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Jakob der Reiche (German Edition)

Jakob der Reiche (German Edition)

Titel: Jakob der Reiche (German Edition)
Autoren: Thomas R.P. Mielke
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wurde gewogen und umgepackt, geprüft und gemessen.
    »Siehst du jetzt, warum dies der beste Ort ist, um das Brevier des Kaufmanns zu lernen? Heute kannst du nur einen Blick auf alles werfen, aber wenn ihr aus Rom zurückkommt, wirst du entdecken, dass dieser Platz hier zu den interessantesten der ganzen Welt gehört.«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Jakob verhalten. »Wer sind denn die anderen, die hier überall herumstehen?« Er deutete auf nachlässig wirkende, gähnend auf ihre Fingernägel blickende Beobachter, die offensichtlich nicht das Geringste zu tun hatten.
    »Unsere Blutsauger«, flüsterte Lukas Fugger. »Hier geht nichts, was sie nicht erfahren. Streng genommen dürfen sich alle Kaufleute, die in Venedig Geschäfte machen wollen, nur in den Handelshäusern ihrer Länder bewegen. Dort müssen sie wohnen, und nur dort werden die Waren getauscht. Du und ich – wir sind noch nicht so weit, weil wir selbst noch nichts kaufen oder verkaufen. Nur deshalb dürfen wir draußen wohnen.«
    »Du meinst, alle anderen müssen in diesen Kammern ringsum schlafen?«
    »Schlafen und wohnen, essen und ihre Ware an den Mann bringen«, bestätigte Lukas. »Sie sind Gefangene, bewacht von den Visdomini der Republik.«
    »Das ist ja strenger als in einem Kloster!«, sagte Jakob entsetzt. Sie gingen an den verschiedenen Plätzen mit Warenstapeln vorbei. Es war laut im großen Handelshof.
    »Es ist noch schlimmer«, rief Lukas ihm etwas lauter zu. Sie hatten eine Stelle erreicht, an der vier Männer große Mengen von eisernem Zaumzeug in Leinensäcke warfen. Dabei zählten sie laut jede einzelne der in ihren Ringen klirrenden Trensen und jede Beißstange für die Pferde.
    »Keiner der deutschen Kaufleute darf hier … in unserem eigenen Handelshaus … irgendetwas kaufen oder verkaufen«, erklärte Lukas. »Jedes Geschäft auf eigene Faust ist strengstens verboten.«
    »Willst du mich auf den Arm nehmen?«, fragte Jakob verärgert.
    »Nein, keineswegs! Jeder Umsatz muss durch einen venezianischen Mittelsmann, einen sogenannten Sensale, geschehen. Und der zieht natürlich seinen Gewinn aus dieser schönen Pfründe.«
    »Fast wie bei uns in der Kirche«, entfuhr es Jakob. Lukas Fugger stutzte, hob die Brauen, dann lachte er.
    »Hier stört es nicht einmal, dass kein ausländischer Kaufmann seinen Gewinn in Form von Geld und Münze aus dem Fondaco mitnehmen darf.«
    Jakob schüttelte nur den Kopf. »Sondern?«, fragte er dann.
    »Sie müssen für den gesamten Überschuss neue Waren aus Venedig kaufen«, erklärte Lukas. Er deutete auf eine Gruppe ernster Männer auf dem umlaufenden Balkon. »Dort steht übrigens dein Bruder Ulrich. Es sieht so aus, als würde er sich bereits wieder von seinen Geschäftsfreunden verabschieden.«

Ein Fest im Vatikan
    Während sie nach Süden ritten und den wilden, trotz der hochsommerlichen Hitze grünen Apennin überquerten, erzählte Ulrich, wie sehr sich die Städte Italiens gegenseitig befehdeten. Zum ersten Mal wurde Jakob klar, dass Venedig nicht nur sehr reich war, sondern auch viele mächtige Feinde hatte.
    »Der alte Cornaro ist ein überragender Kaufmann«, sagte Ulrich respektvoll. »Sein Gesicht sieht inzwischen etwas verdorrt aus, aber er war einmal der mächtigste Mann der Serenissima, also Venedigs, mächtiger noch als der Doge und der Rat der Zehn, der heutzutage alles überwacht. Aber dann hat er seinen klaren Verstand durch falschen Ehrgeiz trüben lassen und Caterina mit vierzehn Jahren aus dem Franziskanerkloster in Padua geholt, um sie mit dem König von Zypern zu vermählen. Natürlich nicht aus Familiensinn, sondern wegen des Zuckerrohrs.«
    »Des Zuckerrohrs?«, fragte Jakob verwundert. »Warum kann irgendeine Pflanze derartig wichtig werden?«
    »Zypern hat das Monopol für Rohrzucker«, erklärte Ulrich. »Araber und Kreuzfahrer brachten die Pflanzen von Indien mit. Es ging Andrea Cornaro stets nur um den Zucker. Denn wer das Monopol auf eine Ware hat, muss nicht mehr handeln, sondern kann auf allen Märkten wie ein König regieren.«
    Der Tag war erträglich unter den Föhren an der alten Römerstraße kurz vor dem Gipfel des Pellegrinopasses. Dahinter fiel der Weg zum Flachland der Toskana hin ab. Ulrich wollte so schnell wie möglich die Westküste Italiens erreichen und direkt nach Rom weiterreisen.
    »Hoffentlich bist du nicht enttäuscht, wenn wir in der Ewigen Stadt einreiten«, meinte Ulrich einige Zeit später. »Unser Bruder hat sich oft genug über den
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