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Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles

Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles

Titel: Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Gast
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mein Wissen und ohne, dass ich ihm hierfür danken hätte können, die Rechnung unserer Getränke insgesamt beglichen hatte und ohne sich zu verabschieden gegangen war. Mir blieb als Dank nur die Erinnerung an diesen netten Abend mit ihm.
     

Donnerstag, den 17.06.:
     
    Da ich mich nicht ohne Worte des Dankes an den gleichfalls im Hostal logierenden „Luxusvagabunden“ davon schleichen wollte, verfasste ich beim Frühstück in der Hostalbar kurz folgende paar Zeilen und übergab sie der Wirtin mit der Bitte, diese dem gestrigen Spender auszuhändigen:
     
„ Viduedo, den 17.04.2004
An den
Unbekannten mit dem
Großen Herzen
Ohne mich für den gestrigen, netten Abend bedankt zu haben, will ich Viduedo nicht verlassen. Daher bleibt mir einzig diese Art und Weise, dieses zu tun. Herzlichen Dank für alles! Ich war schon ein wenig erstaunt, als mir die Hostalwirtin eröffnete, dass Du unsere gestrige Getränkerechnung übernommen hast, obgleich doch ich Dich zu einem Bier einlud. Auch hierfür bleibt mir als Dank nur die Erinnerung an den gemeinsam so schön verbrachten Abend. Ich wünsche Dir alles Gute und Gottes Segen auf Deinem weiteren Lebensweg!
Uli. “
     
    Gerade als ich aufbrechen wollte, kam der Herr „Luxusvagabund“ daher, so dass ich mich mit einem Getränk revanchieren konnte. Mein von der Wirtin ihm in meiner Gegenwart zugestecktes Dankschreiben legte er mit den Worten bei Seite, er werde dieses später lesen.
    Der Weg schlängelte sich langsam hinab nach Triacastela. Der Blick hinunter in die Täler war ergötzend. Kurz vor Triacastela stieß ich auf einen schattigen, öffentlichen Rastplatz. Die aus Schiefergestein bestehenden Tisch- und Sitzbankplatten standen auf Baumstümpfen. Vorbei trieb ein Viehhirte seine hintereinander gemächlich daher ziehenden Kühe. Von einem gleichfalls hier rastenden Pärchen bekam ich eine Scheibe Honigmelone angeboten, die ich dankend entgegen nahm, mit meinem Taschenmesser schälte und in Happen zerkleinerte. Hernach aß ich noch den seit Tagen mit mir herum geschleiften Apfel und die Orange. Wie schön ist doch die Pilgerei, wenn man sie locker und nicht verbissen angeht.
    In Triacastela wollte ich seit langem wieder einmal Lebensmittel einkaufen. Der Laden hatte wahrscheinlich wegen der Mittagsruhe jedoch geschlossen. So stärkte ich mich mit flüssigem Lebensmittel, mit Bier. Meine Barschaft bedurfte langsam wieder eines Nachschubs und ich erhielt beim örtlichen Geldautomaten nichts. Schon öfters hatte ich feststellen müssen, dass ich mit meiner VR-BankCard nur bei „Telebank“-Automaten problemlos abheben konnte. Als ich in meinen Reiseführer nachschaute, um festzustellen, wie weit die nächste Herberge entfernt lag, erschrak ich kurz. Auf einer Strecke von 14 km gab es keinerlei Unterkunftsmöglichkeiten also auch keine Hostals. Ich musste somit spätestens um 22.00 Uhr in der 14 km entfernten Herberge in Calvor eingetroffen sein oder 5 km nach Sarrià weiter wandern, sofern ich nicht hier in Triacastela oder im Freien übernachten wollte. Trotz der frühabendlichen Stunde zog ich weiter. Die heute erst 7 km zurückgelegte Wegstrecke wäre für mich unbefriedigend gewesen und hätte beim Verweilen in der hiesigen Herberge zu einer inneren Unruhe geführt. Ich ging das Wagnis ein, zumal am Himmel keine Regenwolken zu sehen waren. Zuvor allerdings kaufte ich vorsorglich doch Futteralien ein.
    Auf dem Weg musste ich daran denken, dass der Jakobsweg von mir eine gehörige Portion Selbstdisziplin abverlangte. Nur konnte ich diese niemals auf meine Raucherei ausweiten. Der Versuch, damit aufzuhören, blieb immer in den Kinderschuhen stecken. Ich weiß nicht weshalb, aber im Nachhinein hatte ich den Eindruck, ich hätte absichtlich einen äußerst gemächlichen Schritt gewählt anstatt mir die Sporen zu geben.
    Beim Schreiben hatte ich solch einen hervorragenden Gedanken, der mit meinen Empfindungen übereinstimmte und dennoch sogleich verflog, bevor ich ihn zu Papier bringen konnte. Irgendwie blieb Rationalität und Emotionalität trotz meines seither bewanderten Jakobsweges für mich getrennt.
    Als ich an einen halb rondellartig angelegten Brunnenplatz nach einem längeren Anstieg gelangte, kam mir der Gedanke, hier zu übernachten. Der Ort war landschaftlich reizvoll gelegen und mit Ausnahme des Brunnenwassergeplätschers ruhig. Ich verwarf sogleich den Gedanken, nahm mein Abendessen ein und marschierte sodann weiter.
    Kurz vor der Passhöhe von Riocabo

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