James Bond 03 - Moonraker (German Edition)
nächsten Tag würde er versuchen, herauszufinden, was genau Tallon so verdächtig vorgekommen war, dass er den Minister darüber hatte informieren wollen. Er hatte keine Ahnung, was das sein mochte. In Tallons Zimmer, das er nun vermutlich beziehen würde, war nichts gefunden worden. Tja, das würde ihm wenigstens jede Menge freie Zeit verschaffen, um Tallons Aufzeichnungen durchzugehen.
Bond konzentrierte sich aufs Fahren, als er an der Küste entlang nach Dover hinunter brauste. Er hielt sich links, ließ schon bald die Stadt hinter sich und passierte das wundervolle Schloss.
Über dem Gipfel des Hügels hingen tiefe Wolken, und ein paar vereinzelte Regentropfen platschten auf seine Windschutzscheibe. Vom Meer wehte eine kalte Brise heran. Die Sicht war schlecht, und er schaltete die Scheinwerfer ein, während er langsam die Küstenstraße entlangkroch. Zu seiner Rechten erhoben sich die rubinroten Masten der Swingate-Radiostation wie erstarrte Feuerwerksfontänen.
Die Agentin? Er würde aufpassen müssen, wie er Kontakt zu ihr aufnahm, und darauf achten, dass er sie nicht beunruhigte. Er fragte sich, ob sie ihm irgendwie nützen könnte. Nach einem Jahr in der Anlage dürfte sie als Privatsekretärin des Chefs ausreichend Gelegenheiten gehabt haben, das Projekt bis ins kleinste Detail zu untersuchen – genau wie Drax selbst. Und ihr Verstand war genau wie Bonds in Spionage geschult. Doch er würde damit rechnen müssen, dass sie sich ihm gegenüber misstrauisch und vielleicht auch abweisend verhielt. Er fragte sich, wie sie wirklich war. Auf dem Foto in ihrer Personalakte bei Scotland Yard hatte sie attraktiv, aber recht ernst ausgesehen, und jeglicher Hinweis auf etwas Verführerisches war von der freudlosen Jacke ihrer Polizeiuniform verdeckt worden.
Haar: kastanienbraun. Augen: blau. Größe: 169 cm. Gewicht: 57 kg. Hüftumfang: 96 cm. Taillenumfang: 66 cm. Brustumfang: 96 cm. Besondere Merkmale: Muttermal auf der rechten Brust.
Hm!, dachte Bond.
Er verdrängte die Statistik aus seinen Gedanken, als er nach rechts abbiegen musste. Auf einem Schild stand Kingsdown, und in der Nähe leuchteten die Lichter eines kleinen Gasthauses.
Er hielt an und stellte den Motor ab. Über seinem Kopf hing ein Schild, auf dem in verblassten goldenen Buchstaben die Worte »World Without Want« standen. Es schaukelte ächzend in der salzigen Brise, die von den knapp einen Kilometer entfernten Klippen herüberwehte. Bond stieg aus, streckte sich und ging auf die Tür des Pubs zu. Sie war verschlossen. Wegen Reinigungsarbeiten geschlossen? Er versuchte es an der nächsten Tür, die sich öffnete und ihm Zugang zu einer kleinen privaten Bar gewährte. Hinter der Bar stand ein schwerfällig aussehender Mann in einem kurzärmeligen Hemd und las eine Abendzeitung.
Er sah auf, als Bond eintrat, und ließ die Zeitung sinken. »’n Abend, Sir«, grüßte er und war offensichtlich erleichtert, einen Gast zu sehen.
»Abend«, erwiderte Bond. »Einen großen Whisky Soda, bitte.« Er setzte sich an die Bar und wartete, während der Mann zwei Teile Black & White einschenkte und das Glas zusammen mit einer Karaffe voller Sodawasser vor ihn stellte.
Bond füllte das Glas mit dem Wasser auf und trank. »Schlimme Sache, was hier gestern Abend passiert ist«, bemerkte er und stellte das Glas ab.
»Schrecklich, Sir«, stimmte der Mann zu. »Und schlecht fürs Geschäft. Sind Sie von der Presse, Sir? Hier sind heute den ganzen Tag lang nur Reporter und Polizisten ein- und ausgegangen.«
»Nein«, sagte Bond. »Ich bin hier, um den Job des Kerls zu übernehmen, der erschossen wurde. Major Tallon. War er einer Ihrer Stammgäste?«
»Er kam nur das eine Mal her, Sir, und das war sein Ende. Jetzt ist mein Laden für eine Woche gesperrt und muss von oben bis unten neu gestrichen werden. Aber ich muss sagen, dass Sir Hugo sich in der Angelegenheit höchst anständig verhalten hat. Er hat mir heute Nachmittag fünfzig Pfund zukommen lassen, um für den Schaden zu bezahlen. Er muss ein feiner Kerl sein, dieser Drax. Hat sich in dieser Gegend ziemlich beliebt gemacht. Er ist immer sehr großzügig und hat für alle stets ein freundliches Wort übrig.«
»Ja. Ein guter Mann«, bestätigte Bond. »Haben Sie gesehen, wie es passiert ist?«
»Den ersten Schuss habe ich nicht gesehen, Sir. In diesem Moment habe ich gerade ein Pint serviert. Dann habe ich natürlich aufgeschaut. Hab das verdammte Pint vor Schreck auf den Boden fallen
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