Jakobsweg
Heizung auf volle Pulle, ein Bad genommen und einen Gin Tonic (jawohl!!)in der Cafeteria getrunken. Im Museum war ich ganz alleine, das war fast unheimlich. Es ist Teil der Kathedrale und völlig verwinkelt und sooooo dicke Mauern. Aber toll, vor allem die Bibeln aus dem Jahr 945 sind wunderbar erhalten. Bilder, auf Holz gemalt aus dem 12./13./14. Jahrhundert. Bischofsmäntel und -Schuhe, alter Schmuck, Kronen, Geschirr - einfach unglaublich.
Auch diese Kathedrale ist sehr schön, mein Eindruck ist so wie im letzten Jahr! Leider ist sie z.Zt. nur am Abend zur Messe geöffnet, denn auch hier wird kräftig restauriert, fast alles ist eingerüstet. Wie im letzten Jahr waren auch gestern wie-der alle Bänke auf dem Platz zwischen Kathedrale und Palacio Gaudí besetzt. Ich würde gerne mehr Fotos machen von diesen alten Männern und Frauen, deren Gesichter ihr Leben erzählen. Aber stören will ich sie auch nicht.
Ich war richtig gut drauf heute, frei von jedem Zweifel und im Reinen mit mir und dem Rest der Welt. Dieses Gefühl der absoluten Leichtigkeit habe ich nur hier oben - und auch nicht immer - wo ich völlig allein mit mir bin, ohne jede Ablenkung und einzig auf das "große" Ziel konzentriert. Oder eben auch auf gar nichts. Welch ein Luxus, eine solche Reise ohne Unterbrechung machen zu dürfen, nicht "vom Weg abzukommen" also.
Ich stelle es mir schwierig vor, nach einer Unterbrechung von beispielsweise einem Jahr mittendrin wieder anzufangen. Viele machen das ja so. Ich brauche immer ein paar Tage, um hier anzukommen, mich richtig zu fühlen, die Eile und Hetze abzustreifen und mich "in Ruhe" auf den Weg zu machen! Schön war es heute früh auf meinem Weg von Astorga nach Rabanal del Camino, via Murias de Rechivaldo, Santa Catalina de Somoza und El Ganso...
Jetzt bin ich hier, in "La Posada de Gaspar". Letztes Jahr habe ich in diesem alten, restaurierten Haus nur gegessen; heute werde ich hier übernachten. Der Weg hierher war wunderbar, habe insgesamt 6 Stunden gebraucht, mit 30 Minuten Pause unterwegs. Finde ich sehr ordentlich. Morgens hatte ich mir am Automaten einen Cafe geholt, mein Bocadillo dabei + 2 Mini-Babybel und damit habe ich mich dann auf den Weg gemacht. Wunderschöner Himmel, ein Sonnenaufgang wie aus dem Bilderbuch und ich ganz allein unterwegs, kein Auto, kein Mensch, kein nix. Unendliche Stille und Weite - letztes Jahr ist mir hier zum ersten Mal klar geworden, wie viel Lärm in der Welt ist. Und hier höre ich nur mein Atmen, meine Schritte auf dem steinigen Grund und meine Stöcke, die ich in den Boden ramme. Den Wind, die Vögel.
Ich hätte den Weg aus dem Gedächtnis malen können, es geht stetig leicht bergan und nach einer ganzen Weile erst bemerkt man, wie hoch man schon ist. Allerdings habe ich mir die letzten 2,2 Kilometer durch den Wald erlassen und bin gleich die Strasse gelaufen. Ich weiß noch zu gut, wie ich letztes Jahr völlig fertig 1 1/2 Stunden bergauf und bergab da durch das Gestrüpp gestolpert bin - nur, um nach der langen Zeit wieder auf die gleiche Strasse zu gelangen, ganze 500 mtr weiter. Und das hab' ich mir diesmal schlicht geschenkt! Der Ort scheint mir noch verlassener als 2008, möglicherweise liegt es daran, dass das zweite Gasthaus in der Hauptstrasse geschlossen ist.
Ebenso wie sämtliche Herbergen und immerhin gibt es davon 3 in diesem Örtchen. Lediglich "Nuestra Senora de Pilar" von Isabel ist geöffnet; dort war ich im letzten Jahr und es hat mir gut gefallen, war nur sehr kalt! Ganz Rabanal ist wie ausgestorben, keine Bewegung auf der Strasse. Nur Wind und Wolken, die Temperaturen sind ziemlich in den Keller gegangen. Aber immer noch kein Vergleich zu 2008.-
Es scheint für die meisten Menschen unvorstellbar zu sein, dass hier nichts und niemand ist. Ich rede ausser "Bitte" und "Danke" und "haben Sie ein Bett für mich" nahezu kein Wort. Gut, meine Essensbestellungen - aber das war es dann! Und das wochenlang. Ich habe ja schon geschrieben, dass ich mich auf diesem Weg noch mehr zurückgezogen habe, als beim ersten Mal. Nun bin ich aber ja auch schon ein erfahrener "alter" Pilger und zehre von meinen Erfahrungen. Den guten wie den schlechten. Auch deshalb habe ich mich ganz anders vorbereiten können!
Meine Daheimgebliebenen können sich überhaupt nicht vorstellen, dass ich am Mittag immer unterwegs bin, dass ich nicht bei Regen und Wind irgendwo mittendrin stehenbleiben und meine Stöcke in den Boden oder sonst wohin rammen will, nur um zu
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