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Jakob der Reiche (German Edition)

Jakob der Reiche (German Edition)

Titel: Jakob der Reiche (German Edition)
Autoren: Thomas R.P. Mielke
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Verfall Roms beklagt. Mit den rivalisierenden Adelsfamilien der Colonna und Orsini können wir keinen Handel treiben. Wichtiger ist für uns Papst Sixtus IV . Man hat eigentlich von ihm erwartet, dass er als Ordensgeneral der Franziskaner auch ein strenger Papst sein würde. Aber wie dieser Heilige Vater die eigenen Verwandten fördert, mit Ämtern handelt, Gnadenerlasse verkauft und jetzt sogar einen Krieg gegen die Medici in Florenz vorbereitet – das hat es in dieser Form noch nie gegeben.«
    »Wir in Herrieden haben immer Gutes von Papst Sixtus gehört«, protestierte Jakob. »Er fördert Kunst und Wissenschaft, will die Bibliothek im Vatikan für alle öffnen und baut seit Jahren an einer wunderbaren Kapelle.«
    »Und das soll mehr zählen als seine Machenschaften?«, stieß Ulrich hervor. »Nein, Jakob, du musst umdenken! Auch Päpste sind nicht das, was du in deinem Klosterfrieden von ihnen gehört hast.«
    Sie ritten durch die Toskana auf die Küste zu. Zur Übung unterhielten sie sich dabei in Latein.
    »Viele Italiener verstehen eher die toskanische Mundart als das Latein der Kirche«, erklärte Ulrich schließlich. »Man sagt daher, dass dieser Dialekt schon bald für ganz Italien zur offiziellen Sprache werden wird. Aber noch ist es nicht so weit.«
    Rom wirkte tatsächlich trist und grau in der gleißenden Mittagshitze. Selbst die Platanen schienen lustlos ihr Haupt zu neigen.
    »Sieh dort, die Pinienzapfen«, rief Jakob, als sie über die Via Salaria in die Ewige Stadt einritten. »Deshalb also hat unser Augsburg sein Stadtwappen von den Legionären Roms übernommen.«
    »Darüber habe ich noch nie nachgedacht«, gab Ulrich zu und wischte sich mit einem Seidentuch den Schweiß von der Stirn. Sie zogen durch die Porta Colina und die lauten, verwahrlosten Stadtviertel mit den Resten der Thermen Diokletians. Bettelnde, teilweise verkrüppelte Kinder und kleinwüchsige Jugendliche mit ausgemergelten Gesichtern begleiteten sie mit lautem Geschrei. Ulrich musste mit derartigen Belästigungen gerechnet haben. Er öffnete einen Lederbeutel, den er an einem dreifach geflochtenen Band um die Schultern trug, griff hinein und warf in hohem Bogen etwas in die Luft, das wie kleine, glitzernde Linsen aussah. Gleichzeitig trieb er sein Pferd zu einer schnelleren Gangart an.
    »Was machst du da?«, rief ihm Jakob zu.
    »Ich verscheuche sie, indem ich sie mit Reichtum zuschütte. Hacksilber, Jakob – klein, kostbar in der Sonne glänzend und doch fast gar nichts wert.«
    Sie sahen, wie die jungen Römer schweigend hinter ihnen durch den Staub der Straße krochen. Jeder versuchte, etwas vom Silberglanz zu finden, das der wohlhabende Deutsche über sie verstreut hatte. Die Trabanten ihrer Eskorte und die Knechte hatten alle Mühe, sie weiter in Richtung Vatikan auf der anderen Seite des Tibers zu begleiten. Noch bevor sie den Fluss und die Basilika von Sankt Peter sahen, erreichten sie einen großen, lang gestreckten Platz.
    »Von diesem Ort in Rom habe ich schon gehört«, rief Jakob müde, aber erfreut. »Hier muss die Pferderennbahn von Kaiser Domitian gewesen sein.«
    Ulrich war über diese Erkenntnis längst nicht so begeistert wie sein Bruder.
    »Dann frage ich mich, warum hier immer noch überall frische Pferdeäpfel liegen«, entgegnete er spöttisch und blickte zu dem Jüngeren hinüber.
    Die Männer in ihrer Begleitung lachten. Einige wussten, dass hier mitten in der Altstadt Roms noch heute Pferderennen und Spiele durchgeführt wurden.
    Vom Nordwesten des Platzes waren es nur noch wenige Schritte bis zur Kirche der Deutschen in der Ewigen Stadt. Ulrich und Jakob stiegen direkt vor dem Portal von Santa Maria dell’Anima von ihren Pferden. Junge Ministranten brachten Schalen mit Weihwasser. Ulrich und Jakob benetzten Finger und Stirn, dann ließen sie sich durch den Haupteingang der kleinen fünfschiffigen Kirche bis zu den Gräbern führen. Es gab nur wenig Platz in der Enge zwischen den Häusern der Altstadt.
    »Markus wird uns noch mehr fehlen als die beiden anderen«, sagte Ulrich mit schmalen Lippen. Sie beteten für ihn, dann gingen sie zur Straße zurück. Er legte kurz seinen Arm um Jakob, dann seufzte er: »Und du kannst weder sie noch ihn ersetzen!«
    Jakob zuckte unwillkürlich zusammen. Warum sagte er das? Ringsum klapperten Pfannen und Schüsseln in Häusern und Höfen. Es roch nach Gebratenem, würzigen Kräutern und sehr viel Knoblauch. In all der Hitze empfand Jakob wenigstens die Gerüche als
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