Jakobsweg
angekommen, habe ein Zimmer im Hostal gemietet und freue mich auf morgen. Vor allem aber bin ich heilfroh, dass ich es diesmal so völlig ohne Probleme hierher geschafft habe. Und das nach einer bösen TIA im April:
"Transitorische ischämische Attacke
Eine Transitorische ischämische Attacke (abgekürzt TIA ) ist eine Durchblutungsstörung des Gehirns, welche neurologische Ausfallserscheinungen hervorruft, die sich innerhalb von 24 Stunden vollständig zurückbilden. Erfolgt keine vollständige Rückbildung der Symptomatik, so handelt es sich definitionsgemäß um einen ischämischen Schlaganfall."
Nicht sprechen können, kein Gefühl im Arm und der Hand haben, nicht mehr sehen... das alles bei Bewusstsein. Mit 48 Jahren...
Ich habe dank hervorragender Ärzte und der schnellen Reaktion meiner Umgebung Glück gehabt, aber es hat doch einige Tage gedauert, bis ich alle Fähigkeiten komplett wiederhatte.
Es war eine schlimme Zeit. Als ich meinem Arzt sagte, dass ich im Winter 2008 den Jakobsweg gegangen bin, war seine Antwort: "Da haben Sie Glück gehabt, es ist unfassbar, dass Ihnen da nichts passiert ist." Ist ja auch klar: mit einem viel zu hohen, nicht eingestellten Blutdruck, untrainiert und ohne Begleitung macht man so etwas ja normalerweise auch nicht...
Ich muss mal was zum "öffentlichen Nahverkehr" in Nordspanien sagen. Die Menschen kommen also auf dem Dorf oder in der Kleinstadt an die Ecke, die irgendwer zur "Parada de autobuses" erklärt hat. Und da warten sie dann... solange, bis eben der Bus kommt. Niemand weiß das so genau, es gibt nirgends Fahrpläne, es gibt keine offiziellen Haltestellen. Sie warten halt einfach, manchmal länger, manchmal nicht... Manchmal ganz und gar vergebens. Am Abend sehr liebe SMS von Karin van der Locht und Elon Jackson. Und die allerliebste von Nini.
Heute Morgen habe ich im Hostal nur einen kleinen Cafe getrunken, bin dann langsam aus dem Ort gelaufen. Den zu erklimmenden Tafelberg und den langen Weg hinauf in die Meseta immer fest im Blick. Hinter mir kamen die beiden "Herren", die gestern Abend im Restaurant des Hostals vor unzähligen leeren Flaschen gesessen haben und sich gegenseitig ihr Leid klagten - laut genug waren sie ja. Ich bin ziemlich sicher, dass der eine der männliche Teil des französischen Paares ist, das ich letztes Jahr immer wieder beobachtet habe!
Tritt mit der gleichen Arroganz auf wie zuvor, haut sich am Morgen zum Frühstück die Orujos (Trester) rein, krakeelt herum.
Ich habe wirklich noch nie in meinem Leben ein Restaurant durch den Hintereingang verlassen, gestern Abend schon - so fies waren die!
Nun gut, ich habe also sehenden Auges diesen Berg in Angriff genommen und eigentlich ist es wie Kinderkriegen - es ist die Hölle, aber wenn Du es geschafft hast, ist der Schmerz SOFORT vorbei. Dann brauchst du nur 3 tiefe Atemzüge und einen Schluck Wasser. Genauso steil ging's auch wieder abwärts. Und dann wie immer: weiter, weiter, immer weiter. Trotz des eisigen Windes waren meine Klamotten - 4 Schichten - bis aussen hin pitschnass. Gott sei Dank merke ich das dieses Mal unterwegs nicht und die Haut wird auch nicht kalt. Ist eben gutes Zeug. Toll waren die beiden Bandagen, die ich mir schon heute früh um die Knie gemacht habe - geradezu grandios. KEINE PROBLEME, trotz der enormen Höhenunterschiede. Habe ich für gut befunden und bis zum letzten Tag beibehalten. Merke: Bandagen + Knochencreme = keine Schmerzen!!! Es ist überhaupt jeden Morgen ein ziemlicher Aufwand, bevor ich mich dann tatsächlich aufmachen kann: pflastern, schmieren, Socken faltenfrei anziehen, dabei genügend Luft zwischen Schuh und den Zehen lassen. Die Schuhe RICHTIG schnüren; den Rucksack jeden Tag neu justieren, sonst wird's schon mal sehr böse.- Der Weg nach Itero de la Vega ist wunderschön, über den Berg in die Meseta, dann wieder abwärts. Die Sicht ist sogar bei diesigem Himmel unglaublich.
Beim Abstieg bin ich - wie beinahe jeden Tag - an einem Gedenkstein für einen Pilger vorbei gekommen, der zehn Tage zuvor dort sein Leben gelassen hat. Ob man will oder nicht - es berührt einen seltsam, immer wieder. Ich meine, ein jeder geht diesen Weg, um etwas zu suchen und/oder zu finden - und dann stirbst du ausgerechnet auf dieser Suche nach Dir und Deinem Leben und dem da oben oder irgend etwas anderem.
In Itero de la Vega gibt es eine brandneue Herberge, da saßen ein paar Leute, die ich schon in Uterga gesehen habe - und die Herren von gestern. Bin gleich
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