Jakobsweg
essen Deftiges aus den großen Töpfen, die man durch die geöffnete Küchentür sehen kann. Es gibt drei Internetplätze, die halbe Stunde kostet 1 €. Wir wechseln uns alle schnell ab und schicken ein paar Zeilen nach Hause. Der Wirt hat offenbar ein Auge auf mich geworfen, zum Schreien, er möchte sich verabreden. Morgen geht es weiter. Ich bin sicher früh auf, habe eben die Flucht ergriffen und bin auf mein Zimmer gegangen.
Jetzt bin ich also in Sahagün und freue mich darüber, dass in der "Casa Escarcha", in der ich auch im letzten Jahr eine Nacht verbracht habe, alles so ist, wie es im vergangenen Jahr war. Es ist genauso sauber (sehr!!), genauso preiswert (€ 20,-- für DZ als EZ), es ist frisch gestrichen, in den Bädern kein Schimmel, die Heizung ist auch wirklich heiss und das nicht nur von 19h - 20h, das heisse Wasser kommt in der Tat mit mehr als 30° aus der Dusche! Die Wirtsleute, Mutter und Sohn, sind freundlich und liebenswert! Ums Eck, bei Luis, gibt es noch immer die leckersten Boquerones und Anchoas. Dort habe ich vorhin so eine Riesenportion Fischlein gegessen, plus einen ebenso großen gemischten Salat mit Thunfisch. Dazu 2 Gläser Wein und natürlich Brot - alles zusammen für 15 €.
Leider kann man ja nicht alles fotografieren, aber ich war gleich nach meiner Ankunft in der putzigsten Drogerie der Welt. Bestimmt 80 Jahre alt oder gar noch älter. In der Mitte ein riesiger, viereckiger Verkaufstisch, ringsherum alte Holzregale bis unter die Decke. Die waren bestimmt mal weiß. Holzfussboden in himmelblau. Es riecht nach Vogelfutter und Parfum und im 50 x 70 cm großen Schaufenster ist vom Labello über den Haushaltsreiniger, Kondome, Tierfutter, Kehrschaufeln und Grablichter alles vorhanden. Beim örtlichen Bäcker habe ich mir ein Ciabatta und etwas Käse für morgen gekauft, in der Apotheke neues Pflaster und einen Nagelschneider. Und dann bin ich mit allem Notwendigen ausgestattet in mein Hostal gegangen, unter die eben erwähnte heiße Dusche, Zehennägel geschnitten. Das ist übrigens auch so etwas, das man sehr sorgfältig machen muss: sind sie zu lang, stösst man vorne an den Schuh und das tut gemein weh. Sind sie zu kurz, dann ist der Zeh oben nicht mehr geschützt und das ist noch schlimmer! An so etwas denkt doch niemand, jedenfalls nicht, bis er einmal einen Fehler gemacht hat! Meine Haut leidet stärker als im letzten Jahr unter dem kalkhaltigen Wasser, trotz Öl. OHNE das geht ja sowieso nichts. Haare, Füsse, Körper und auch mein Gesicht wird mit O' Lionelle gepflegt. Meine Knie halten prima, links scheuert es manchmal ein kleines bisschen, aber mit den beiden Bandagen geht es wirklich super gut! Viel besser als vorher!
Annabelle hatte gestern in Düsseldorf die Prüfungen für ihr Spanisch-Diplom. Den ganzen Tag, vormittags schriftlich, am Nachmittag mündlich. Hat sie freiwillig gemacht, die Fleißige. Danach hat sie sich mit "Omi" in der Stadt getroffen zum Latte Macchiato im "Cafe Madrid"! Ich find's toll, dass sie so gerne mit Mama zusammen ist und hin fährt oder sich mit ihr in Düsseldorf trifft. Ich hatte nichts von meinen beiden Omas. Die eine ist gestorben, als ich zehn war, die andere war immer mal bei uns, aber erst in ihren letzten Lebensjahren habe ich mich gut mit ihr verstanden. Sie war immer so sehr streng mit uns!
Ok. Und nun muss ich sehen, dass ich in die Gänge komme und endlich meine Wäsche gewaschen kriege. Und zwar nicht nur von Hand, sondern mit der Waschmaschine und richtigem Waschpulver und gar Weichspüler. Den Trockner darf ich auch benutzen, alles für € 4,50. Nach einem Zwischenstop (nicht geplant) im Hostal El Cura in El Burgo Ranero, das ist knapp 20 Kilometer entfernt, habe ich mich wieder auf den Weg gemacht. Ich konnte gestern nicht mehr, bin schlecht unterwegs gewesen. Jedenfalls bin ich wie im letzten Jahr durch eine fast niederrheinisch anmutende Landschaft gelaufen.- In Reliegos steht mitten im Dorf ein völlig heruntergekommenes Haus (s. S. 100), in dem ein gestrandeter Pilger fürchterlichen Cafe feilbietet und das nur vom Dreck zusammengehalten wird. Aber der Typ ist einmalig, unheimlich nett und weiß Mördergeschichten zu erzählen. Die Herberge ist gleich um die Ecke. Der Ort ist uralt, man hat jede Menge archäologische Kostbarkeiten gefunden, das kann man nachlesen. Mich haben besonders die Höhlenbauten beeindruckt, im Ort gibt es über 50 Keller, die in die Erde gegraben sind, bzw. in die Hügel in und um Reliegos.
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