Jakob der Reiche (German Edition)
Republik San Marco etwas von ihrer Macht verliert. Ich kann mir daher gut vorstellen, dass der Brandanschlag nicht in Augsburg, sondern in Innsbruck oder Wien ausgeheckt wurde.«
Der Doge und oberste Fürst der Republik Venedig sah Jakob Fugger mit einem leisen Lächeln, doch keineswegs herablassend an. Seine klugen Augen funkelten, dann nickte er zustimmend.
»Ich sehe, Ihr seid nicht nur ein großer Kaufherr, sondern auch ein Mann mit Weitblick«, sagte er. »Deshalb noch einmal und ohne irgendwelche Fallstricke: Ich biete Euch und den anderen oberdeutschen Kaufleuten den Bau eines neuen prächtigen Handelshauses am selben Platz an. Die besten Künstler Venedigs, Giorgione und Tizian, sollen die Fresken malen …«
Er wartete, ob diese Namen bei dem Fugger Wirkung zeigten.
»Wir Fugger können uns von Bellini, Holbein oder Dürer porträtieren lassen«, sagte Jakob und lächelte.
»Ich sehe, Ihr habt Sinn für die feine Lebensart«, sagte der Doge und lächelte nun ebenfalls. Doch dann wurde er wieder ernst. »Ihr wisst, wie sehr die Welser bereits mit dem portugiesischen Königshaus verschworen sind«, sagte er. »Aber die Pyrenäenhalbinsel ist sehr weit entfernt, und der Austausch von Waren und Personal in Lissabon bleibt ein aufwendiges Wagnis. Wenn die Fugger von der Lilie hierbleiben und nicht nach Westen abwandern, wird man das überall in Europa als gutes Zeichen für die bedrohte Republik Venedig deuten. Außerdem ist es für Euch sicherlich auch in Rom von Vorteil, wenn Ihr Italien nicht den Rücken kehrt …«
»Höre ich aus Euren Worten eine kleine, freundliche Erpressung?«, fragte Jakob.
»Ihr hört ein zusätzliches Angebot neben der Übernahme der Kosten für das neue Fondaco. Auch wenn es nicht so aussieht, sind die Verbindungen zwischen uns und dem Vatikan nicht so schlecht, wie man oft hört. Und ich bin sicher, dass Euer Faktor Johannes Zink in Rom über den einen oder anderen beizeiten ergangenen Hinweis nicht böse wäre – besonders dann nicht, wenn er ihn vor den anderen Augsburgern in der Ewigen Stadt erhält.«
»Wie weit könnten wir gehen, wenn es um Streitigkeiten zwischen unseren konkurrierenden Häusern am Tiber geht?«
»Von mir aus bis zum offenen Skandal«, antwortete der Doge sofort. »Ich bin bereit, immer dann einzugreifen, wenn Ihr in Rom nicht nur Vermittlung, sondern auch nützliche Gerüchte gegen die anderen benötigt.«
»De facto heißt das also, dass die Fugger von der Lilie in Rom unter Euren besonderen Schutz gestellt werden?«
»Nein«, widersprach Leonardo Loredan sofort. »Nicht unter meinen Schutz. Das wäre viel zu unsicher. Vergesst nicht, dass der Doge von Venedig strenger überwacht wird als irgendein anderer geistlicher oder weltlicher Fürst. Ich kann meine Berater nicht selbst auswählen, darf Venedig nicht ohne Genehmigung verlassen und nicht einmal Briefe allein öffnen, wenn sie von Ausländern an mich geschickt werden. In dieser Stadt regiert weder das Volk noch der Doge, sondern der Rat der Zehn, deren Namen geheim bleiben. Doch genau dieser Rat sieht mehr, hört mehr und erfährt mehr als all Eure Faktoren und die Tassis-Reiter zusammen.«
»Ich weiß«, sagte Jakob nur. »Und ich nehme Euren Vorschlag an.« Die beiden Männer lächelten kaum merklich. Es war nicht nötig, aber sie erhoben sich und reichten einander in gegenseitigem Respekt die Hand.
Stoffe und Zaumzeug
»Sie werden sich noch die Köpfe einschlagen, diese beiden jungen Löwen«, schnaubte Johannes Zink. Der inzwischen wohlbeleibte Magister hatte sich in den letzten Jahren in Rom ebenso bewährt wie Hans Kohler in Venedig. Während die drei Fuggerbrüder von der Lilie inzwischen allesamt graue Haare bekommen hatten, tobte sich in Rom bereits die nächste Generation im immerwährenden Krieg der Handelshäuser aus. Besonders Marx, Georgs inzwischen siebzehn Jahre alter Sohn, schien eine Privatfehde mit Christoph Welser und seinen Verbündeten auszufechten.
»Diese jungen Rebellen beschimpfen sich öffentlich in den Tavernen und auf den Plätzen Roms«, berichtete Zink, als er wieder einmal zur Berichterstattung in Augsburg weilte. »Sie zahlen für finsteres Gelichter, das sich mit den Knechten und Schreibern des Widersachers schlagen soll, und zu allem Überfluss bieten sie auch noch Huren auf und schicken sie, wie feine Damen gekleidet, an Sonntagen dort in die Kirche, wo die Konkurrenten gerade die Messe hören, beten oder opfern.«
»Ich werde ihn zurückholen«,
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