Jakob der Reiche (German Edition)
Sigismund einigen Kirchenfürsten gab. Diese Herren dürfen sich ihre Hände nicht mit Zinsen und Wechseln und anderen unschicklichen Geldgeschäften beschmutzen, wie sie den Juden erlaubt sind. Aber ich weiß natürlich, dass einige Bischöfe auch in Eurer Gesellschaft große Summen eingelegt haben, mit denen Ihr dann arbeitet. Mir aber gibt keiner dieser frommen Herren auch nur einen Gulden. Und wisst Ihr auch, warum nicht?«
Jakob Fugger legte ebenfalls die Hände auf den Rücken und lächelte. »Weil sie ebenso gut wie ich bis auf den Boden Eurer Reichskasse sehen können. Ihr habt nichts, womit Ihr handeln könntet, Majestät.«
»Ja, zum Teufel, genau das ist es doch!«, fluchte der König. »Die Ungarn marodieren in Wien, die Türken erobern meine Burgen, die Fürsten verweigern mir jegliche Unterstützung, und von den Städten in den burgundischen Niederlanden bläst mir der eisige Wind ins Gesicht. Selbst meine Braut in der Bretagne kann ich nicht schützen, falls der König von Frankreich seinen Anspruch auf Anna mit Nachdruck geltend macht.«
»Aber ich weiß, dass Euch sehr viele Kredite anbieten, zumindest die Gossembrots, Baumgartners und alle anderen, die auf der Liste der Gläubiger Sigismunds stehen.«
»Das ist es ja«, stöhnte Maximilian. »Sie wollen ihr Geld zurück und kein neues hergeben. Doch wie soll ich dann Sigismunds Schulden bezahlen, die Burgen des Reiches von den Türken auslösen und neue Landsknechte in Böhmen anwerben? Für all das fehlen mir glatt hunderttausend Gulden.«
»Ihr könnt sie bekommen.«
Maximilian starrte Jakob Fugger ungläubig und dann beinahe belustigt an. »Ihr meint, das Haus Fugger von der Lilie gibt mir hunderttausend auf die leeren Kassen des Reiches?«
»Genauso ist es – auf die Kassen des Reiches. Ich will keine Kuxe von Euch, keine Bürgschaften von irgendwelchen Bergwerken oder das goldene und silberne Tafelgeschirr der Habsburger – jedenfalls jetzt noch nicht. Mir reicht als Sicherheit die leere Kasse Eures Reiches.«
Maximilian pfiff leise durch die Zähne. »Ihr seid ein verdammter Fuchs, Jakob Fugger. Ihr wisst genau, dass die Kassen, die heute leer sind, Jahr für Jahr neu gefüllt werden. Nicht sehr reichlich zwar, sondern schändlich gering – aber sie kommen, die Abgaben.«
»So sicher wie das Amen nach der Predigt«, sagte Jakob und nickte. »Und wenn ein Jahr nicht ausreicht, dann bin ich bereit, auch über mehrere Jahre zu reden.«
»Ich soll Euch also die Einnahmen des Deutschen Reiches bereits im Voraus verpfänden und dafür wahrscheinlich auch noch Zinsgelder zahlen.«
»Braucht Ihr die hunderttausend oder nicht?«, fragte Jakob trocken.
»Ich brauche deine verdammten Kredite, Jakob!«, drängte der König nun wieder im vertraulichen Tonfall. »Beschaff mir das Geld so schnell wie möglich, und nicht weniger als hunderttausend – zunächst …«
Ulrich und Georg Fugger wehrten sich mit aller Kraft gegen das, was ihnen der jüngere Bruder mit klarer, ruhiger Stimme soeben erläutert hatte. Die drei hatten gemeinsam im neuen Haus am Rindermarkt gespeist. Jakob bestand darauf, dass sie zusammen zu Tisch gingen, während er ihnen nach und nach klarmachte, was er wirklich wollte.
»Wahrscheinlich habt ihr beobachtet, wie das Haus Tassis sein Postrecht inzwischen zu einem Monopol im gesamten Reich ausbauen konnte. Genau das Gleiche habe ich auch mit uns vor. Ihr habt mich seinerzeit zu unseren Faktoreien geschickt, damit ich lerne, wie es in der Welt aussieht. Aber diese Welt wird immer größer und wächst zugleich zusammen …«
Er dachte an den Globus von Martin Behaim. Kaum vier Jahre waren vergangen, seit sie zum ersten Mal darüber gesprochen hatten, und jetzt waren bereits Karavellen mit Männern in Richtung Westen unterwegs, die tatsächlich den Seeweg nach Indien finden sollten.
»Andere Handelshäuser finanzieren Expeditionen um die Südspitze von Afrika herum oder so weit nach Osten, dass sie sogar Indien hinter sich lassen«, fuhr er fort. »Möglicherweise sind wir nicht für solche Abenteuer geeignet und müssen diese Unternehmen Konkurrenten wie den Welsern überlassen.«
Er stockte und schien in große Ferne zu sehen. »Angeblich haben sie zusammen mit den Portugiesen einen Kontinent weit im Südwesten entdeckt«, sagte er. »Und wenn all das zutrifft, was inzwischen an wilden Gerüchten über die Neue Welt und die phantastischen Entdeckungen in allen Himmelsrichtungen erzählt wird, dann brauchen die
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