James Bond 04 - Diamantenfieber (German Edition)
Ratsch-katsching. Ratsch-katsching.
Und wenn dann der gelegentliche silberne Wasserfall losbrach, quoll der Metallbehälter vor Münzen über, und die Spielerinnen mussten auf die Knie gehen und unter den Automaten nach einer davongerollten Münze herumtasten. Denn wie Leiter gesagt hatte, waren die meisten Spieler Frauen, ältere Frauen aus der Klasse der wohlhabenden Hausfrauen, und sie standen in Schwärmen vor den Automatenreihen wie Hennen in einer Legebatterie, während sie die angenehme Kühle des Raums und die Musik der sich drehenden Räder beruhigte, damit sie immer weiter Münzen einwarfen, bis all ihr Geld aufgebraucht war.
Dann beobachtete Bond, wie eine der Hostessen »Jackpot!« rief und ein paar der Frauen ihren Kopf herumdrehten. Der Eindruck veränderte sich augenblicklich. Nun erinnerten sie Bond an Pawlowsche Hunde, denen der Speichel aus den Maul tropfte, sobald die verräterische Glocke erklang, auf die kein Futter folgte, und er erschauderte bei dem Gedanken an die leeren Augen, die fahle Haut, die feuchten, halb geöffneten Münder und die wunden Hände dieser Frauen.
Bond wandte der Szene den Rücken zu, nippte an seinem Martini und lauschte mit halbem Ohr der Musik der berühmten Band am Ende des Raums neben dem halben Dutzend Geschäften. Über einem der Geschäfte hing ein hellblaues Neonschild mit den Worten: HOUSE OF DIAMONDS. Bond winkte den Barkeeper heran. »War Mr Spang heute Abend hier?«
»Hab ihn nicht gesehen«, erwiderte der Barkeeper. »Meistens kommt er erst nach der ersten Show vorbei. Gegen elf. Kennen Sie ihn?«
»Nicht persönlich.«
Bond bezahlte die Rechnung und schlenderte zu den Blackjack-Tischen hinüber. Am mittleren blieb er stehen. Das würde seiner sein. Um genau fünf nach zehn. Er schaute auf seine Uhr. Es war halb neun.
Der Tisch war klein, flach, nierenförmig und mit grünem Billardtuch bezogen. Acht Spieler saßen auf hohen Stühlen dem Bankhalter gegenüber, der mit dem Bauch an der Tischkante stand und jeweils zwei Karten auf acht nummerierte Felder auf dem Stoff vor den Einsätzen verteilte. Letztere bestanden hauptsächlich aus fünf oder zehn Dollarmünzen oder Jetons im Wert von zwanzig. Der Bankhalter war ein Mann um die vierzig. Der Anflug eines freundlichen Lächelns umspielte seine Lippen. Er trug die typische Croupiersuniform – ein weißes Hemd, das an den Handgelenken zugeknöpft war, eine dünne Spielerkrawatte im Westernstil, eine grüne Schirmmütze und eine schwarze Hose. Eine kleine grüne Stoffschürze sorgte dafür, dass der vordere Bereich der Hose nicht gegen den Tisch rieb. In einer Ecke der Schürze war »Jake« eingestickt.
Der Bankhalter teilte die Karten aus und sammelte die Einsätze mit eleganten Bewegungen ein. Am Tisch wurde nur dann gesprochen, wenn ein Spieler bei einer der Kellnerinnen in den schwarzen Seidenanzügen, die ihre Runden um die ringförmig angeordneten Tische drehten, ein Getränk oder Zigaretten bestellte. Aus der Mitte dieses Kreises wurde der Verlauf des Spiels von zwei hartgesottenen Aufsehern mit Argusaugen beobachtet, die Waffen an ihren Gürteln trugen.
Das Spiel war schnell, effizient und langweilig. Es war genauso langweilig und mechanisch wie die Spielautomaten. Bond beobachtete es eine Weile lang und ging dann weiter zu den Türen mit der Aufschrift RAUCHERZIMMER und PUDERZIMMER am anderen Ende des Casinos. Auf dem Weg kam er an vier »Sheriffs« in schicken grauen Western-uniformen vorbei. Ihre Hosenbeine steckten in halbhohen Stiefeln. Diese Männer standen unauffällig herum, schauten nichts Bestimmtes an und sahen doch alles. An den Hüften trugen sie Waffen in offenen Holstern, und an ihren Gürteln glänzten fünfzig polierte Messingpatronen.
Jede Menge Schutz, dachte Bond, als er die Schwingtür zum »Raucherzimmer« aufdrückte und den Raum betrat. An der gekachelten Wand im Inneren hing ein Hinweisschild mit der Aufschrift: TRETEN SIE NÄHER. ER IST KÜRZER, ALS SIE DENKEN. Amerikanischer Humor! Bond fragte sich, ob er es wagen sollte, den Spruch in seinem nächsten Bericht an M zu erwähnen. Er entschied, dass das wohl nicht sehr ratsam wäre. Er ging wieder hinaus und zwischen den Tischen hindurch auf die Tür unter dem Neonschild zu, auf dem DER OPALRAUM stand.
Das runde, in Pink, Weiß und Grau gehaltene Restaurant mit der niedrigen Decke war halb voll. Die »Gastgeberin« kam auf ihn zu und führte ihn zu einem Ecktisch. Sie beugte sich vor, um die Blumen auf der Mitte des
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