Jakob der Reiche (German Edition)
reist, kannst du auch in Österreich und in Ungarn nach dem Rechten sehen, Jaköble«, sagte er diesmal. »Wir müssen aufpassen, dass unsere Faktoren in Wien und Ofen keine verlockenden Waffengeschäfte abschließen und mit unserem Geld die Donau rot gefärbt wird.«
»Und zu welcher Seite halten wir?«, fragte Jakob. Er mochte es nicht, wenn ihn sein Bruder mit seinem Kindernamen ansprach.
»Wir handeln mit Ungarn und mit jedem anderen in der Welt, der seriös ist«, gab Ulrich zurück. »Doch letzten Endes gehören wir Schwaben, ebenso wie unsere Nachbarn, die Bayern und die Österreicher, zum gekrönten und vom Papst gesalbten Kaiser.«
»Das heißt, wir unterstützen die Habsburger?«
»Nein!«, sagte Ulrich streng. Er presste die Lippen zusammen. Dann murmelte er: »Jedenfalls nicht offiziell.«
Zu ihrer Sicherheit trafen sie erst nach Einbruch der Dunkelheit aus verschiedenen Richtungen im Haus des Münzmeisters zusammen. Zink war ein aufwendig gekleideter und bereits ziemlich feist gewordener Mann mittlerer Größe. Er hatte eine breite Stirn, lockige, goldblonde Haare, fleischige Lippen und dazu kleine, helle Schweinsaugen, die kaum zur Ruhe kamen.
Was Jakob am meisten an ihm störte, waren die Ringe mit Edelsteinen, die er wie ein Bischof an seiner vorgestreckten Linken zur Schau stellte. Es war, als würde Zink die Hand als einen tragbaren Altar für die Hostien seines frühen Erfolges benutzen. Selbst Jakob in seiner italienischen Kleidung wirkte gegen ihn eher sparsam und bescheiden. Nachdem sie sich begrüßt und gemeinsam eine kleine Mahlzeit mit Fleisch und Brot zu sich genommen hatten, stand der Münzmeister auf und verließ den Raum.
»Ihr könnt auch in den Turm meines Ansitzes hinaufsteigen«, bot er von der Tür her an. »Dort seid Ihr sicher vor jedem Lauscher.«
Die beiden gleichaltrigen, aber vollkommen unterschiedlichen jungen Männer lehnten dankend ab.
»Wer wirklich lauschen will, kann das auch im Turm oder in einem Bergwerksschacht«, sagte Zink. »Wichtig ist nur, dass niemand in Judenburg von unserer Zusammenkunft erfährt. Sie sind sehr misstrauisch und überaus wachsam, diese steirischen Juden. Sie sind stolz auf ihr Monopol für den Handel mit Roheisen und dass sie selbst den goldenen Judenburger Gulden prägen dürfen. Außerdem liegt ihre Stadt dicht vor den Seealpen derartig günstig, dass sogar der Erzbischof von Salzburg ganz in der Nähe seine Speicher für den Kornzehnt gebaut hat.«
»Ich kenne den Handelssaal der Judenburger in Venedig«, sagte Jakob. »Er gehört zu den besten Räumen im Fondaco dei Tedeschi.«
»Ich denke, dass die Räumlichkeit viel eher für ein einziges großes Handelshaus geeignet wäre«, sagte Zink. Er hob seine linke Hand ein wenig und betrachtete die Steine auf den Ringen an seinen Fingern. »Sie sind ein bisschen zu hochnäsig geworden für ihre Geschäftsfreunde von San Marco. Auch der Erzbischof in Salzburg hat nichts gegen Geschäfte mit den Judenburgern, aber er würde wegsehen, wenn man sie ein wenig straft …«
»Für ihre Geschäftstüchtigkeit?«, fragte Jakob verwundert.
»Nein, dafür nicht«, antwortete Zink und grinste. »Aber diese christlichen Aufrührer, die jetzt sogar dort predigen, die passen ihm ganz und gar nicht.«
Jakob Fugger hob erstaunt die Brauen. »Weltverbesserer und Ketzer ausgerechnet in Judenburg?«, fragte er kopfschüttelnd. »Wie passt das zusammen?«
»Vielleicht hat das alles sehr alte Gründe«, meinte Johannes Zink. »Immerhin ist die Stadt an der Stelle entstanden, an der bereits vor Jahrhunderten das Kloster Sankt Lambrecht die Maut erhoben hat. Und aus der späteren Freiheit für jüdische Händler ist inzwischen auch eine Duldung von Predigern gegen den Papst und die heilige römische Kirche geworden.«
»Bei Gott, eine merkwürdige Allianz!«, meinte Jakob.
»Und in genau diese Wunde könnte man, wenn man will, Salz und Pfeffer streuen«, sagte Johannes Zink vorsichtig.
»Seid Ihr von Sinnen?«, protestierte Jakob sofort. »Wir sind Kaufleute und keine Protestanten! Ich denke nicht einmal im Traum daran, mich mit den Juden, der heiligen römischen Kirche und den Habsburgern als Landesherren zugleich anzulegen.«
»Aber die Kammer im Fondaco wäre doch ein Traum, für den Ihr Eure Schatullen ein wenig weiter öffnen würdet, oder irre ich mich da?«
Jakob erinnerte sich plötzlich wieder daran, wie er im Rathaus von Antwerpen die anderen Kaufleute beobachtet hatte. Kein Muskel in
Weitere Kostenlose Bücher