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Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles

Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles

Titel: Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Gast
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mich bat, ja zu bleiben. Selbstverständlich blieb es nicht aus, dass sich auch die Herbergsleitung über dieses meines Erachtens künstlich hochgespielte Debakel informierte. Zu guter Letzt kehrte doch noch wieder Frieden ein.
    Während ich diesen Tagesbericht verfasste, kam der mir zu Hilfe geeilte Spanier nochmals auf mich zu und bemerkte hierzu: “Nicht soviel schreiben! Spanisch lernen! Mit Spanischkenntnissen wäre das nicht passiert! Einer der Deutschen hat die übrigen Deutschen gegen Sie aufgehetzt. Dieses Verhalten finde ich unmöglich!“ „Bei meiner nächsten Spanienreise werde ich Spanisch können!“ konnte ich nur dankend entgegnen.
     

Mittwoch, den 19.05.:
     
    Nach einer weniger schlafreichen Nacht begab ich mich weiterhin Gott anvertrauend wieder auf den Weg. Während ich abschließend über das gestern Geschehene nachdachte, musste ich innerlich vor mich hingrinsen. Dieses gestrige Vorkommnis könnte für einen Psychologen interessant sein. Nicht der Zustand eines Gschmäckles (Stinkens) sondern eine angeblich nicht eingehaltene Verhaltensnorm wurde gerügt. Nun ja, der Jakobsweg ist eben ein Spiegelbild unseres irdischen Daseins. Auch hier gibt es Menschen, die ihre Lebenskraft daraus schöpfen, ihren Mitmenschen unentwegt auf der Nase herum trampeln zu wollen.
    Vorbei an Belorados Kirche Santa Maria mit seinem gänzlich dem Apostel Jakobus geweihten, steinernen Nebenaltar legte ich meine Mittagspause in einem Straßencafe am Hauptplatz Belorados ein, dieses Mal jedoch nicht nur um zu rasten und mich zu stärken, sondern um endlich meine für heute überfällige Notdurft verrichten zu können. Beim Kauf eines neuen Filmes für meinen Photoapparat wurde ich von der Verkäuferin mit einem kleinen Anstecker mit dem Wappen Belorados beschenkt, den ich erfreut an meinen Hut steckte.
    Wie schon so oft traf ich auch dieses Mal zahlreiche Pilgerbekanntschaften an. So setzte sich die mir aus unserer gemeinsamen Herbergssuche in Pamplona bekannte Niederländerin zu einem kleinen Plausch (Small talk) zu mir an den Tisch und auch die mir zwischenzeitlich sehr vertraute kanadisch-französich-luxemburgische Karawane sagte beim Vorübergehen kurz Hallo. Trotz deren Alters schienen die drei Herrschaften dieser Karawane doch immer wieder annähernd dasselbe tägliche Streckenpensum zu bewältigen wie auch ich.
    Auf dem Platz tollten drei Hunde herum, wobei der Schäferhund permanent die kleine Promenadenmischung zu begatten versuchte und das in aller Öffentlichkeit. Ich gebe zu, seine vergeblichen Annäherungsversuche hatten mich schon ein wenig erheitert. Beim Anblick des mediterran gestalteten Platzes, dem blauen und sonnigen Himmel, der hoch über mir herum flatternden Schwalben und eines gravitätisch dahin segelnden Storches war das Urlaubsidyll perfekt. Meine Wanderschaft begann langsam erholsam zu werden.
    Hoch in den Fels eingegraben liegt die Einsiedelei Nuestra Señora de la Pena, die ich aufsuchte, um in meinem kleinen Taschen-gesang- und Gebetbuch, das ich mir aus meiner Grundwehrdienstzeit bei der Bundeswehr aufbewahrt hatte, ein wenig zu lesen. Im Geleitwort des Gesang- und Gebetbuches las ich u.a. die schönen Worte: „Keiner steht allein. Das gilt ganz allgemein für unser tägliches Leben, das gilt auch und besonders für das Glaubensleben. Jeder ist getragen von anderen, die mit ihm glauben, mit ihm christlich leben.“ Allein in luftiger Höhe saß ich auf einem Bänkle in einer Felsnische, geschützt vor den intensiven Sonnenstrahlen, und erfreute mich beim Anblick der Landschaft. Etwa um 17.00 Uhr konnte ich mich endlich von diesem Ort des Friedens und der Besinnung losreißen und zum Jakobsweg zurück hinabsteigen.
    Von ferne hörte man das Grollen eines nahenden Gewitters. Linker Hand zogen dunkle Regenwolken auf, rechts brannte weiter die Sonne hernieder, als ich auf einem Bänkle 3,5 km vor meinem heute anvisierten Etappenziel verschnaufte. Langsam schob sich eine tief hängende, große, dunkle Wolke gen Norden und verdeckte den Sonnenball. Ein kühler Wind kam auf. Nach 25 Tageskilometern erreichte ich zwar ermattet jedoch trocken um 19.30 Uhr das Dorf Villafranca Montes de Oca. Nur, wo ist die Albergue, wo ich mein Haupt für die Nacht niederlegen wollte?
    In meinen beiden Reiseführern war sie als großes Zeltlager beschrieben. Ich konnte doch in diesem kleinen Kaff kein Zeltlager übersehen haben, musste ich grübeln.
    Ich irrte hin und her und fragte diesen und fragte jenen.

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