Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles
ich ohne dem Alcalden zu nahe treten zu wollen in seiner Stadt lediglich mein zweites Frühstück eingenommen und mich anschließend wieder auf den Weg gemacht.
Die Straße war auch heute wenig befahren, so dass man auch auf ihr die Landschaft genießen konnte, soweit der Regen und der durch die entgegenkommenden LKWs aufgewirbelte Wasserschleier dieses zuließen.
Erst kurz vor Pamplona bedauerte ich meine Wegwahl. Meine Bequemlichkeit, nicht zu der von mir verpassten Abzweigung zurück zu gehen, forderte ihren Tribut, indem ich entlang der sehr stark frequentierten Einfallstraße nach Pamplona marschieren musste. Nun ja!
Jedenfalls konnte ich heute wegen den inhalierten Kraftstoffdämpfen keinen Sauerstoffschock bekommen.
In Pamplona angekommen suchte ich sogleich die Pilgerherberge auf. Vor der verschlossenen Türe wartete bereits eine Niederländerin auf Einlass. Geraume Zeit darauf brachte sie in Erfahrung, dass die Pilger im nicht weit entfernt liegenden Konventgebäude untergebracht werden würden. Vertrauend auf den Wahrheitsgehalt dieser Information suchten wir beide das Konventgebäude auf und fanden tatsächlich eine Herberge vor, in der wir auch unterkamen. Da wie auch in den vorherigen Herbergen die Leute zum Duschen und Kleiderwaschen anstanden, begab ich mich nach Entledigung meines Gepäcks zur Stadtbesichtigung.
Die erste Station war das Portal de Francia, ein Stadttor der mittelalterlichen Befestigungsanlage, durch das seit je her die Pilger in die Stadt gelangten. Da ich jedoch nicht den ausgewiesenen Pilgerweg sondern die Nationalstraße gegangen war, blieb mir nur die Vorstellung, wie ich mich beim Anstieg zur Stadt und beim Durchschreiten dieses imposanten Tores gefühlt haben könnte. Hernach besichtigte ich die Kathedrale sowie die Kirche San Saturnino, in der eine Skulptur der Schutzheiligen Pamplonas, die Virgen del Camino, ausgestellt war. Nicht ganz ohne ein mulmiges Gefühl nutzte ich - für jeden sichtbar - die Gelegenheit, mich an der durch ein Bodenheizgitter aufsteigenden Warmluft zu erwärmen, denn auch heute konnte man nur von frühlingshaften Temperaturen träumen.
Noch schnell das hübsche, barocke Rathaus angeschaut, war es an der Zeit, mir ein neues Schweißtuch, einen neuen kleinen Schirm sowie Futteralien nebst Getränken für mein heutiges Abend- und morgiges Mittagessen zu kaufen.
Wie erwartet, waren um diese Abendzeit beide Duschen frei, so dass ich mit einem Gefühl der Frische mich zum Abendessen zu den anderen Leuten an den großen Herbergstisch setzen konnte.
Zwar hatte ich mir zuhause vorgenommen, mindestens einen ganzen Tag lang Pamplona zu besichtigen, jedoch schien sich die Einschätzung eines Bekannten von zuhause zu bewahrheiten, wonach der Drang nach Santiago de Compostela weiterzuwandern umso stärker werden würde, je mehr man sich dieser heiligen Stadt nähere. So wollte auch ich morgen meine Tour fortsetzen und war gerne bereit, auf die übrigen Sehenswürdigkeiten Pamplonas zu verzichten.
Dienstag, den 11.05.:
Wie üblich fing es schon sehr früh im Schlafsaal zu rascheln an. Der Tag und mit ihm auch die Pilger erwachten.
Zum Frühstücken setzte ich mich an den großen Tisch im Gemeinschaftsraum. Hierbei kam ich mit einem älteren Herrn aus Stuttgart ins Gespräch, der nebenbei in seiner Hosentasche herum gruschtelte, eine Mundharmonika hervorzauberte und auf dieser die alte, deutsche Weise spielte: „Zu Berge, zu Tale wir zieh’n Fallera“. Es war rührig, so in einer internationalen Gemeinschaft am Frühstückstisch zu sitzen, sein mit Wurst belegtes Baguette zu essen und den aus dem Herbergsautomaten herausgelassenen Milchkaffee zu trinken. Bei unserer Verabschiedung fand dieser Schwabe, der bereits vor Jahren den Jakobsweg bis Santiago de Compostela gegangen war, für mich sehr aufmunternde Worte: „Sie werden es schaffen! Sie sind der richtige Mann! Das sehe ich schon!“
Mit einem erstmals geschöpften Vertrauen auf meine konditionelle Fähigkeit brach ich auf, um den aus Pamplona herausführenden Jakobsweg zu suchen. Bis auf ein leicht quer gestelltes Wegweiserschild, das ich fälschlicherweise als Abbiegehinweis interpretiert hatte, meinen Irrtum jedoch rasch bemerkte, wurde ich bestens mittels Schildern aus Pamplona herausgelotst.
Auf meinem Weg kam ich mit Daniela, einer Schweizerin aus dem Aargau, ins Gespräch. Daniela kannte ich bereits vom Sehen her aus der Pilgerherberge in Pamplona. Sie vertraute mir an, dass sie zwei
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