James Bomb 1 - James Bomb 006 jagt Graf Dracs
geschenkt. Ein männlicher Nachkomme ist mir versagt geblieben. Meine Töchter sind zwar, wie Sie bemerkt haben werden, die für mich heißgeliebtesten Geschöpfe dieser Welt“ — Bomb fiel auf, daß er das Wörtchen „dieser“ besonders betonte — , „aber“, so fuhr Graf Dracs fort „in dieser alten transsylvanischen Gegend gelten patriarchalische Regeln, die es unmöglich machen, daß dereinst mein« Töchter denselben Rang einnehmen, wie ich es jetzt tue. Außerdem gelten sie durch ihren körperlichen Makel als gezeichnet und werden gemieden. Ach ja“, sagte der alte Graf und stützte seufzend das Haupt in seine knochige Hand, „auch unsereins hat sein Bündel zu tragen.“
Bomb schwieg verlegen und erschüttert. Es berührte ihn peinlich, daß dieser so mächtige und nach außen so harte Mann sich ihm so rückhaltlos offenbarte.
„Ich war während Ihrer Abwesenheit“, fuhr der greise und jetzt zusammengesunkene Mann fort, „bei einem guten alten Jugendfreund in unserer Hauptstadt. Er ist ein ausgezeichneter Arzt und Ordinarius an der dortigen geriatrischen Klinik. Ich ließ mich untersuchen und mußte mir sagen lassen, daß es mit meiner Gesundheit nicht zum besten steht. Nichts Akutes, gewiß, aber die Zeichen mehren sich, daß die Zeit naht, mein Haus zu bestellen.“
Graf Dracs stützte den Kopf in seine Hände und verbarg sein Antlitz.
„Nun läßt sich zwar manches noch überspielen und überschminken, die Wahrheit aber läßt sich immer nur mühsamer verbergen“, fuhr der Graf fort, und Bomb sah erschüttert, wie zwei Tränen zwischen den hageren Fingern hervorquollen und die gebräunten Wangen hinabliefen, wobei sie bleiche Bahnen hinterließen. Das war also gar keine echte Sonnenbräune, sondern nur getönt. Bomb beschlich ein ungutes Gefühl. Er versuchte klar zu denken, aber der reichhaltig genossene Alkohol machte es ihm nicht leicht.
„Nichts wäre beruhigender für einen alten Mann wie mich“, fuhr der Graf fort, nachdem er sich wieder etwas gefaßt zu haben schien, „als wenn er sein Lebenswerk, seine Besitzungen, seine noch unverwirklichten Pläne und nicht zuletzt seine geliebten Kinder in jungen, energischen, zielstrebig zupackenden Händen wüßte. Sagen Sie jetzt nichts, James, ich fordere auch heute von Ihnen noch keine Antwort. Überdenken Sie mein Angebot reiflich, bevor Sie sich entscheiden. Denn wenn Sie jetzt ja sagen, James, ist es unwiderruflich, dann ist es endgültig, denn wenn ich Sie einmal in die Geheimnisse meines Wirkens und meiner Welt“ — er betonte das Wort „meiner“ in der gleichen merkwürdigen Weise, wie er vor wenigen Augenblicken das Wort „dieser“ betont hatte — , „wenn Sie also in diese Geheimnisse einmal eingeweiht sind, dann gibt es kein Zurück mehr.“
Bomb versuchte zu begreifen.
Der Alte bot ihm anscheinend sein Reich, politische und wirtschaftliche Macht und seine zwei bildhübschen Töchter obendrein an. Er war sicher x-facher Millionär. Was waren dagegen das jämmerliche Monatssalär und der kümmerliche Spesenetat eines Agenten Ihrer Majestät, ganz zu schweigen von der Hungerleiderpension, die ihn danach, wenn er es überhaupt erlebte, erwartete.
Bomb schüttelte ungläubig den Kopf.
Jetzt ganz cool bleiben, dachte er, nur keine Fehler jetzt.
Es gelang ihm, sich schweigend und der Feierlichkeit der Situation entsprechend zu verneigen. Dann hob er die Hand.
„Exzellenz, Graf“, sprach er stockend und, wie er hoffte, beeindruckend, „ich weiß die Ehre zu schätzen, die Sie mir mit dieser Unterredung gewähren. Ich werde mit Sorgfalt und mit Ernst Ihre Worte überdenken und Ihnen in angemessener Frist, aber so bald als möglich, meine Antwort zuteil werden lassen.“
„Das freut mich, James“, rief der alte Graf bewegt.
Er packte des jüngeren Hand und hielt sie für Augenblicke in den seinen.
„Aber nun fordert die Jugend ihr Recht. Gehen Sie, mein Freund. Carmilla und Millarca harren Ihrer ungeduldig. Mich alten Mann aber entschuldigen Sie. Die späte Stunde und das Alter verlangen ihren Tribut.“
26
Sie tranken Champagner aus den Schalen ihrer Hände, aus den Quellen ihrer Münder und aus den Kelchen ihrer Nabel. Sie fütterten sich mit ihren Zungen, kosteten an ihren Körpern und labten sich an ihren Gliedern.
Das riesige, mit schwarzem Satin bezogene Bett Carmillas und Millarcas war Himmel und Hölle zugleich.
Es war das Paradies, das Nirwana, der Blocksberg, die Insel der Seligen, der Dschungel
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