James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)
Stärke und Genialität ermutigen und zu größeren Bemühungen anspornen. Aber natürlich werden wir jegliches Wissen über die Tat abstreiten, was immer es sein wird, und es ist wünschenswert, dass das gemeine Volk der Sowjetunion über unser Mitwirken in vollkommener Unwissenheit gelassen wird.«
General G. machte eine Pause und sah über den Tisch hinweg zu dem Vertreter von RUMID, der seinen Blick erneut ungerührt erwiderte.
»Und nun wollen wir uns für die Organisation entscheiden, die wir angreifen werden, und danach für das genaue Ziel innerhalb dieser Organisation. Genosse Generalleutnant Wosdwischenski, da Sie die ausländische Geheimdienstszene von einem neutralen Standpunkt aus betrachten [dies war eine Anspielung auf die notorischen Eifersüchteleien zwischen dem militärischen Nachrichtendienst der GRU und dem Geheimdienst des MGBs], würden Sie uns vielleicht Ihre Meinung über die relative Bedeutung der westlichen Geheimdienste verraten? Wir werden dann entscheiden, welcher der gefährlichste ist und welchem wir am meisten Schaden zufügen wollen.«
General G. lehnte sich zurück. Er legte seine Ellbogen auf die Armlehnen und stützte sein Kinn auf seine ineinander verschränkten Finger, wie ein Lehrer, der sich auf einen langen Aufsatz vorbereitete.
Generalleutnant Wosdwischenski war über diese Aufgabe nicht im Geringsten erschrocken. Er war seit dreißig Jahren beim Nachrichtendienst, die meiste Zeit davon im Ausland. Er hatte in der sowjetischen Botschaft in London unter Litwinow als Türsteher gedient. Er hatte bei der Nachrichtenagentur Tass in New York gearbeitet und war dann nach London verschwunden, um bei Amtorg anzufangen, der russischen Handelsorganisation. Fünf Jahre lang war er der militärische Attaché unter der Leitung der grandiosen Madam Kollontai in der Stockholmer Botschaft gewesen. Er hatte dabei geholfen, Richard Sorge, den sowjetischen Meisterspion, auszubilden, bevor dieser nach Japan gegangen war. Während des Krieges war er eine Weile lang in der Schweiz tätig gewesen, oder in »Schmidtland«, wie es im Spionagejargon genannt wurde, und dort hatte er dabei geholfen, den Boden für das sensationell erfolgreiche, jedoch tragisch missbrauchte »Lucy«-Netzwerk zu bereiten. Er war sogar ein paar Mal als Kurier der »Roten Kapelle« nach Deutschland gereist und war nur knapp der Beseitigung derselben entkommen. Nach dem Krieg und seiner Versetzung zum Außenministerium hatte er intensiv an der Burgess-und-Maclean-Opera- tion mitgearbeitet und war an zahllosen anderen Plänen beteiligt gewesen, um die Außenministerien des Westens zu unterwandern. Er war durch und durch ein Spion und perfekt darauf vorbereitet, seine Meinung über die Konkurrenten zum Besten zu geben, mit denen er schon sein ganzes Leben lang immer wieder die Klingen gekreuzt hatte.
Der Adjutant an seiner Seite fühlte sich hingegen nicht sonderlich wohl. Es machte ihn nervös, dass RUMID auf diese Weise festgenagelt wurde, und das ohne eine Vorbesprechung der Abteilung. Er klärte seine Gedanken und schärfte seine Ohren, um jedes Wort zu behalten.
»In dieser Angelegenheit«, begann Generalleutnant Wosdwischenski vorsichtig, »darf man den Mann nicht mit seinem Amt verwechseln. Jedes Land hat gute Agenten, und es sind nicht immer die größten Länder, die die meisten oder besten haben. Aber Geheimdienste sind teuer, und kleine Länder können sich die koordinierten Bemühungen, die gute Spionage ausmacht, gar nicht leisten – die Fälschungsabteilung, das Funknetzwerk, den Abhörapparat und die Abteilung, die die Berichte der Agenten einschätzt und vergleicht. Es gibt in Norwegen, den Niederlanden, Belgien und selbst in Portugal einige individuelle Agenten, die ein beträchtliches Ärgernis darstellen könnten, wenn diese Länder den Wert ihrer Berichte erkennen und vielleicht sogar nutzen würden. Doch das tun sie nicht. Anstatt ihre Informationen an größere Mächte weiterzugeben, bevorzugen sie es, darauf herumzusitzen und sich wichtig zu fühlen. Also müssen wir uns um diese kleineren Länder keine Gedanken machen.« Er machte eine Pause. »Bis wir zu Schweden kommen. Sie spionieren uns schon seit Jahrhunderten aus. Sie hatten immer schon bessere Informationen über das Baltikum als Finnland oder Deutschland. Sie sind gefährlich. Ihren Aktivitäten würde ich gerne ein Ende bereiten.«
General G. unterbrach ihn. »In Schweden haben sie dauernd irgendwelche Spionageskandale. Ein weiterer
Weitere Kostenlose Bücher