Jakob der Reiche (German Edition)
zahlen musste.
Obwohl die Dinge noch immer äußerst heikel aussahen, lächelte er wieder, als er schließlich den Pass überwunden hatte und auf Ettal und Oberammergau zuritt. Selbst ein zerbrochener Wagen mit einer frierenden Familie am Wegesrand hielt ihn nicht lange auf. Vollkommen gegen seine Gewohnheiten schenkte er der jungen Frau mit dem Kleinkind in den Armen einen neuen silbernen Guldiner.
Es wurden schließlich doch noch einige Dutzend Gäste, die an der Hochzeit zwischen Jakob Fugger und Sibylle Artzt teilnahmen. Alles verlief mit angemessenem, aber nicht übertriebenem Gepränge. Jakob wusste, dass er sich nicht kleinlich zeigen durfte, aber andererseits wollte er auch alles vermeiden, was nach einer Zurschaustellung seines Reichtums aussah, wie sie die Mutter seiner Braut halsstarrig bis in die letzten Stunden hinein forderte.
»Lass dich nicht auf deinem Weg beirren«, mahnte auch Conrad Peutinger. Er wurde immer mehr zu einem Freund, dessen Rat Jakob schätzte und gern annahm. »Überall in Augsburg warten die Zuträger des Königs nur darauf, dass du irgendeinen Fehler machst.«
»Auch wenn sich manche wünschen, dass mir langsam der Atem ausgeht, bin ich mit neununddreißig Jahren noch keineswegs am Ende«, gab Jakob mit einem beinahe spitzbübischen Lächeln zurück. Wie kaum ein anderer durchschaute Conrad Peutinger die Maske, hinter der sich der empfindsame, verletzliche, der fröhliche und oft auch traurige Jakob Fugger von der Lilie zu verstecken wusste.
Die eigentliche Hochzeitsfeier fand nicht im Haus am Rohr und auch nicht im südlich davon angrenzenden Elternhaus Sibylles statt, sondern im großen Saal von Augsburg, in dem auch zu den Geschlechtertänzen aufgespielt wurde. Bereits beim Einzug des Hochzeitspaares und der Gäste ließen die üblichen Musikanten ihr lautes Lied erklingen. Zusätzlich waren Trommler, Tiroler Krummhornbläser und Männer aus den Bergen herbeigerufen worden, die trefflich mit der Sackgeige zu spielen wussten.
Am liebsten hätte Jakob auch noch Barden aus Italien und ein paar Gondoliere mit besonders schönen Stimmen eingeladen. Aber Conrad Peutinger hatte davon abgeraten. Noch während alle feierten, aßen, tranken und sich schließlich zum Tanz begaben, zeichnete ein Maler die ersten Skizzen für ein großes Hochzeitsbildnis. Jakob wollte, dass seine Vermählung so großartig dargestellt wurde, dass seine Kinder und Kindeskinder ihn und Sibylle als vornehmste der Ahnen würdigen konnten. Nur aus diesem Grund hatte er sich entschlossen, ein wenig von dem Reichtum zur Schau zu stellen, mit dem er sonst nie zu prahlen pflegte.
An diesem Festtag trug er ein pelzverbrämtes Wams mit weiten Ärmeln und statt des üblichen Baretts eine Goldbrokatkappe, wie er sie zuerst in Ferrara und dann bei den edelsten Kaufleuten von San Marco gesehen hatte. Seine Braut, deren Gesicht wie ein puppenhaftes Marmorbildnis wirkte, trug eine rostfarbene Samthaube mit einem breiten, mit Perlen und Edelsteinen besetzten Band um die Stirn. Das Band war wie ein Diadem gearbeitet und hatte seitlich Schleifen, an denen weiterer Schmuck befestigt war. Sibylles leicht gewellte, rötlich blonde Haare waren sorgsam auf die weiße Haut ihres Gesichts frisiert. Sie trug das lange Haar als Zeichen ihrer Eheschließung zu einem Knoten zusammengesteckt unter der Haube. Damit demonstrierte sie für alle sichtbar, dass sie in ihrem neuen Stand dem Willen ihres Mannes unterstand.
Jakob hatte ihr zur Feier dieses Tages ein kostbares, mit Edelsteinen besetztes Halsband und eine goldene, grobgliedrige Kette geschenkt. Sie selbst hatte sich ein Festkleid mit einem groß gemusterten Besatz aus Golddamast gewünscht. Die eng anliegenden Ärmel waren am Ellenbogen geschlitzt und mit plissierter Seide unterlegt. Auf dem rechten Ärmel trug sie ein üppig verschlungenes Monogramm aus gold- und perlenbestickten Ranken mit verschiedenen Blüten. Ihr Gürtel war mit Mustern aus einer Reihe kleiner Kannen verziert. Es war ein Gewand nach burgundischer Mode, wie sie die Augsburgerinnen bewunderten, seit Maximilian die Tochter Karls des Kühnen heimgeführt hatte.
Sei es, dass sie sich beide von Natur aus zurückhaltend und kühl benahmen, sei es, weil sie würdig genug für ein ernsthaftes Gemälde wirken wollten – fast allen fiel in diesen Stunden auf, dass weder er noch sie auch nur einmal lächelten.
Die Feier im großen Saal des Tanzhauses am Rindermarkt wurde nur von wenigen Patriziern besucht. Auch
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