James Bond 04 - Diamantenfieber (German Edition)
Linie. Das kantige Kinn war sichtbar gespalten, und am Kiefer traten die Muskeln hervor. Er trug einen weiten schwarzen Einreiher, ein weißes Hemd und eine fast schnürsenkeldünne schwarze Krawatte, die von einer goldenen Krawattennadel in Form eines Speers gehalten wurde. Seine langen Arme hingen entspannt an seinem Körper herunter und endeten in zwei sehr großen Händen, die momentan leicht nach innen gedreht waren. Die Handrücken waren von schwarzem Haar bedeckt. Seine großen Füße steckten in teuren schwarzen Schuhen, die etwa Größe 47 hatten.
Bond schätzte ihn als unnachgiebigen und fähigen Mann ein, der erfolgreich diverse harte Schulen hinter sich gebracht hatte und so aussah, als würde er noch immer einer davon dienen.
»… und dies sind die Steine, an denen wir besonders interessiert sind«, schloss Sergeant Dankwaerts. Er warf einen Blick in sein schwarzes Notizbuch. »Ein zwanzigkarätiger Wesselton. Zwei River von jeweils etwa zehn Karat. Ein dreißigkarätiger Yellow Premier. Ein fünfzehnkarätiger Top Cape sowie zwei fünfzehnkarätige Cape Unions.« Er hielt inne. Dann sah er von seinem Notizbuch auf und starrte unverwandt in Mr Sayes harte schwarze Augen. »Sind irgendwelche dieser Steine durch Ihre Hände gegangen, Mr Saye, oder durch Ihre Firma in New York?«, fragte er ruhig.
»Nein«, antwortete Mr Saye tonlos. »Sind sie nicht.« Er drehte sich zu der Tür hinter sich um und öffnete sie. »Und nun, guten Tag, meine Herren.«
Ohne sich länger mit ihnen zu befassen, verließ er bestimmt den Raum, und sie lauschten seinen Schritten und hörten, wie er eilig ein paar Stufen hinaufstieg. Eine Tür öffnete sich und knallte zu. Dann herrschte Stille.
Sergeant Dankwaerts steckte unverzagt sein Notizbuch in seine Westentasche, nahm seinen Hut, trat in die Eingangshalle und von dort auf die Straße hinaus. Bond folgte ihm.
Sie stiegen in den Streifenwagen, und Bond nannte dem Fahrer die Adresse seiner Wohnung in der King’s Road. Als das Auto sich in Bewegung gesetzt hatte, entspannte Sergeant Dankwaerts seinen offiziellen Gesichtsausdruck. Er wandte sich an Bond. Er wirkte amüsiert. »Das hat Spaß gemacht«, sagte er fröhlich. »Eine so harte Nuss treffe ich nicht oft. Haben Sie bekommen, was Sie wollten, Sir?«
Bond zuckte mit den Schultern. »Um die Wahrheit zu sagen, Sergeant, ich weiß gar nicht genau, was ich wollte. Aber ich war froh, einen Blick auf Mr Rufus B. Saye werfen zu können. Interessanter Bursche. Entspricht nicht so ganz meiner Vorstellung von einem Diamantenhändler.«
Sergeant Dankwaerts schmunzelte. »Wenn der Diamantenhändler ist«, sagte er, »fresse ich einen Besen, Sir.«
»Was macht Sie so sicher?«
»Als ich diese Liste verschwundener Steine vorgelesen habe«, erklärte Sergeant Dankwaerts mit einem zufriedenen Lächeln, »erwähnte ich einen Yellow Premier und zwei Cape Unions.«
»Ja?«
»Zufällig gibt es die gar nicht, Sir.«
»FEUILLES MORTES«
Bond spürte den Blick des Fahrstuhlführers auf sich, als er zu Zimmer 350 am Ende des langen, stillen Flurs ging. Bond war nicht überrascht. Er wusste, dass es in diesem Hotel mehr Kleinkriminalität gab als in jedem anderen großen Hotel in London. Vallance hatte ihm einmal die große monatliche Verbrechenskarte von London gezeigt. Dabei hatte er ihn auf den Wald aus kleinen Fähnchen rund um das Trafalgar Palace aufmerksam gemacht. »Dieser Ort treibt die Männer in der Kartenabteilung in den Wahnsinn«, hatte er gesagt. »Diese Stelle wird jeden Monat so sehr durchlöchert, dass sie sie überkleben müssen, damit die Karte die Stecknadeln des nächsten Monats aushält.«
Als sich Bond dem Ende des Flurs näherte, konnte er eine recht traurige Melodie hören, die auf einem Klavier gespielt wurde. Vor der Tür zu Zimmer 350 wurde ihm klar, dass die Musik aus dem Inneren dieses Raums kam. Er erkannte die Melodie. Es war »Feuilles Mortes«. Er klopfte an.
»Herein.« Der Empfangsportier hatte angerufen, und die Stimme erwartete ihn.
Bond betrat das kleine Wohnzimmer und schloss die Tür hinter sich.
»Schließen Sie ab«, sagte die Stimme. Sie kam aus dem Schlafzimmer.
Bond befolgte die Anweisung und ging danach quer durch den Raum, bis er direkt gegenüber der offenen Schlafzimmertür stand. Als er an dem tragbaren Grammofon auf dem Schreibtisch vorbeikam, begann der Pianist mit dem Stück »La Ronde«.
Sie saß halb nackt rittlings auf einem Stuhl vor dem Toilettentisch und starrte über
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