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Jakob der Reiche (German Edition)

Jakob der Reiche (German Edition)

Titel: Jakob der Reiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R.P. Mielke
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seinem Gesicht bewegte sich. Er zuckte nicht einmal mit den Wimpern. Der eitle Magister des kirchlichen und des weltlichen Rechts redete und redete, während Jakob nur hin und wieder ein neues Stichwort zum Umlenken oder Befördern des sprudelnden Redeflusses einwarf. Mit jedem Wort, jedem Satz zeigte der in seinem Schweiß glänzende Zink, dass er Genie und Skrupellosigkeit zu gleichen Teilen besaß.
    Johannes Zink war eine andere Kategorie als die Rehlingers, Herwarths und Gossembrots. Er war intelligent und belesen, konnte wie Markus Fugger seinerzeit in Rom vorausschauend und um die Ecke denken. Jakob wollte ihn nicht bei sich haben, nicht in Augsburg und nicht als Faktor in Nürnberg oder Frankfurt. Johannes Zink würde niemals ein zuverlässiger Geschäftsführer werden. Selbst mit der allerstrengsten doppelten Buchführung würde er bei Einnahmen und Ausgaben Tag für Tag zu viele Gulden für sich selbst abrechnen …
    Aber der Mann war unbezahlbar, solange er Rad schlagen und sich zur Schau stellen durfte. Genau das wollte Jakob ihm erlauben. Aber er wusste, dass er bei einem derartigen Geschäftspartner stets auf der Hut bleiben musste.

Das erste Netzwerk
    In den nächsten Tagen, nachdem Johannes Zink zuerst nach Innsbruck und dann über die Alpen in die Steiermark nach Judenburg gereist war, besuchte Jakob zusammen mit dem Münzmeister einige der Gewerke von Hall und Schwaz. Sie hatten vereinbart, dass Jakob nicht als Teilhaber eines der reichsten Handelshäuser von Augsburg, sondern als neuer Geselle des Münzmeisters auftreten sollte.
    »Die Leute kennen mich nicht«, sagte Jakob. »Außerdem bin ich neun Jahre lang zum Dienen und Gehorchen erzogen worden. Es fällt mir nicht schwer, in eine Kutte oder einen Kittel zu schlüpfen und dann entsprechend einfältig auszusehen.«
    Der Münzmeister schlug sich den Bauch vor Vergnügen, als Jakob sich in seinen teuren venezianischen Kleidern plötzlich mit hängenden Schultern, leicht vorgebeugt wie zum Gebet und mit einem Blick präsentierte, der um Vergebung und ein Stück trockenes Brot zu bitten schien.
    »Jesus Maria! Hört auf damit!«, prustete der Münzmeister. »Ihr bringt es noch fertig, dass Euch die Bergleute ihren letzten schmutzigen Kreuzer als Opfer in den Hut werfen.«
    Der Münzmeister sorgte dafür, dass der junge Fugger sauber gewaschene Beinkleider, Stiefel und einen Kittel erhielt, der ihn ein wenig kräftiger aussehen ließ.
    In aller Herrgottsfrühe des nächsten Tages ritten sie gemeinsam nach Schwaz. Unterwegs erzählte der Münzmeister über die Herren von Freundsberg und ihre vor zweieinhalb Jahrhunderten errichtete Burg, von der aus sie ein halbes Dutzend weiterer Marktplätze und Burgen eingerichtet hatten.
    »Irgendwann sind ihnen die Bergwerke und all das andere über den Kopf gewachsen«, erklärte der Münzmeister. »Sie haben den Übergang nicht geschafft und wollten über die Bergleute genauso herrschen wie seit eh und je über ihre Bauern. Aber mit Fron und Zins allein gibt der Berg nicht das her, was man aus ihm herausholen könnte, wenn es klug und bedächtig angefangen wird.«
    »Sie haben alles verkauft«, sagte Jakob. »Ich weiß das von Ulrich.«
    »Verkauft ist nicht ganz richtig«, korrigierte der Münzmeister. »Die Freundsberger haben vor fünfzehn Jahren das ganze Gericht und die Gruben gegen die schwäbische Herrschaft Mündelheim ausgetauscht. Seitdem haben wir keinen von ihnen mehr hier gesehen.«
    »Ich verstehe«, sagte Jakob. »Deshalb also ist Erzherzog Sigismund jetzt der Herr des Silbers hier.«
    »Der Herr des Silbers, des Kupfers und des Landesgerichts«, bestätigte der Münzmeister.
    Sie ritten in die Gegend ein, von der die Sage erzählte, dass eine Kuhmagd am Kogelmoos viele Jahrhunderte zuvor nach den Hufschlägen eines wütenden Stiers die ersten glänzenden Steine im aufgerissenen Boden entdeckt hatte.
    »Vor fünfzig Jahren kam viel Bergvolk aus Böhmen, Sachsen und anderen deutschen Landen hierher«, berichtete der Münzmeister. Er deutete auf einen Hang westlich der Stadt. »Dort könnt Ihr noch die alte Zeche sehen. Sie war jahrzehntelang äußerst ergiebig. Es mag unglaublich für einen Handelsherrn aus der Stadt klingen, aber wir haben hier mehr als zweihundertfünfzig Stollen, die insgesamt länger sind als die Straße bis nach Rom.«
    Im selben Augenblick setzte ein kalter Regen ein, der alle Wege binnen weniger Minuten in Morast verwandelte. Völlig durchnässt erreichten die beiden

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