Jakob der Reiche (German Edition)
Jakob finster. »Du bist der Einzige, dem ich es sagen kann: Wir haben nicht einmal mehr eine Geldkatze mit Gulden für dieses Fass ohne Boden. Mir bleibt zum Überleben unserer Firma nur noch eine einzige Möglichkeit.«
Peutinger hob beschwichtigend die Hände. Aber Jakob starrte nur äußerst angespannt auf seine Fingerspitzen.
»Ich muss jeden Zentner Kupfer, den ich hier aus Tirol, aus Fuggerau und Villach drüben in Kärnten und aus den ungarischen Hüttenwerken ziehe, ab sofort mit riesigem Verlust verkaufen.«
»Bist du von Sinnen?«, protestierte Peutinger. »Die Erlöse sind doch bereits jetzt äußerst schlecht im Fondaco.«
Jakob schien plötzlich in eine sehr weite Ferne zu sehen. »Genau deswegen werde ich noch unter diesen Preis dort gehen. Ich werde alles Kupfer, das ich irgendwo bekommen kann, um ein Viertel … um ein Drittel … oder gar noch billiger verkaufen.«
»Willst du dich damit vollends ruinieren?«
»Nein, Conrad, ganz im Gegenteil. Ich muss derartige Mengen Kupfer auf den Markt schmeißen, dass es einen nie geahnten Überfluss von dem Metall gibt. Die Preise an den Warenbörsen von Antwerpen bis Venedig und auf den Märkten müssen derartig tief fallen, dass Maximilian und die anderen nur noch Alpträume aus rotem Kupfer haben! Sie müssen Angst vor ihm bekommen, den roten Glanz für Katzendreck und Teufelsschweiß gemeinsam halten. Das, Conrad, das allein könnte mich vor dem Bankrott noch retten. Aber zuvor will ich die Mutter noch beerdigen, die all dies Gott sei Dank nicht mehr erleben muss …«
Keiner der Verschwörer im Syndikat konnte alle Fäden besser sortieren und dann feiner weben als Jakob Fugger. Die Gossembrots und Herwarths, Baumgartners und Welsers triumphierten, weil sie glaubten, dass sie ihren ärgsten Konkurrenten bereits eingewickelt hatten.
Doch genau damit machten sie einen entscheidenden Fehler: Sie ließen zu, dass der harmlose ehemalige Kanoniker Hans Kohler ihre Interessen im Fondaco dei Tedeschi in der Lagunenstadt vertrat. Jeder von ihnen wusste, dass es Bessere für diese Aufgabe gegeben hätte – Männer, die skrupelloser, gewitzter und korrupter waren. Aber aus Angst, sich gegenseitig zu übertölpeln, verfielen sie auf den anständig und harmlos wirkenden Kandidaten. Sie merkten nicht, dass Jakob Fugger ihnen Hans Kohler unterschob und dass derselbe Mann, der die Interessen des Kupfersyndikats in Venedig vertreten sollte, insgeheim auch das ungarische Kupfer aus den Thurzo-Minen zu Spottpreisen verkaufte …
Jakob stimmte zu, dass Ulrich sämtliche Verhandlungen und Abstimmungen mit dem Syndikat übernahm. Nichts konnte eine bessere Garantie für alle Beteiligten sein. Jeder von ihnen wusste, dass Ulrich nicht ein Jota von den schriftlichen Vereinbarungen abweichen konnte.
Im Sommer beschloss Jakob, nach Krakau zu reisen. Vergeblich versuchte Ulrich, ihn zurückzuhalten.
»Du kannst hier jetzt nicht fort. Wir haben nicht mehr den geringsten Spielraum für irgendwelche neuen Verträge und Vereinbarungen. Tag für Tag verlieren wir allein dadurch, dass wir zum Syndikat gehören, Unsummen bei jedem Zentner Kupfer.«
»Eben deshalb muss ich so schnell wie möglich nach Krakau.«
Der Kupferkrieg
Jakob ließ sich nicht aufhalten. Heimlich stimmte er mit Francesco Tassis einen Reiseplan ab, wie er normalerweise nur von jungen Postreitern durchgehalten werden konnte. Es störte Jakob nicht, dass er inzwischen doppelt so alt war wie die wilden Boten aus der Firma Tassis. Er ritt über München und Linz bis nach Wien. Dann folgte er ein Stück der Donau, bis er auf die alte Bernsteinstraße stieß, die bereits zur Römerzeit die Karpaten bis zum Oberlauf der Weichsel durchquerte.
Er schaffte die lange, schwere Strecke in genau sieben Tagen. In Krakau wurde er bereits vom alten Thurzo empfangen, dessen wilder Bart in all den Jahren vollständig weiß geworden war. Einige von seinen Söhnen waren in den vergangenen Jahren in den Dienst der Kirche getreten, und Thurzos größter Wunsch war, dass möglichst viele von ihnen eines Tages Priester und, wenn möglich, auch noch Bischof werden sollten.
Sie aßen deftig mit viel Mehlspeisen und Speck, tranken Branntwein, wie ihn Thurzo inzwischen selbst in großen Mengen destillieren ließ, und kamen schnell zur Sache.
»Was ist das, Partner? Warum verlangst du, dass wir unser gutes Kupfer für einen Fliegendreck in Venedig verschleudern? Die Preise, die der Kohler dort bekommt, decken nicht einmal die
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