Jakob der Reiche (German Edition)
genügend Gold für Söldner und Condottieri und Unmengen Kanonenmetall für einen langen Krieg gehabt. Oder habt Ihr absichtlich den Kaiser so kurzgehalten, dass ihm die Landsknechte wegliefen?«
»So etwas fragt man nicht«, mahnte Peutinger. »Jakob ist viel zu loyal gegenüber allen Geschäftspartnern …«
Nur wenige Monate später trafen Gesandte von Kaiser Maximilian, Frankreich und Spanien im nordfranzösischen Cambrai zusammen. Neben Kardinal Matthäus Lang und einem päpstlichen Legaten nahm auch Maximilians Tochter Margarethe an der Zusammenkunft teil. Sie trat dabei für den noch unmündigen Erzherzog Karl als Regentin der Niederlande auf. Schon kurz darauf, am 10. Dezember 1508, schlossen die drei Mächte Frieden und ein neues Bündnis gegen Venedig.
Obwohl in diesen Tagen Schneematsch und eisige Stürme die Straßen nahezu unpassierbar machten, erfuhr Jakob Fugger noch vor Weihnachten, dass Papst Julius II . sich keineswegs zum Freund des Franzosenkönigs gewandelt hatte. Die richtige Einschätzung kam von Johannes Zink. Wenige Tage vor dem Fest tauchte dieser mit zwanzig Mann Gefolge und seinem halben Haushalt im Haus am Rindermarkt auf.
Jakob wusste schon seit Tagen, dass ihr römischer Faktor mit einer kleinen portugiesischen Karavelle bei gutem Wetter bis nach Marseille gesegelt war und von dort aus die Rhone aufwärts und durch die Schweiz auf Augsburg zustrebte.
Er hielt es nicht einmal für unklug, dass Zink den Umweg über Frankreich gewählt hatte.
»Was macht Kardinal von Meckau?«, fragte Jakob, nachdem sie sich begrüßt hatten und im Kontor zusammensaßen. »Ist er bei Laune für Geschäfte, oder hat er sich inzwischen die Lustkrankheit der Franzosen gefangen?«
»Der noch nicht«, schnaufte Zink, der wegen seiner Leibesfülle sehr kurzatmig geworden war. »Er ist zwar ebenso alt wie Euer Bruder Ulrich, erfreut sich aber trotz der Hitze am Tiber allerbester Gesundheit. Dagegen quälen unseren Heiligen Vater die Schmerzen fast noch mehr als sein unbändiges Verlangen, den Kirchenstaat größer zu machen als je zuvor.«
»Will er etwa Venedig schlucken?«, fragte Jakob verwundert.
»Es mag so aussehen, aber in Wahrheit will er nur das Herzogtum Ferrara fester an sich binden und sich die fruchtbare Romagna einverleiben. Er will Faenza, Rimini und die Salinen für das Salzgeschäft. Wenn er das alles bekommt, wird er der Liga von Cambrai nicht beitreten.«
»Man hört inzwischen, dass sich Herzog Alfonso von Ferrara und sein jüngerer Bruder, Kardinal Hippolyt, von ihrem Hofdichter bereits ein Ritterepos für den Kampf gegen Venedig schreiben lassen?«
»Ja, das ist richtig«, sagte Zink und nickte. »Ich kenne sogar schon die ersten tausend Verse des ›Orlando furioso‹ von diesem Ludovico Ariosto. Er war schon einige Male als Gesandter Ferraras in Rom. Das Herzogtum ist schon länger mit Venedig verfeindet, aber die Herzöge der d’Estes haben in den letzten Jahren viel Kupfer gekauft und gewaltige Geschütze gießen lassen.«
»Kaiser Maximilian ebenfalls«, sagte Jakob nachdenklich. »Und ihm hat noch nie jemand ein Ritterepos gedichtet.«
Ihm gefiel die Entwicklung nicht. »Ich bin kein Feind Venedigs«, sagte er dann. »Die Franzosen sind mir gleichgültig, aber Maximilian kann ich nicht so einfach aufgeben. Ich habe mitgeholfen, dass er Kaiser wurde. Doch wenn sich unsere Gesellschaft ebenfalls gegen Venedig stellt, graben wir uns selbst das Wasser ab …«
»Heißt das, du willst ein Doppelspiel wagen?«, fragte Zink entsetzt.
»Noch haben Papst und Kaiser den Löwen von San Marco nicht gefesselt«, sagte Jakob. »Die Republik verfügt nach meinen Informationen inzwischen über ein schlagkräftiges Heer aus Venezianern und Söldnern. Sie haben zwanzigtausend Krieger zu Fuß, zweitausend Geharnischte, dreitausend leichte Reiter und mindestens sechzig Geschütze. Ein großer Teil der Männer ist mit Arkebusen ausgerüstet. Das ist besser als alles, was der Kaiser einsetzen kann. Deshalb muss ich wohl selbst über die Alpen reisen und erkunden, welche geheimen Absprachen wir treffen können …«
Er lächelte versonnen. Zink ahnte nicht, dass Jakob dabei nicht an den Dogen Loredan, sondern an die Königin von Zypern dachte.
Der Schuldschein
Der harte Winter erlaubte keine Reise über den Brenner oder einen anderen Alpenpass. Johannes Zink reiste nach einem Monat wieder in Richtung Rhone und Marseille ab. Jakob Fugger hätte ebenfalls Umwege im Westen oder über
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