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James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)

James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)

Titel: James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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feucht an. Wie alt war dieses Flugzeug?, fragte er sich. Wie viele Flugstunden hatte es auf dem Buckel? Litt das Metall der Flügel unter tödlicher Materialermüdung? Wie viel seiner Stärke hatte es bereits verloren? Vielleicht würde er nun doch nicht nach Istanbul gelangen. Vielleicht würde ein unaufhaltsamer Sturz in den Golf von Korinth das Schicksal sein, das er vor nur einer Stunde noch philosophisch analysiert hatte.
    In Bonds Geist befand sich ein mentaler Schutzraum, die Art von Festung, die man in altmodischen Häusern in den Tropen finden konnte. Diese Räume waren kleine, stabil gebaute Zellen in den Herzen der Häuser. Sie befanden sich in der Mitte des Erdgeschosses und waren manchmal sogar in die Fundamente hineingegraben. In diese Zelle zogen sich der Hausbesitzer und seine Familie zurück, wenn ein Sturm drohte, das Haus zu zerstören, und sie blieben so lange dort, bis die Gefahr vorüber war. Bond ging nur dann in seinen ganz persönlichen Schutzraum, wenn es nichts mehr gab, was er sonst tun konnte. Nun zog er sich in diese Festung zurück, verschloss seinen Geist vor der Hölle aus Lärm und hektischer Bewegung und konzentrierte sich auf einen einzelnen Stich einer Naht im Sitz vor ihm, während er das Schicksal erwartete, das für den BEA-Flug Nummer 130 vorgesehen war.
    Fast sofort wurde es im Inneren der Kabine heller. Der Regen hörte auf, gegen das Fenster zu trommeln, und das Getöse der Jetturbinen verebbte zum üblichen ruhigen Pfeifen. Bond öffnete die Tür seines Schutzraums und trat hinaus. Er drehte langsam den Kopf, schaute neugierig aus dem Fenster und beobachtete, wie der kleine Schatten des Flugzeugs weit unter ihm über das ruhige Wasser des Golfs von Korinth eilte. Er atmete einmal tief durch und griff in seine Gesäßtasche, um sein metallenes Zigarettenetui herauszuziehen. Als er sein Feuerzeug herausnahm und sich eine seiner Morland-Zigaretten mit den drei goldenen Ringen anzündete, stellte er erfreut fest, dass seine Hände vollkommen ruhig waren. Sollte er Lil erzählen, dass sie beinahe recht gehabt hatte? Er beschloss, dass er es tun würde, sofern er in Istanbul eine Postkarte finden konnte, die unverschämt genug war. Der Tag draußen neigte sich seinem Ende zu und vor ihnen erschien der Berg Hymettos, der im Dämmerlicht ganz blau wirkte. Sie überflogen die funkelnde Ausdehnung Athens, und dann rollte die Viscount über die Landebahn mit dem schlaffen Windsack und den Hinweisschildern mit den seltsamen geschwungenen Buchstaben, die Bond seit seiner Schulzeit kaum mehr gesehen hatte.
    Bond stieg zusammen mit einer Handvoll blasser, stiller Passagiere aus dem Flugzeug und ging zur Transitlounge und von dort zur Bar hinüber. Er bestellte einen Ouzo, stürzte ihn herunter und spülte mit einem Schluck Eiswasser nach. Unter dem süßlichen Anisgeschmack lag eine deutliche Schärfe, und Bond spürte, wie das Getränk ein schnelles kleines Feuer in seiner Kehle und seinem Magen entfachte. Er stellte das Glas ab und bestellte einen weiteren.
    Als die Lautsprecher seinen Flug ausriefen, war es bereits dunkel, und der Halbmond stand klar und hoch über den Lichtern der Stadt. Die Abendluft war mild und duftete nach Blumen, und in der Ferne hörte man das gleichmäßige Zirpen der Zikaden sowie den Gesang eines Mannes. Die Stimme war klar und traurig, und dem Lied haftete etwas Klagendes an. In der Nähe des Flughafens bellte ein Hund, den ein unbekannter menschlicher Geruch aufregte. Bond wurde plötzlich klar, dass er im Osten angekommen war, wo die Wachhunde die ganze Nacht lang heulten. Aus irgendeinem Grund ließ ihn diese Erkenntnis einen unvermittelten Anflug von Freude und Aufregung empfinden.
    Der Flug nach Istanbul über die dunkle Ägäis und das Marmarameer dauerte nur neunzig Minuten. Ein ausgezeichnetes Abendessen mit zwei Dry Martinis und einer halben Flasche Calvet Claret sorgte dafür, dass Bond seine Vorbehalte gegen das Fliegen an einem Freitag den Dreizehnten sowie seine Sorgen bezüglich des Auftrags vergaß und sich stattdessen angenehmer Vorfreude hingab.
    Dann waren sie da, und die vier Propeller des Flugzeugs kamen vor dem schönen modernen Flughafengebäude von Yeşilköy zum Stehen, das eine Stunde Fahrtzeit von Istanbul entfernt lag. Bond verabschiedete sich, dankte der Stewardess für den angenehmen Flug, trug seinen schweren Aktenkoffer durch die Passkontrolle zum Zoll und wartete darauf, dass sein Gepäck aus dem Flugzeug kam.
    Diese

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