Jakob der Reiche (German Edition)
gab Jakob zu. »Hast du bereits einen derartigen Handel abgeschlossen?«
»Du sagst es«, antwortete Lukas und lachte breit. »Kredit für den König in schöner Höhe. Und als Sicherheit hat er mir eine ganze Stadt zugedacht. Die Bürger von Leuven in den burgundischen Niederlanden stehen für die Summe ein, die ich Maximilian geliehen habe.«
Jakob hatte bei diesen Worten das Gefühl, als warne ihn eine innere Stimme. Waren es nicht gerade die Städte in den Niederlanden gewesen, die sich gegen die Habsburger Vorherrschaft empört hatten? Er dachte plötzlich an das Lösegeld für Maximilian, an dem er und seine Brüder sich beteiligt hatten. Würde Kaiser Friedrich III . oder Maximilian etwa ein Heer anwerben, um Städte in den Niederlanden zu zwingen, einem Lukas Fugger die Schulden zurückzuzahlen?
Lukas lachte behäbig und selbstgefällig, doch Jakob bedauerte in diesem Augenblick den älteren Verwandten, und ihm schien, als würde er ihn auf dem Scheiterhaufen und im Schuldturm Augsburgs zugleich sehen.
In den ersten Tagen nach dem Tiroler Staatsstreich jubelten die Menschen auf den Straßen und ließen den neuen Landesherrn hochleben. Auch die Honoratioren der Stadt und die Kaufleute machten deutlich, dass sie sehr einverstanden mit dem Wechsel waren. In den folgenden Wochen flaute jedoch die anfängliche Begeisterung spürbar ab. Der Sommer verging, und im Herbst sprachen viele Würdenträger aus dem ehemaligen Hofstaat Erzherzog Sigismunds bei Jakob Fugger vor und baten mit den abenteuerlichsten Begründungen darum, sie weiterhin durch monatliche Zahlungen zu unterstützen.
»Ihr dürft uns hier in Tirol nicht allein lassen, denn von Maximilian kommt inzwischen noch weniger als von Sigismund.«
Die Leute klagten, dass alles teurer geworden sei und durch die neuen Guldiner zu wenig Münzen in Hall geprägt würden. Jakob Fugger schwieg, wenn er auf das Problem angesprochen wurde, was immer mehr Mienen verdüsterte. So unauffällig wie möglich sorgte er dafür, dass alles verfügbare Silber über die Brennerstraße und andere Pässe nach Venedig geschafft wurde. Dafür nahm er gelassen in Kauf, dass durch das Überangebot der Metallpreis im Fondaco dei Tedeschi deutlich sank.
Nach und nach kam heraus, dass der angeblich Münzreiche noch viel mehr Schulden aufgehäuft hatte, als bei seiner Ablösung bekannt gewesen war. Auch König Maximilian zeigte sich zunehmend verstimmt. Zu allem Ärger verschlechterte sich der Gesundheitszustand seines Vaters Kaiser Friedrichs III . zunehmend. Die Ungarn ärgerten ihn an der Ostgrenze des Reiches. Die Türken drangen bereits bis nach Kärnten vor, und die Niederländer in den burgundischen Reichsteilen blieben nach wie vor aufsässig.
Jakob ließ sich genau berichten, welche der Kaufleute aus Kufstein, Augsburg, Nürnberg und Ravensburg im alten Palast Sigismunds und in der Residenz Maximilians ein und aus gingen. Obwohl er selbst den letzten Anstoß für den Sturz des Erzherzogs gegeben hatte, drängte er sich dem neuen Landesherrn nicht auf. Er wusste, dass Maximilian über kurz oder lang zu ihm kommen würde. Dennoch dauerte es mehrere Monate, und der Winter verging, ehe sie schon fast wie zufällig in Maximilians Residenz zusammentrafen.
Die beiden Gleichaltrigen sahen einander prüfend an. Während Jakob vor dem König auf die Knie sank, trat Maximilian sofort auf ihn zu und winkte ihm, sich zu erheben.
»Ihr habt Euch rar gemacht, mein alter Freund«, sagte er und lächelte spöttisch. »Aber glaubt bloß nicht, dass ich nicht hinter Eure Stirn sehen könnte. Ich weiß ganz genau, dass Ihr mich ebenso ausnehmen wollt wie den bedauernswerten Sigismund. Monat für Monat erkenne ich mit größerem Schrecken, wie hoch seine Schulden tatsächlich sind. Neben all dem Geld, das er nicht hatte und trotzdem mit vollen Händen ausgab, musste er wohl auch seine Gattin Katharina ruhigstellen und ihr freie Hand für ihre eigenen Verschwendungen geben. Und ich Narr habe zugesagt, dass ich sämtliche Schulden der beiden anerkenne und übernehme …«
»All Eure Finanziers und großen Räte haben doch wochenlang gezählt und sortiert. Sämtliche Kaufleute haben die Hände hochgerissen, als gefragt wurde, wie viel Sigismund ihnen schuldet.«
»Darum geht es nicht«, antwortete Maximilian. Er verschränkte die Hände auf dem Rücken und ging vor Jakob Fugger mit nach vorn gebeugten Schultern auf und ab. »Es sind die verdeckten Schulden und Versprechen, die
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