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Jakob der Reiche (German Edition)

Jakob der Reiche (German Edition)

Titel: Jakob der Reiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R.P. Mielke
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auch …«
    Jakob musste nicht lange nachdenken, als er das hörte. Ihm war sofort klar, was geschehen sein musste: Wie so oft bei den Gefechten zwischen den Haufen der Condottiere in Oberitalien mussten sich auch bei Bozen die Anführer zusammengesetzt haben, um bei Wein und Bier darüber zu verhandeln, welches der beiden Heere sich ohne Waffengang zurückzog.
    »Das wird teuer!«, sagte Jakob zu Kohler und Suiter. »Denn jetzt sind nicht nur fünftausend Gulden verloren, sondern auch noch die Entschädigung, die Venedig bereits für Primör gefordert hat.«
    »Fünftausend und hunderttausend?«, fragte Suiter entsetzt. »Das ist Sigismunds Untergang!«
    Jakob schob die Lippen nach vorn und nickte. »Vielleicht auch meiner!«, sagte er rau.
    Jakob konnte nichts mehr tun. Anstatt in Innsbruck die weiteren Ereignisse abzuwarten, verließ er ziemlich auffällig und mit lautem Gefolge die Stadt. Sie waren rund dreißig Männer unterschiedlichen Alters und dazu noch einige Weiber, junge Mädchen und Kinder. Aus dem Kontor der Innsbrucker Faktorei folgten ihm vier Männer, die ihn zu Pferd begleiteten. Sie sollten einige Wochen in Augsburg lernen, was sich in der Firma inzwischen verändert hatte und welche Regeln für die neue Buchführung in diesem Jahr galten.
    Jeder andere im Zug hatte seine genau festgelegten Aufgaben. Während die Stärksten sich um die Pferde und um die Wagen kümmerten, sorgten die anderen für das Verteilen der Verpflegung, denn Jakob hatte alle Pausen untersagt. Die Jüngsten strichen mit langen Holzlöffeln immer wieder Teerschmiere aus den hölzernen Eimern unter den Wagenboden auf die Naben der Wagenräder. Diese Arbeit gehörte zu den wichtigsten Verrichtungen. Denn wurde einmal vergessen, die Räder zu schmieren, liefen die Achsen heiß und wurden brüchig. Was dann geschah, war täglich an allen Wegen und Handelsstraßen zu sehen. Und nichts war für Diebe und Räuber eine leichtere Beute als ein mit Handelswaren voll beladener Wagen, der mit einem gebrochenen Rad unbeweglich und schutzlos am Wegesrand lag.
    In München waren einige Waren zur Beschau bei befreundeten Händlern ausgeladen und als Muster gezeigt worden. Für eine Weile hatte Jakob befürchtet, dass irgendeiner der Beteiligten an der gelungenen Hochzeit zwischen Herzog Albrecht von Bayern und Erzherzogin Kunigunde von Österreich gegen alle Vereinbarungen geredet haben könnte. Wenn er jetzt in München eine Einladung an den Hof des Wittelsbachers erhielt, dann war das der Beweis dafür, dass etwas durchgesickert war. Doch nichts geschah, obwohl Jakob sein Erscheinen in München laut und deutlich verbreiten ließ. Nur selten war ein Kaufmann so zufrieden darüber, dass ihm der Hof eines Landes keinerlei Aufmerksamkeit entgegenbrachte.
    All das nahm sehr viel Zeit in Anspruch. Auch nachdem sie endlich Augsburg erreicht hatten, zeigte sich Jakob ohne Eile. Während die Wagen lärmend über alte Straßen rumpelten, grüßte er mit ungewohnter Freundlichkeit nach allen Seiten. Er machte überall den Eindruck eines jungen, in voller Blüte stehenden Mannes, der mit sich und der Welt zufrieden war …
    In den folgenden Wochen ging er jeden Morgen zur Messe und ließ sich in verschiedenen Augsburger Gasthäusern und Schenken sehen, die er noch nie zuvor besucht hatte. Überall hörte er von den kriegerischen Handlungen, die inzwischen im Süden Tirols ausgebrochen waren und die Gemüter bis ins Schwabenland bewegten.
    »Das müssen die Tiroler und die Welschen untereinander ausmachen«, betonte er immer wieder. »Wir handeln gut mit beiden. Deshalb wollen wir, dass keine der streitenden Parteien allzu sehr Schaden nimmt. Man wird sich irgendwie einigen, denn das war immer so.«
    Mit keinem Wort und keiner Geste ließ er erkennen, dass er von Anfang an genau auf diese Verhandlungen gewartet hatte, sich selbst aber auf keinen Fall einmischen wollte. Sein Schachzug, den er von Anfang an geplant hatte, musste noch warten.
    Solange das Wetter im Spätsommer und im frühen Herbst noch gut war, ging er nach der Morgenmesse in Sankt Ulrich und Afra auf immer wieder anderen Wegen durch die Straßen und Gassen zum Haus am Rohr zurück. Es war, als würde er erst jetzt, im Alter von neunundzwanzig Jahren, seine Heimatstadt gründlich erkunden.
    So fand niemand etwas dabei, dass er sich die Straßen um die Barfüßerkirche ebenso interessiert ansah wie Sankt Martin und das kleine Kirchlein von Sankt Anna im Westen der südlichen Stadt. Hier

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