfte ich �«, versuchte Nathan es noch einmal, aber Topaz schenkte ihm noch immer keine Beachtung und las laut vor:
»Beichte. Markusdom. Amerigo Vespucci.«
»Aber natürlich, Amerigo Vespucci!«, rief Nathan. »Ich kenne den Mann, er hat â¦Â« Er verstummte kurz. »Was hat er noch mal gemacht?«
»Er war ein berühmter italienischer Entdecker. Amerika ist nach ihm benannt«, beantwortete Topaz seine Frage. »Aber was könnte er mit dem Markusplatz zu tun haben?«
»Dumme Frage. Er liegt dort begraben«, tönte Nathan und versuchte erneut, an das Stück Pergament zu kommen.
»Nein, er wurde in Spanien begraben. In Sevilla, genauer gesagt. Ich habe sein Grab selbst gesehen«, erwiderte Topaz kühl, lieà sich aber endlich dazu herab, Nathan den Zettel zu geben.
»Beichte. Markusdom. Amerigo Vespucci«, wiederholte er nachdenklich. »Nun, ich würde sagen, ein Besuch im Dom dürfte Klarheit in die Angelegenheit bringen. Nach dem Abendessen natürlich ⦠Wer arbeitet schon gern mit leerem Magen?«
Schweigend machten sie sich auf den Weg zurück zum Hafen. Es war die Tageszeit, die Paolo passeggiata nannte: Das Tagwerk war erledigt und jetzt schlenderten alle durch die StraÃen, um wiederum den anderen beim Schlendern zuzusehen â weshalb sie sich im Gänsemarsch durch die flanierenden Menschenmassen quetschen mussten. Einmal glaubte Jake zu spüren, dass jemand ihnen folgte, und blickte verstohlen über die Schulter. Er sah kurz ein Stück leuchtend roten Stoffs in der Menge aufblitzen, wurde aber vom unbarmherzigen Strom der Passanten weitergezogen, ohne der Sache auf den Grund gehen zu können.
Im selben Moment verschwand die Gestalt im scharlachroten Umhang hinter einer Säule, wo ihr Kompagnon sie bereits erwartete. Aufmerksam verfolgten die beiden Kuttenmänner aus dem Schatten heraus, wie die fünf sich ihren Weg zum Hafen bahnten.
12
Allein im sechzehnten Jahrhundert
Wir sind spätestens in einer Stunde zurück, allerhöchstens in zwei«, erklärte Topaz, als sie mit Charlie wieder an Deck kam. Ãber ihren Schultern hing ein Cape, denn der Abend wurde bereits merklich kühler.
»Wäre es nicht am besten, wenn wir alle zusammenblieben?«, gab Jake zu bedenken.
»Am besten wäre es, wenn du nicht gleich am ersten Tag draufgehst«, entgegnete Nathan barsch. Er hatte sich eben erst umgezogen und war gerade damit beschäftigt, sich in einem kleinen, mit Gold eingefassten Spiegel zu betrachten, den er »für Notfälle« eigenhändig am Mast angebracht hatte. »Wie, findest du, steht mir diese Farbe?«, fragte er und deutete auf sein Wams.
»Gockelgrün? Ich könnte mir nichts Passenderes vorstellen«, antwortete Topaz.
Nathan war zu sehr von seinem Spiegelbild eingenommen, um die Ironie in ihrer Antwort zu bemerken. »Lenkt es nicht ein wenig zu sehr von der Farbe meiner Augen ab?«, fragte er weiter, diesmal an Jake gewandt.
Jake war kein Modeexperte, aber er erinnerte sich an etwas, das seine Mutter bei solchen Gelegenheiten ein paarmal gesagt hatte. »Passt gut zu deinem Teint.«
»Sehr gute Antwort«, erwiderte Nathan.
»Das ist für dich, Jake«, sagte Topaz und hielt ein Silberkettchen mit einer Phiole daran hoch.
»Was ist das?«
»Atomium. Genau die Dosis, die dich zum Nullpunkt zurückbringt, falls nötig«, erklärte sie. »Darf ich �« Sie legte ihm die Kette um den Hals und schob die Phiole unter sein Wams,
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