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Jakob der Reiche (German Edition)

Jakob der Reiche (German Edition)

Titel: Jakob der Reiche (German Edition)
Autoren: Thomas R.P. Mielke
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großen Doppeltüren auf beiden Seiten des Saales. Aus der einen Richtung sprangen als Narren verkleidete Musikanten mit Schellen und Flöten, Zupfinstrumenten und kleinen Trommeln herein. Von der anderen Seite tanzte ein Dutzend auffällig gekleideter junger Mädchen mit weiß geschminkten Gesichtern um den langen Tisch in der Mitte. Ihnen folgten Damen in kostbaren Gewändern, wie sie in vergleichbarer Schönheit nur auf den Gemälden an der Decke des Saales zu sehen waren.
    »Sind das die Cortigiani?«, rief Jakob dem Bruder viel zu laut zu. Der hüstelte nur hinter vorgehaltener Hand.
    »Sie heißen überall anders«, antwortete er leise. »Aber hier nennen sie sich Hofdamen, weil sie am Hof des Heiligen Vaters wie bei einem König verkehren.«
    Die Anwesenden wurden von Kardinal della Rovere freundlich begrüßt, und das Mahl begann. Nach einer guten Stunde gab der Kardinal einigen Bediensteten ein Zeichen. Sofort wurde die Tafel aufgehoben und mitsamt den halb leeren Schüsseln und Speiseresten aus dem großen Saal getragen. Junge Priester brachten brennende Kerzen und stellten sie auf den Boden. Dann verschwanden einige der jüngeren Damen.
    Jakob vermutete, dass jetzt die Zeit der vergnügten Unterhaltungen beendet war und Kardinal della Rovere über den Bau der Kapelle von Papst Sixtus, über die Pläne zum Neubau von Sankt Peter und über denkbare Geschäfte mit den eingeladenen Kaufleuten sprechen werde. Doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen klopfte der Kardinal mit seinem spitzen Messer gegen ein Glas und legte dann die Hände vor der Brust übereinander.
    »In diesen unruhigen Zeiten, in denen gotteslästerliche Seefahrer aus Portugal bereits behaupten, sie hätten neue Welten weit im Westen entdeckt und nur geheim gehalten, um die angebliche Habgier unserer heiligen Kirche nicht anzuheizen, in diesen Wirren müssen verschiedene Nachrichten mit großer Vorsicht überdacht werden. Man hört sehr viel, und noch mehr wird gesprochen.«
    Jakob warf Ulrich einen verstohlenen Blick zu, doch der hob ebenfalls nichts ahnend die Brauen. Der Kardinal räusperte sich leise, dann sagte er: »Es liegt in der Natur der Menschen, dass sie Unfälle gern als Absicht des Allmächtigen oder als Intrigen jener deuten wollen, die über ihnen stehen, geweiht sind und Verbindungen zu den Mächten haben, von denen sie nun einmal nichts verstehen.«
    Erst jetzt blickte der Sohn des Papstes die beiden Fugger direkt an. »Ich freue mich, dass wir zwei Brüder unseres unverhofft verstorbenen Magisters Fugger bei uns begrüßen können. Manche Lästerzungen behaupten, dass Markus Fugger aus Rache für den Mordanschlag auf die beiden Medici im Dom von Florenz sein Leben verlor. Ich aber will gern beeiden, dass es nicht so war …«
    Jakob spürte, wie heiße Schauer über seine Haut rasten. Was redete der Kardinal da? Was hatte ihr Bruder mit dem Mord im Dom von Florenz zu tun? Er wagte nicht, Ulrich anzusehen, denn auch der Ältere saß wie erstarrt in seinem schweren Stuhl.
    »Markus Fugger aus Augsburg starb am neunzehnten April«, fuhr Kardinal della Rovere fort und lächelte vergebend in ihre Richtung. »Der Mordanschlag, mit dem teuflische Verleumder unseren geliebten Bruder und sogar den Heiligen Vater in Verbindung bringen, hat erst zehn Tage später durch die gottlosen Pazzi stattgefunden.«
    Kardinal della Rovere hob beide Hände und öffnete sie. Jakob war, als hätte ihn ein Glockenschwengel aus dem Dom von Augsburg getroffen. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage erfuhr er, dass es Intrigen gab, in die die Mächtigen der Welt verwickelt waren. Noch ehe Jakob sein Entsetzen überwunden hatte, sah der Kardinal zur bemalten Decke des Raumes, schloss für einen Augenblick die Augen und schnippte dann mit den Fingern.
    Sofort öffneten sich die hohen Türen, und von beiden Seiten tanzten französische Demoisellen fröhlich aufkreischend in den Saal. Die eben noch angespannten, vom vielen Essen und Trinken geröteten Gesichter der Gäste glühten noch mehr auf. Die Diener schütteten Walnüsse auf den Boden. Augenblicklich schickten sich die tanzenden Mädchen an, die Nüsse aufzusammeln. Sie rafften ihre Kleider und bückten sich. Sofort sprangen einige der Gäste des Kardinals auf und drängelten sich um die unter den Röcken weiß aufleuchtenden Mädchenhintern. Andere Gäste sanken ebenfalls auf die Knie, öffneten ihre Beinkleider und versuchten, es den Rüden und den Hengsten gleichzutun.
    Flammende Röte
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