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Jakob der Reiche (German Edition)

Jakob der Reiche (German Edition)

Titel: Jakob der Reiche (German Edition)
Autoren: Thomas R.P. Mielke
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gehofft hatte, gleich nach seiner Ankunft das Gemälde von Caterina zu sehen, wurde er zunächst von einem der Bediensteten nach oben geführt. Er merkte sofort, dass er diesmal nicht als Begleiter des erfolgreichen Ulrich Fugger von der Lilie, sondern als unbedarfter junger Mann angesehen wurde, der erst noch beweisen musste, was er konnte.
    Jakob schluckte seine Enttäuschung herunter, lief ans Fenster und sah auf den Canal Grande hinab. Der wunderbare Anblick entschädigte ihn ein wenig. Er stützte die Arme auf das Fensterbrett, lehnte sich weit hinaus und gab sich ganz der Betrachtung des bunten Lebens hin, das die zahllosen Barken mit Fremden und Einheimischen boten.
    Nach all den Jahren im stillen Kloster kam Jakob Fugger die Lagunenstadt wie ein schwimmender Markt vor – ein feierlicher, farbenfroher Messeplatz, in dem Tausch und Handel zum immerwährenden duftenden und klingenden Gottesdienst erhoben worden waren.
    Zum Nachtmahl wurde er von einem Diener abgeholt. Außer ihm kamen nur noch zwei Ehepaare und zwei weitere Mitbewohner des Hauses hinzu. Nachdem er vom alten Cornaro den anderen vorgestellt worden war, erfuhr auch er, woher sie kamen. Sie alle hatten etwas mit dem Einkauf und Verkauf bestimmter Handelswaren zu tun. Das eine Ehepaar stammte aus Brügge, das andere aus Wien. Der ältere der beiden Einzelreisenden kam aus Polen, der jüngere aus Ungarn, lebte aber schon einige Zeit in Wien.
    Obwohl Jakob viel lieber mehr über die Königin von Zypern erfahren hätte, lenkte der Ungar das Gespräch auf den römisch-deutschen Kaiser und seinen Sohn Maximilian, die er erst kürzlich in der Wiener Neustadt gesehen hätte.
    »Der junge Herzog ist ein stattlicher Mann geworden. Allerdings neigt er wohl mehr zu Pferdespielen mit der Lanze als zu beschwerlichen Verhandlungen mit Fürsten und den Abgesandten der Reichsstädte. Viele nennen ihn bereits den ›letzten Ritter‹, denn für seine höfischen Turniere gibt er mehr Geld aus als für alles andere.«
    »Besser als für Kriegsgerät«, sagte die Gastgeberin. »Es heißt, dass in den Bergen von Tirol inzwischen nicht nur nach Silber, sondern auch nach Kupfer für Kanonen gegraben wird.«
    »Wer tut das?«, fragte Jakob. »Herzog Maximilian?«
    »Nein, nein«, antwortete der Österreicher. »Tirol gehört Herzog Sigismund, dem Vetter Maximilians. Sie nennen ihn nicht umsonst den Münzreichen. Im Gegensatz zum Kaiser und zu Maximilian hat er genügend Silber in den Bergen und erfahrene Bergleute, die es ihm herausschlagen.«
    »Erfahrene Bergleute?«, fragte der Pole spöttisch. Er hatte bisher nur zugehört, gegessen und geschwiegen. »Wie jedes Kind bei uns in Krakau weiß, hatten schon die alten Römer ihre Goldbergwerke von Dakien in den Karpaten wesentlich besser organisiert als gegenwärtig die Österreicher und Ungarn. Bei uns in Polen weiß man noch, wie das Wasser aus den Gruben abgepumpt wird. Das haben in Tirol wohl einige vergessen, die sich Ingenieure nennen.«
    »Das ist noch nicht einmal das größte Problem«, sagte der Ungar zustimmend. »Von allem Silber, das in den Gruben gefördert wird, kommt beim Münzmeister in Hall oft nur noch ein Zehntel an. Der Rest verschwindet unterwegs durch Bestechung, erpressten Wegezoll und durch Diebstahl oder Schlamperei.«
    Jakob Fugger richtete sich auf. Drei, vier ähnliche Beispiele aus seiner Kindheit fielen ihm ein. In seiner Erinnerung glaubte, er den Vater noch zu hören, der grob und sogar ungerecht mit Gesellen und fremden Webern umgesprungen war, wenn sie wieder einmal mit zu kurzer Elle gemessen hatten.
    »Es gibt nur zwei Wege durch dieses Leben«, hatte er immer wieder mit lauter Polterstimme gesagt, wenn seine Knollennase vor Ärger glühte. »Der eine ist der gerade und sehr schwere mit Schweiß und Qualität, der andere ist der leichte mit Betrug und Leichtsinn direkt ins Höllenfeuer.«
    »Kümmert sich denn niemand um die Bergwerke?«, fragte Jakob vorsichtig. Die anderen lachten. Sogar die Niederländer sahen ihn belustigt an.
    »Das muss ausgerechnet einer aus Augsburg fragen«, schmunzelte der Österreicher. »Natürlich kümmern sich sehr viele von euren Kaufleuten um das Tiroler Silber und Herzog Sigismund. Genau das ist einer der Gründe für den Jammer. Zu viele Händler und eigennützige Berater für den maßlosen Sigismund.«
    »Zu viele Diebe überall«, sagte Signora Cornaro unvermittelt. »Sie stehlen neuerdings sogar ganze Inseln!«
    »Reden wir heute Abend nicht
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