Jakob der Reiche (German Edition)
Angelegenheit und mit ihr sämtliche vorangegangenen Vorwürfe erledigt seien.
»Erzherzog Sigismund tritt aus Gründen des Alters und seiner Gebrechen aus freien Stücken zurück. Er hat mich, den deutsch-römischen König Maximilian, gebeten, all seine Länder ohne Ausnahme zu übernehmen. Gleichzeitig bittet er Euch alle, mir als neuem Herrn von Tirol zu huldigen.«
Wie in den vielen abendlichen Gesprächen der vergangenen Woche vereinbart, stimmte der Landtag ohne weitere Verhandlungen zu. Nur die Vertreter der an Bayern und Schwaben grenzenden Vorlande zögerten noch.
Der König stand auf und verließ als Erster den Saal. Kurz bevor er die große Tür erreichte, wandte er den Kopf zur Seite und suchte den Blick Jakob Fuggers. Sie sahen sich nur einen kurzen Augenblick lang an. Doch beiden spielte ein kaum wahrnehmbares Lächeln um die Mundwinkel. Sie konnten sehr zufrieden sein mit ihrem ersten großen gemeinsamen Triumph.
Abschied der Großen
Jakob Fugger hatte gewonnen, aber er wurde darüber keineswegs leichtsinnig. Noch am selben Tag liefen ihm in der Residenz des Königs auch die beiden Lukas Fugger vom Reh über den Weg. Der viel beschäftigte, sich überall in den Vordergrund drängelnde Vetter und sein Sohn gehörten nicht zu den Menschen, die Jakob besonders gern sah. Er hielt beide für unseriöse Kaufleute, die den schnellen Gewinn über Zuverlässigkeit, Qualität und Vertrauen stellten.
»Sieh an, das Jaköble macht große Politik und Kumpanei mit allerhöchstem Adel«, rief Lukas Fugger vom Reh mit schwerer, rauchiger Stimme. Seine vom vielen Wein rot und knollig gewordene Nase erinnerte Jakob unwillkürlich an den viel älteren Erzherzog Sigismund. Lukas der Jüngere trug das Wappen des Geschlechts, ein goldenes Reh auf blauem Grund, auf dem Wams und sah damit aus wie einer der großen adeligen Räte am Königshof.
»Hoffentlich raubt dir das Abenteuer, auf das du dich eingelassen hast, nicht den Schlaf«, sagte Lukas mit einer Mischung aus Spott und Besorgnis. »Mit dem senilen Lustfürsten Sigismund konntet ihr Fugger von der Lilie wie mit einem Bauerntölpel umspringen. Aber ich warne dich. Maximilian ist kein derartiger Bauerntölpel. Wer mit dem Kaiser oder dem König die Suppe essen will, der muss einen sehr großen Löffel haben.«
»Den gleichen Satz kenne ich über den Teufel«, gab Jakob zurück. »Und ich denke nicht, dass du Maximilian für den Satan hältst.«
»Wer weiß, wer weiß«, erwiderte Lukas Fugger lachend. »Warten wir ab, wer wen in den Sack steckt. Ich jedenfalls würde mich nicht mehr mit Bergrechten und Kuxen an Tiroler Silber zufriedengeben. Ein Federstrich reicht, und sämtliches Erz in den Bergen Österreichs hat keinen Wert mehr als Pfand oder Sicherheit.«
»Ach«, sagte Jakob so harmlos und unwissend wie möglich. Er wollte auf keinen Fall verraten, dass ihm bei der Bemerkung des Vetters ein Licht aufging. Auch er hatte immer wieder an die Gefahren gedacht, die ihm drohen konnten, wenn er sich in Geschäfte mit dem römischen König und seinem Vater, dem Kaiser, einließ. Derartige Vereinbarungen und Verträge waren etwas ganz anderes als Schuldscheine und abgetretene Eigentumsrechte von Sigismund.
»Vergiss die Reichsinteressen nicht«, riet Lukas Fugger mit einer Geste, die besonders familiär und großherzig wirken sollte. Es war, als würde er seinen Arm bereits schützend und väterlich um Jakob legen wollen. Der aber lächelte und trat zugleich einen halben Schritt zurück.
»Ich danke dir für deinen guten Rat«, sagte er und neigte ein wenig den Kopf. Lukas warf den Kopf in den Nacken und blickte ihn prüfend an.
»Das solltest du wirklich ernst nehmen, Jaköble. Das Erz in den Bergen gehört zwar dem König, aber es gehört auch dem Reich, wenn es in Not gerät. Und wenn Maximilian Silber und erst recht Kupfer und Messing für Kanonen benötigt, wird er dir keinen Heller mehr für dein Eigentum zahlen, sondern behaupten, dass das Wohl des Reiches den Vorrang vor allen Verträgen hat …«
»Und du?«, fragte Jakob nach einer Pause, mit der er seine Bewunderung für diese Auskunft ausdrücken wollte. »Welche Sicherheiten lässt du dir geben, wenn du mit den Habsburgern handelst und ihnen Kredit gewährst?«
»Kein Erz, Jaköble, ganz bestimmt kein Erz. Wenn einer klug ist wie ich, dann lässt er nicht einen in die Bürgschaft eintreten, sondern ein Dutzend oder auch Hunderte, ja Tausende zugleich.«
»Das klingt in der Tat sehr weise«,
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