Jakobsweg im Smoking
seit Roncesvalles immer wieder begegnet, hat heute ein ähnliches Tempo wie ich:
„Verstehst Du welchen Weg wir nehmen sollen?“
Ich zucke mit den Schultern.
„Nö.“
Wir stehen an einer Gabelung. Der gelbe Pfeil am Wegesrand zeigt in die Richtung, in die beide Schotterpisten ungefähr führen.
Ein anderer Pilger stoppt neben uns:
„Ich nehme den linken Abzweig und ihr geht den rechten“, schlägt er vor, „sobald wir sehen, welcher Weg der richtige ist, geben wir uns gegenseitig ein Zeichen.“
Gesagt, getan .
Kurz be vor der andere Pilger hinter der ersten Biegung verschwindet, ruft er, gestikuliert und winkt uns aufgeregt zu. Er hat die nächste Markierung entdeckt. Sein Weg ist der Camino. Chrisi und ich drehen um und laufen zurück.
Aus großen Steinen legen wir an der Gabelung einen Pfeil, damit die nächsten Pilger es leichter haben.
Später am Tag begegnen wir einem fröhlichen, australischen Ehepaar im Rentenalter:
„Ich fühle mich nur wie 68,5 an einem so schönen Tag, dabei bin ich schon fast 70…“, freut er sich und zwinkert.
„Mein Mann war bei der Armee und ist früher viel gewandert, aber wir haben diesen Deal, dass ich vorgehe und das Tempo bestimmen darf…“
„Meistens klappt das .“
E r streicht sich durch den Bart, amüsiert sich dann prächtig über meinen Sonnenschutz, den ich aus Alumatte, Windjacke und Wäscheklammern gebastelt habe.
Ich bewundere seine selbstgebaute Wä scheleine, an der er gerade Schuhe und Socken trocknet.
„Ach,“ er winkt ab.
„Ich habe zu Hause mit einer Speziallösung unsere Schuhe abgedichtet, so dass wir bei Regen keine nassen Füße bekommen“, erklärt er, „aber jetzt ist es so heiß, dass unsere Socken ständig durchgeschwitzt sind.“
Wir gehen weiter, erreichen Najera am Abend. Olé! 200 km sind geschafft. Die im Reiseführer empfohlene Albergue Alberone existiert nicht mehr, doch wir kommen in einer anderen Herberge unter. Witze machen die Runde:
„Chuck Norris liest nicht – die Bücher sagen ihm freiwillig, was er wissen will.“
Nachtwanderung durch die Meseta
Heute ist anders: Meine Beine sind fit, meine Füße wollen laufen. Mein Körper hat sich anscheinend auf das tägliche Wandern eingestellt. Der Weg und ich sind Freunde:
Am späten Vormittag erreiche ich bei strahlendem Sonnenschein Santo Domingo de la Calzada und besichtige die berühmte Kathedrale, in der ein Huhn und ein Hahn zum Gedenken an ein Wunder gehalten werden.
„Kikerikiiiiii!“, verkündet der Hahn stolz.
Ein ungewohntes Geräusch in einer Kirche.
Meine Füße wollen weiter.
Gegen die Mittagshitze schützt mich die Alumatte, die sich sehr gut als Sonnensegel bewährt.
Bocadillo in Grañón .
Erst in Villambistia , einem kleinen Dorf kurz hinter Belorado, haben meine Beine genug für heute.
51 Kilometer.
Sie grinsen stolz.
Beim Abendessen in der kleinen Dorfherberge bin ich umgeben von neuen Gesichtern:
„Hier, da steckt man die Teilstücke zusammen“, erklärt uns ein Pilger aus dem US-Bundesstaat Wisconsin.
Er hat sich einen Wanderstab zum Auseinandernehmen aus Bambus selbst gebaut.
„Den habe ich aus dem Ast eines Baumes in meinem Garten selbst geschnitzt“, präsentiert uns ein niederländi scher Pilger stolz seinen mächtigen Holzstab.
„Ich bin extra mit dem Zug angereist, damit ich ihn mitnehmen kann.“
Meine Stirnlampe möchte gerne benutzt werden, daher starte ich schon um 6.35 Uhr, kurz vor der ersten Morgendämmerung. Im gestreuten, weißen Lichtkegel der Haupt-LED ist der Weg gut zu erkennen.
In Villafranca Montes de Oca trinke ich einen Café con leche, dann geht es über die Oca-Berge. Während des steilen Abstiegs Richtung Burgos stelle ich die Länge der Trekkingstöcke auf 1,35 m und bleibe dabei. Die ersten Tage fühlten sich 1,25 m bequemer an.
Fast verirre ich mich. Jakobswegwandern ist immer ein bisschen wie Schatzsuche , man muss aufmerksam sein: Wo ist der nächste gelbe Pfeil? Wo ist die nächste Muschel?
In Burgos sind alle Brunnen kaputt.
Warum nur?
Ein alter Mann deutet lachend neben mir auf den Boden. Dort ist ein schwarzer Plastikpunkt.
Ich trete mit dem Fuß darauf.
In Burgos sind alle Brunnen heile, sie werden nur ungewohnt bedient.
Als der Abend kommt, wollen meine Beine weiter, die Stirnlampe hüpft aufgeregt auf und ab und Erzengel Michael steht freundlich nickend mit einem riesigen Flammenschwert hinter mit.
Der Wetterbericht gibt ebenfalls sein OK.
I n einem Hotel lasse ich
Weitere Kostenlose Bücher