Jakob der Reiche (German Edition)
natürlich um die Habsburger …
»Warum sagt Ihr denn nichts?«, fragte der Tiroler Landesherr. »Ihr könnt doch nicht schweigen, wenn mich die ganze Welt nur noch nackt sehen will.«
Jakob hob unwillkürlich die Brauen. »Nackt«, sagte er dann. »Ja, Ihr seid nackt, Hoheit. Aber ich will nicht, dass andere Euch so sehen. Das Haus Fugger wird Euch kleiden, wie es vor Jahren bereits andere Bedürftige aus dem Hause Habsburg gekleidet hat.«
Als hätte er geahnt, dass sich die gegen seinen Willen angeheirateten bayerischen Verwandten bereits die Finger nach dem angeschlagenen, aber immer noch reichen Tirol leckten, ließ Maximilian für Anfang März seinen Besuch in Innsbruck ankündigen. Er war gut zwei Jahre nicht mehr in den Stammlanden gewesen, sondern hatte sich hauptsächlich im niederländischen Teil von Burgund aufgehalten. Auch nach seiner Krönung in Aachen schürte Frankreich weiter den Widerstand in den ehemals französischen Lehensgebieten. Dagegen waren die Schwierigkeiten Erzherzog Sigismunds in Tirol kaum der Rede wert. Die Nachricht, dass der gerade zwei Jahre zuvor auf dem Reichstag in Frankfurt zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gewählte Maximilian in den Alpen erwartet wurde, bot Anlass für die wildesten Gerüchte.
»Er will ihn enterben«, behaupteten die einen.
»Vielleicht soll Tirol an Matthias Corvinus verpfändet werden, damit die Ungarn endlich wieder aus Niederösterreich abziehen«, meinten andere.
»Nein, er wird selbst Geld brauchen, weil ihm die Bürger seiner niederländischen Städte nichts zahlen wollen«, meinten die Dritten.
Seit dem Tod von Maria, der Erbtochter des verstorbenen Herzogs Karl, rebellierten Adel und Kaufleute in den burgundischen Provinzen bis zu den Küsten der Nordsee. Der Handel zwischen den Städten der Hanse lag ihnen mehr als Steuern und Abgaben für das Kaiserreich im fernen Wien.
Es war noch immer kalt im März 1488, doch auf den wichtigsten Straßen und Wegen konnten sich wieder Pferde und Wagen bewegen. Noch ehe der Kaiser eintraf, erhielt Jakob in Innsbruck Besuch von seinem Salzburger Vertrauensmann. Nachdem sich Hans Kohler gestärkt und wieder aufgewärmt hatte, setzten sie sich vor den Kachelofen in der Arbeitskammer des Leiters der Innsbrucker Faktorei.
Der Raum war nicht sonderlich gut geheizt, aber Jakob neigte dazu, gerade in diesen kleinen Dingen mehr als üblich zu sparen. Er verachtete keineswegs die gute und modische Kleidung, in der er arbeitete und in der er sich vor der Öffentlichkeit präsentierte. Als Repräsentant einer Familie, die bereits in der dritten und vierten Generation mit Stoffen zu tun hatte, konnte er es sich einfach nicht leisten, sich schlecht und billig zu kleiden. Dagegen machte es ihm nichts aus, so einfach zu speisen, wie er es neun Jahre lang aus seiner Zeit in Herrieden gewohnt war. Er musste Kohler nichts vormachen. Obwohl sein Vertrauensmann in Salzburg lange an der bischöflichen Tafel in Eichstätt gesessen hatte, fanden sich auch in seinem Charakter noch immer Spuren der Bescheidenheit eines jungen Chorherrn.
»Ich weiß nicht, ob du viel von deinen Brüdern in Augsburg und Nürnberg erfährst«, sagte Kohler schließlich. »Ich weiß nur von einigen unserer Reiter, dass sich die Schwaben zu einem bewaffneten Schutzbund gegen die Willkür der Raubritter und die Plage der marodierenden Landsknechte zusammenschließen wollen.«
»Ja, davon habe ich ebenfalls gehört«, sagte Jakob und nickte. »Sie wollen sich ›Schwäbischer Bund‹ nennen und zum Schutz des Landfriedens ein eigenes Heer aufstellen.«
»Man spricht von zwölftausend Fußknechten und zwölfhundert Reitern«, sagte Hans Kohler. »Das Ganze erfordert sehr viel Bekleidung und Waffen, dazu Pferdegeschirr, Decken, Kessel für Suppen und vielerlei anderes Gerät.«
»Nichts für mich«, entgegnete Jakob. »Ich will zunächst die Angelegenheiten hier in Tirol ins Lot bringen. Außerdem bin ich sicher, dass sich bereits Ulrich oder auch Georg in Nürnberg um diese Angelegenheit kümmern. Außerdem …«
Kohler wartete geduldig, dass Jakob weitersprach. Doch der blickte nur abwesend in die Kerzenflamme auf dem kleinen Tisch neben dem Kamin.
»Außerdem?«, fragte Kohler.
»Außerdem hat mir Francesco Tassis mitgeteilt, dass er gern Oberpostmeister von Tirol werden möchte.«
»Hat er dir oder dem Erzherzog etwas dafür geboten?«
»Ja, das hat er«, antwortete Jakob. »Eine Nachricht, die den halben Kontinent in seinen
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