James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)
die wir nicht länger durchfüttern wollen!«
Am Tisch breitete sich stolzes Grinsen aus. Was für eine brillante Politik! Wie sie den Westen doch zum Narren hielten!
Selbst General G. konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, bevor er weitersprach. »Währenddessen haben wir überall heimliche Eisen im Feuer – die Revolution in Marokko, Waffen für Ägypten, Freundschaft mit Jugoslawien, Probleme in Zypern, Aufstände in der Türkei, Streiks in England, großer politischer Zuwachs in Frankreich – es gibt keine Front in der Welt, an der wir nicht still und heimlich voranschreiten.«
General G. sah die Augen am Tisch gierig leuchten. Er hatte die Männer weichgeklopft. Nun war es an der Zeit, hart zu sein. Nun würden sie die neue Politik am eigenen Leib erfahren. Die Nachrichtendienste würden in diesem wichtigen Spiel, das in ihrem Namen gespielt wurde, ebenfalls ihr Gewicht in die Waagschale werfen müssen. Locker lehnte sich General G. vor. Er legte seinen rechten Ellbogen auf den Schreibtisch und hob seine Faust in die Luft.
»Aber Genossen«, seine Stimme war sanft, »wo gab es Fehlschläge in der Ausführung der Staatspolitik der UdSSR? Wer war weich, wenn wir hart sein wollten? Wer musste Niederlagen einstecken, während alle anderen Abteilungen des Staates triumphierten? Wer hat die Sowjetunion in einer langen Pannenserie vor der ganzen Welt idiotisch und schwach aussehen lassen? WER?«
Seine Stimme war fast bis zu einem Schreien angeschwollen. General G. war zufrieden damit, wie gut es ihm gelungen war, die vom Präsidium gewünschte Anklage vorzubringen. Wie herrlich sie klingen würde, wenn man Serow das Band vorspielte.
Er blickte in die blassen, erwartungsvollen Gesichter am Tisch. General G.s Faust landete krachend auf der Tischplatte.
»Der gesamte Apparat der Nachrichtendienste der Sowjetunion, Genossen.« Die Stimme war nun ein wütendes Gebrüll. »Wir sind die Faulpelze, die Saboteure, die Verräter! Wir sind es, die die Sowjetunion in ihrem großen und herrlichen Kampf im Stich lassen! Wir!« Sein Arm deutete im Raum herum. »Wir alle!« Die Stimme wurde wieder normal und nahm einen vernünftigeren Tonfall an. »Genossen, sehen Sie sich die Akte an.
Sukin Sin
[er gestattete sich dieses ordinäre Schimpfwort], sehen Sie sich nur die Akte an! Zuerst verlieren wir Gouzenko und den ganzen kanadischen Bereich sowie den Wissenschaftler Fuchs, dann wird der amerikanische Apparat gesäubert, wir verlieren Männer wie Tokajew, es folgt die skandalöse Chochlow-Affäre, die unserem Land großen Schaden zugefügt hat, dann Petrow und seine Frau in Australien – eine verpfuschte Angelegenheit wie sie im Buche steht! Die Liste ist endlos – Niederlage um Niederlage, und ich habe nicht mal die Hälfte davon erwähnt.«
General G. hielt inne. Dann sprach er in seinem sanftesten Tonfall weiter. »Genossen, ich muss Ihnen sagen, dass es Schwierigkeiten geben wird, wenn wir heute Abend keine Empfehlung für einen großen Sieg des Nachrichtendiensts aussprechen und gemäß dieser Empfehlung richtig handeln, sollte sie genehmigt werden.«
General G. suchte nach einem abschließenden Ausdruck, um die Drohung zu übermitteln, ohne sie auszusprechen. Dann fiel ihm etwas ein. »Es wird«, er machte eine Pause und blickte mit künstlicher Milde am Tisch umher, »Unannehmlichkeiten geben.«
KONSPIRATSIA
Die
Muschiks
hatten die Knute zu spüren bekommen. General G. gab ihnen ein paar Minuten, um ihre Wunden zu lecken und um den offiziellen Peitschenschlag zu verwinden, der ausgeteilt worden war.
Niemand verteidigte sich. Niemand setzte sich für seine Abteilung ein oder erwähnte die zahllosen Siege sowjetischer Nachrichtendienste, die ein paar Fehler leicht aufwogen. Und niemand hinterfragte die Berechtigung des SMERSCH-Leiters, der die Schuld mit ihnen teilte, diese schreckliche Anklage zu überbringen. Die Kunde war vom Thron selbst gesandt, und General G. war zum Sprachrohr dieser Kunde auserkoren worden. Es war ein großes Kompliment für General G., dass man ihn ausgewählt hatte, ein Zeichen der Gunst, ein Zeichen bevorstehender Beförderung, und alle Anwesenden machten sich im Geiste eine Notiz, dass General G. mit SMERSCH hinter sich an der Spitze angelangt war.
Am Ende des Tischs beobachtete der Vertreter des Außenministeriums, Generalleutnant Wosdwischenski von RUMID, wie der Rauch von der Spitze seiner langen Kazbek-Zigarette aufstieg, und erinnerte sich daran, wie Molotow ihm nach Berias
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