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Jakob der Reiche (German Edition)

Jakob der Reiche (German Edition)

Titel: Jakob der Reiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R.P. Mielke
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keine guten Nachrichten: Sizilien und das Königreich Neapel standen inzwischen ganz unter spanischer Herrschaft. In Rom fassten die Medici wieder Fuß und gewannen an Einfluss. In den oberitalienischen Signorien gab es nur noch heimlichen Widerstand gegen die französischen Eroberer. Das Herzogtum Mailand war inzwischen voll und ganz französisch. Auch in der Republik von San Marco tummelten sich mehr Franzosen auf den Gondeln als Kaufleute aus dem Norden Europas.
    »Es sieht nicht gut für uns in der Lagunenstadt aus«, meinte Jakob schließlich zu Ulrich. »Ich werde anordnen, dass wir für eine Übergangszeit unser Warenlager im Fondaco auf das Nötigste verringern und dafür mehr nach Westen, nach Lissabon und Antwerpen sehen.«
    »Das sagst du?«, konterte Ulrich spöttisch. »Ausgerechnet du, Jakob, der du seinerzeit wie ein Venezianer aus Italien zurückgekehrt bist?«
    »Ach«, sagte Jakob spöttisch, »daran erinnerst du dich also noch.« Er setzte sich auf den Stuhl, den Georg gerade verlassen hatte, um zu den Fenstern des großen Raumes zu gehen und sie zu öffnen. »Ihr habt mich immer so weit von euch ferngehalten, dass ich mir tatsächlich wie ein Welscher vorgekommen bin. Aber zwei Dinge sind für mich so sicher wie das Amen in der Kirche: Maximilian wird eines Tages über die Alpen zur Kaiserkrönung durch den Papst ziehen. Und ich werde der Prinzipal des Bank- und Handelshauses der Fugger von der Lilie.«
    Es war, als hätte sich eine Wand aus Eis zwischen ihn und seine Brüder geschoben. Sie starrten ihn an wie einen Ketzer, der vor dem Kreuz und dem Altar Gott den Allmächtigen verleugnet hatte. Noch niemals seit dem Tod der Fuggerin war darüber gesprochen worden, wie es weitergehen sollte, wenn einer von ihnen nicht mehr konnte oder nicht mehr da war.
    »Was nützt dir das, wenn du hier alles übernimmst?«, fragte Georg dann und hustete, als hätte er bereits die Schwindsucht. Ulrich nickte zustimmend.
    »Ja, er hat recht, Jakob«, sagte er mit brüchiger Stimme. »Du kannst derjenige sein, der einmal alles übernimmt, was wir und unsere Vorväter geschaffen haben. Aber selbst wenn du deinem Eheweib Sibylle zu dem Geschmeide aus den Burgunderschätzen auch noch die Kronjuwelen Englands, die Reliquien Karls des Großen und das Holz vom Kreuz Christi aus der Kathedrale von Sens kaufen und ihr schenken solltest, würde das nicht reichen.«
    »Denn Gott hat uns Söhne geschenkt«, vollendete Georg, »und dir nicht!«
    Jakob trafen ihre Worte wie die Peitschenhiebe eines betrunkenen Pferdeknechts. Das Blut wich ihm aus dem Gesicht. Zugleich mit dem Schmerz fühlte er eine Art Befreiung. Jetzt endlich zeigten sie ihren Triumph, der sie trotz allem stärker machte als ihn. Sie hatten Nachkommen, Söhne und Erben, die das eigene Blut weitergeben und das Werk ihrer Väter fortführen konnten.
    Aber noch war es nicht so weit. Jakob spürte, wie ein Schauder über seinen Rücken rann.
    »Ende Januar reite ich nach Venedig«, teilte er nach der Weihnachtsmesse in der Kirche von Sankt Ulrich und Afra seinen Brüdern mit. »Dort werde ich mit dem Dogen Leonardo Loredan einen Auflösungsvertrag für unsere Kammern im Fondaco abschließen. Ich will ihn überreden, dass die Republik von San Marco gemeinsam mit uns Fuggern ein neues Haus an der Schelde einrichtet – so lange jedenfalls, wie die Lagunenstadt von den kranken Kakerlaken der Franzosen durch und durch verseucht ist.«
    Georg und Ulrich starrten ihn voller Entsetzen an.
    »Das darfst du nicht!«, stöhnte Ulrich. »Du kannst dich doch nicht offiziell mit dem Dogen gegen die Eroberer verbünden! Das geht nicht gut, und die Einzigen, die daraus einen Nutzen ziehen werden, sind nicht wir Fugger, sondern die Habsburger hier in Deutschland und Burgund.«
    »Und auch in Spanien«, fügte Jakob hinzu. »Und damit haben sie Frankreich in die Zange genommen.«
    »Aber wir handeln nur und verleihen Geld. Wir dürfen uns nicht so offensichtlich in die Politik einmischen.«
    »Machen wir irgendetwas anderes, Ulrich, seit du das erste Geld an den Hof von Innsbruck ausgeliehen hast?«
    Georg und Ulrich blickten zu Boden. Es war, als hätte sie der Jüngste an einen Schwur mit gekreuzten Fingern erinnert, den sie längst vergessen hatten.

Der Doge Loredan
    Obwohl er es vorgehabt hatte, stattete Jakob auf seiner Reise nicht einmal Melchior von Meckaus Palast in Brixen einen Besuch ab. Der Erzbischof lebte zwar die meiste Zeit über als Kardinal in Rom, hielt sich

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