James Bond 04 - Diamantenfieber (German Edition)
und Ernie Cureos Taxi fuhr langsam über den Strip in Richtung Downtown Las Vegas. Bond war es leid geworden, darauf zu warten, dass etwas passierte, also hatte er den Mann von Pinkerton angerufen und vorgeschlagen, dass sie sich treffen, um sich ein wenig über den aktuellen Stand der Dinge zu unterhalten.
»Nicht schlecht«, erwiderte Bond. »Ich habe ihnen beim Roulette ein wenig Geld abgenommen, aber ich vermute, das wird unseren Freund nicht sonderlich beunruhigen. Es heißt, er hat noch jede Menge übrig.«
Ernie Cureo schnaubte. »Allerdings«, sagte er. »Dieser Kerl hat so viel Kohle, dass er keine Brille tragen muss, wenn er mit dem Auto unterwegs ist. Die Windschutzscheibe seines Cadillacs wurde nach einer Verschreibung seines Augenarztes auf die nötige Sehschärfe geschliffen.«
Bond lachte. »Wofür gibt er es sonst noch aus?«, fragte er.
»Er ist völlig bekloppt«, erklärte der Fahrer. »Er ist ganz verrückt nach dem Wilden Westen. Hat sich eine ganze Geisterstadt draußen am Highway 95 gekauft und dort alles renoviert – hölzerne Gehwege, einen schicken Saloon, ein Hotel, in dem er seine Jungs unterbringt, sogar den alten Bahnhof. Damals, so um 1905 herum, war diese Schutthalde – Spectreville heißt sie, weil sie direkt neben der Spectre-Ausdehnung liegt – eine florierende Silbermine. Etwa dreihundert Jahre lang gruben sie Millionen aus diesen Bergen heraus und transportierten das Zeug mit der Bahn nach Rhyolite, das etwa achtzig Kilometer entfernt liegt. Das ist eine weitere berühmte Geisterstadt. Ist heute ein Touristenzentrum. Da gibt es ein Haus, das aus Whiskeyflaschen gemacht ist. Früher war es mal der Endbahnhof, von wo aus das Zeug zur Küste transportiert wurde. Spang hat sich sogar eine dieser alten Lokomotiven gekauft, eine der alten ‚Highland Lights‘, falls Sie davon schon mal gehört haben, und außerdem einen der ersten Salonwagen. Er hat sie am Bahnhof in Spectreville abgestellt, und am Wochenende fährt er von dort mit seinen Freunden nach Rhyolite und wieder zurück. Er steuert den Zug höchstpersönlich. Und an Bord gibt es Champagner und Kaviar, ein Orchester und Mädchen – das volle Programm. Muss ein toller Anblick sein. Aber ich hab’s noch nie gesehen. Man kommt nicht mal in die Nähe des Ortes. Jawohl.« Der Fahrer ließ das Seitenfenster herunter und spuckte nachdrücklich auf die Straße. »Auf diese Weise gibt Mr Spang sein Geld aus. Bekloppt, wie ich schon sagte.«
Das erklärte es also, dachte Bond. Aus diesem Grund hatte er den ganzen Tag lang nichts von Mr Spang oder seinen Freunden gehört. Es war Freitag, und sie würden demnach alle draußen in der Privatstadt ihres Bosses sein und mit den Zügen spielen, während er geschwommen war, geschlafen und den ganzen Tag über im Tiara herumgehangen und darauf gewartet hatte, dass etwas passierte. Er hatte zwar hin und wieder bemerkt, wie jemand, der ihn offenbar beobachtete, schnell weggesehen hatte, und stets war irgendein Angestellter oder einer der uniformierten Sheriffs in seiner Nähe gewesen und hatte sich sehr angestrengt, möglichst unauffällig zu wirken, doch ansonsten hätte Bond auch ebenso gut einfach nur einer der vielen Hotelgäste sein können.
Er hatte einen einzelnen Blick auf den großen Mann erhascht, und die Umstände hatten ihm eine perverse Freude bereitet.
Um etwa zehn Uhr morgens hatte Bond nach ein paar Runden im Pool und einem ausgiebigen Frühstück beschlossen, sich die Haare im Friseursalon schneiden zu lassen. Es war immer noch sehr wenig los, und der einzige andere Kunde im Salon war eine große Gestalt in einem purpurfarbenen Frotteebademantel, deren Gesicht unter heißen Handtüchern verborgen war, während der Mann zurückgelehnt auf seinem Stuhl lag. Seine rechte Hand, die über der Armlehne des Stuhls baumelte, wurde von einer hübschen Nagelpflegerin bearbeitet. Sie hatte ein blasses Puppengesicht mit rosigen Wangen sowie einen kurzen Schopf heller Haare und saß neben dem Mann auf einem niedrigen Hocker, während sie auf ihren Knien eine Schale voller Nagelreinigungswerkzeuge balancierte.
Bond, der in den Spiegel vor seinem eigenen Stuhl starrte, hatte interessiert zugesehen, als der Friseurmeister behutsam zuerst eine und dann die andere Ecke der heißen Handtücher angehoben und mit unendlicher Vorsicht und einer schmalen Schere die Haare aus den Ohren des Kunden geschnitten hatte. Bevor er die Ecke des Handtuchs wieder über das zweite Ohr zurückklappte,
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