James Bond 01 - Casino Royale (German Edition)
bestellte eine Flasche Veuve Clicquot sowie Rührei mit Speck.
Eine Weile lang saßen sie schweigend da und lauschten der Musik. Dann wandte Bond sich an Vesper. »Es ist wundervoll, hier mit Ihnen zu sitzen und zu wissen, dass der Auftrag erledigt ist. Es ist ein schönes Ende für den Tag – die Belohnung.«
Er erwartete, dass sie lächeln würde. »Ja, nicht wahr?«, erwiderte sie in recht sprödem Tonfall. Sie schien darauf konzentriert zu sein, der Musik zu lauschen. Sie hatte einen Ellbogen auf den Tisch und ihr Kinn auf ihre Hand gestützt, allerdings auf den Handrücken statt auf die Handfläche, und Bond bemerkte, dass ihre Knöchel weiß hervortraten, als ob sie die Hand zur Faust geballt hätte.
Zwischen dem Daumen und den ersten beiden Fingern der rechten Hand hielt sie eine von Bonds Zigaretten, wie ein Künstler seinen Zeichenstift halten würde, und obwohl sie gelassen rauchte, strich sie die Zigarette hin und wieder im Aschenbecher ab, ohne dass sich Asche daran befunden hätte.
Bond bemerkte diese Kleinigkeiten, weil er sich ihrer Präsenz intensiv bewusst war und sie in seinen eigenen Zustand der Wärme und der entspannten Sinnlichkeit ziehen wollte. Doch er akzeptierte ihre Zurückhaltung. Er nahm an, sie sei auf ein Verlangen zurückzuführen, sich vor ihm zu schützen. Oder es war ihre Reaktion auf die Kaltschnäuzigkeit, mit der er ihr früher an diesem Abend begegnet war, seine bewusste Kaltschnäuzigkeit, von der er wusste, dass sie sie als Zurückweisung empfunden haben musste.
Er war geduldig. Er trank Champagner und sprach ein wenig über die Ereignisse des Tages sowie über Mathis’ und Leiters Persönlichkeiten und die möglichen Konsequenzen für Le Chiffre. Er war diskret und erwähnte lediglich die Aspekte der Mission, über die sie in London informiert worden sein musste.
Sie antwortete oberflächlich. Sie sagte, natürlich hätten sie die beiden bewaffneten Männer bemerkt, sich aber nichts dabei gedacht, als sich der Mann mit dem Stock hinter Bonds Stuhl gestellt habe. Sie seien nicht davon ausgegangen, dass im Casino selbst etwas gegen ihn unternommen werden würde. Gleich nachdem Bond und Leiter in ihr Hotel zurückgegangen waren, hatte sie in Paris angerufen und Ms Vertreter das Ergebnis des Spiels mitgeteilt. Sie hatte vorsichtig sprechen müssen, und der Agent hatte kommentarlos aufgelegt. Sie sollte diesen Anruf unabhängig vom Ausgang des Spiels tätigen. M hatte verlangt, dass die Information zu jeder Tages- oder Nachtzeit persönlich an ihn weitergeleitet wurde.
Das war alles, was sie sagte. Sie nippte an ihrem Champagner und schaute Bond kaum an. Sie lächelte nicht. Bond war frustriert. Er trank eine Menge Champagner und bestellte eine weitere Flasche. Das Rührei wurde serviert, und er aß schweigend.
Um vier Uhr wollte Bond gerade nach der Rechnung verlangen, als der
maître d’hôtel
an ihrem Tisch erschien und nach Miss Lynd fragte. Er reichte ihr eine Notiz, die sie entgegennahm und eilig las.
»Oh, es ist nur Mathis«, sagte sie. »Er bittet mich, in den Eingangsbereich zu kommen. Er hat eine Nachricht für Sie. Vermutlich ist er nicht angemessen gekleidet und kann deswegen nicht selbst herkommen. Es wird nicht lange dauern. Vielleicht können wir danach gehen.«
Sie schenkte ihm ein angespanntes Lächeln. »Ich fürchte, ich bin heute Abend keine gute Gesellschaft. Es war ein nervenaufreibender Tag. Tut mir leid.«
Bond erwiderte etwas Oberflächliches und stand auf. »Ich lasse die Rechnung bringen«, sagte er und beobachtete, wie sie die paar Schritte zum Ausgang machte.
Er nahm wieder Platz und zündete sich eine Zigarette an. Er fühlte sich völlig ausgelaugt. Plötzlich wurde ihm klar, wie müde er war. Die Stickigkeit dieses Raums setzte ihm zu, genauso wie sie ihm in den frühen Morgenstunden des Vortags im Casino zugesetzt hatte. Er verlangte die Rechnung und nahm einen letzten Schluck Champagner. Er schmeckte bitter, wie es beim ersten Glas, das man zu viel trank, immer der Fall war. Er hätte gern Mathis’ fröhliches Gesicht gesehen und seine Nachricht gehört, vielleicht sogar ein paar beglückwünschende Worte.
Plötzlich kam ihm die Nachricht an Vesper seltsam vor. Diese Vorgehensweise passte nicht zu Mathis. Er hätte sie beide gebeten, ihn an der Bar des Casinos zu treffen, oder wäre einfach zu ihnen in den Nachtclub gekommen, egal, wie er gekleidet war. Sie hätten zusammen gelacht, und Mathis wäre aufgeregt gewesen. Er hatte
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