James Bond 04 - Diamantenfieber (German Edition)
Tisches zu richten und ihm zu zeigen, dass ihr ansehnliches Dekolleté zumindest zur Hälfte echt war, bevor sie ihm ein anmutiges Lächeln zuwarf und verschwand. Nach zehn Minuten erschien eine Kellnerin mit einem Tablett und legte ein Brötchen und ein viereckiges Stück Butter auf seinen Teller. Außerdem stellte sie ihm eine Schale mit Oliven und etwas Sellerie mit orangefarbenem Käse hin. Dann eilte eine zweite, etwas ältere Kellnerin herüber, reichte ihm die Speisekarte und sagte: »Ich bin gleich bei Ihnen.«
Zwanzig Minuten nachdem er sich an den Tisch gesetzt hatte, konnte Bond endlich ein Dutzend Muscheln und ein Steak bestellen. Da er eine weitere längere Pause erwartete, orderte er außerdem einen zweiten Wodka Martini. »Der Weinkellner wird gleich bei Ihnen sein«, sagte die Kellnerin formell und verschwand in Richtung Küche.
»Hier legt man wohl mehr Wert auf Höflichkeit als auf schnellen Service«, überlegte Bond und fügte sich den gegebenen Umständen.
Während des ausgezeichneten Abendessens, das schließlich erschien, fragte sich Bond, wie der Abend verlaufen würde und wie er die Entwicklung seines Auftrags steuern konnte. Seine Rolle als Gangster auf Probe, der für seinen ersten Testjob bezahlt werden sollte und dann, sofern Mr Spang ihn für gut genug befand, genau wie der Rest der Kleinkriminellen, aus denen die Gang bestand, regelmäßig Aufträge erhalten mochte, langweilte ihn schrecklich. Nicht selbst die Initiative ergreifen zu können, ärgerte ihn – zuerst wurde er nach Saratoga geschickt und nun in diese abstoßende Idiotenfalle, und das alles auf Befehl einer Handvoll großkotziger Ganoven. Er aß ihr Abendessen und schlief in ihrem Bett, während sie
ihn
, James Bond, beobachteten, einschätzten und darüber diskutierten, ob seine Nerven stark genug, seine Erscheinung vertrauenswürdig genug und seine Gesundheit ausreichend für irgendeinen schmierigen Job bei einer ihrer Gaunereien war.
Bond kaute auf seinem Steak herum, als ob es sich um Mr Seraffimo Spangs Finger handelte, und verfluchte den Tag, an dem er diese idiotische Rolle angenommen hatte. Doch dann hielt er inne und aß ruhiger weiter. Worum zum Teufel machte er sich Sorgen? Das hier war ein großer Auftrag, der bisher gut gelaufen war. Und nun hatte er das Ende der Pipeline erreicht und sich direkt in Mr Seraffimo Spangs Wohnzimmer vorgearbeitet, zu dem Mann, der zusammen mit seinem Bruder in London und dem geheimnisvollen ABC eine der größten Schmuggelorganisationen der Welt leitete. Was für eine Rolle spielten Bonds Gefühle dabei? Es war lediglich ein Augenblick des Abscheus vor sich selbst, ein Anflug von Übelkeit, der daher rührte, dass er ein Fremder war, der zu viele Tage in der Gesellschaft dieser schäbigen, mächtigen amerikanischen Gangs verbracht und sich zu nah an dem nach Schwarzpulver riechenden »Luxusleben« dieser Leute aufgehalten hatte.
Tatsache war, entschied Bond bei einem Kaffee, dass er sich nach seiner wahren Identität sehnte. Er zuckte mit den Schultern. Zum Teufel mit den Spangs und dem von Gangstern kontrollierten Las Vegas. Er schaute auf seine Uhr. Es war genau zehn. Er zündete sich eine Zigarette an, stand auf, ging langsam durch den Raum und betrat das Casino.
Es gab zwei Möglichkeiten, den Rest des Spiels zu spielen. Entweder verhielt er sich unauffällig und wartete darauf, dass etwas passierte – oder er übte ein wenig Druck aus, damit etwas passieren
musste
.
DANKE FÜR DEN TRIP
Die Atmosphäre in dem großen Glücksspielsaal hatte sich verändert. Es war sehr viel ruhiger geworden. Das Orchester und die große Schar Frauen an den Spielautomaten waren verschwunden, und an den Tischen saßen nur noch ein paar Spieler. An den Roulettetischen befanden sich zwei oder drei »Lockvögel«, attraktive Mädchen in schicken Abendkleidern, denen man je fünfzig Dollar gegeben hatte, mit denen sie die verwaisten Tische wieder in Gang bringen sollten. Außerdem klammerte sich an die hohe Trennwand, die einen der Würfeltische umgab, ein sturzbetrunkener Mann und rief den Würfeln Ermunterungen zu.
Und noch etwas hatte sich verändert. Der Bankhalter am mittleren Blackjack-Tisch in unmittelbarer Nähe der Bar war Tiffany Case.
Das war also ihr Job im Tiara.
Und dann sah Bond, dass sämtliche Blackjack-Bankhalter hübsche Frauen waren, die alle das gleiche elegante schwarz-graue Westernkostüm trugen – einen kurzen grauen Rock mit einem schwarzen Gürtel mit
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