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James, Henry

James, Henry

Titel: James, Henry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benvolio
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Das galt auch für die Bernardstones; Sie konnten sicher sein, dass sie, nachdem sie mit Ihnen gespeist hatten, auf dem Nachhauseweg einander nicht fragen würden, wie um alles in der Welt jemand Sie als hübsch bezeichnen konnte, oder sagen würden, viele Leute seien aber trotz allem überzeugt, Sie hätten Ihren Großvater vergiftet.
    Lady Emily war außerordentlich erfreut über die Verlobung ihrer Tochter; natürlich machte sie nicht viel Aufhebens davon, sie klatschte nicht in die Hände oder ging mit Mr Testers Namen hausieren; doch es war unübersehbar, dass sie eine Art mütterlicher Genugtuung, eine
innere Befriedigung empfand. Der junge Mann benahm sich, wie es besser nicht ging, wurde immerfort mit Joscelind gesehen und lächelte in liebenswürdigster, ausgesprochen beschützender Manier zu ihr hinab. Die beiden waren ein schönes Paar – Sie hätten gesagt, Menschen, die so gut zusammenpassten, hätten geradezu die Pflicht, zu heiraten. Natürlich war er ungeheuer beschäftigt und kam mich nicht sehr oft besuchen; aber gelegentlich kam er doch, und wenn er dann dasaß, lag etwas in seinem Blick, was ich zunächst nicht zu deuten vermochte. Ich erkannte indes schon bald, was es war; in meinem Empfangszimmer befand er sich nicht mehr im Dienst, musste er nicht länger«strammstehen»und eine Rolle spielen; er lehnte sich zurück, ruhte aus, atmete tief durch und vergaß, dass der Tag seiner Exekution bereits festgelegt war. Es sollte keine unschickliche Eile im Zusammenhang mit der Hochzeit geben, die erst nach der Sitzungsperiode des Parlaments Ende August stattfinden sollte. Es verwirrte mich und bedrückte mich auch etwas, dass sein Herz nicht ein wenig mehr bei der Sache war; mit einem so bezaubernden Mädchen verlobt zu sein und sich dann zu verhalten, als handelte es sich lediglich um eine gesellschaftliche Verpflichtung,
schien befremdlich. Wäre jemand nicht schon vom ersten Augenblick an in Joscelind Bernardstone verliebt gewesen, hätte er es nach ein, zwei Wochen sein müssen. Wenn Ambrose Tester es nicht war (und mir gegenüber gab er nicht vor, es zu sein), meisterte er, wie ich schon sagte, die Situation besser, als ich es erwartet hätte. Er war ein Gentleman, und er benahm sich wie ein Gentleman – und dies mit umso größerer Gewissenhaftigkeit, weil ihm, wie ich glaube, seine Verlobte leidtat. Doch es war schwer zu erkennen, wie er auf Dauer mit einer solchen Haltung zurechtkommen wollte. Geht ein Mann mit einer hässlichen, wenig anziehenden Frau eine Vernunftehe ein, ist die Sache verhältnismäßig einfach; beide wissen, woran sie sind, und er braucht keine Gewissensbisse zu haben, weil er ihr nicht die Gefühle entgegenbringt, von denen ohnehin nie die Rede war. Wählt er jedoch ein bezauberndes Geschöpf, um seinen Vater und les convenances 8 zufriedenzustellen, lässt sich nicht so leicht darüber hinweggehen, dass er sich nichts aus ihr macht. Meiner Meinung nach wäre es für Ambrose Tester viel besser gewesen, er hätte sich mit einem Mädchen verheiratet, das ihm einen Vorwand für die Lauheit seiner Gefühle gegeben hätte. Seine Frau hätte gesund, aber
dumm, fruchtbar, aber griesgrämig sein sollen. Erwartete er, dass er sich auch künftig nicht in Joscelind verlieben würde oder dass er die mechanische Natur seiner Aufmerksamkeiten vor ihr verbergen konnte? Es war schwer zu erkennen, wie er das eine wollen konnte oder das andere ihm gelingen sollte. Erwartete er, ein Mädchen wie sie wäre glücklich, wenn er sie nicht liebte? Und glaubte er, er selbst könnte glücklich sein, wenn sich herausstellen sollte, dass sie unglücklich wäre? Und wenn sie nicht unglücklich sein sollte, das heißt, wenn es ihr gleichgültig wäre und sie sich, wie man so sagt, anderweitig tröstete – wäre ihm das denn lieber?
    Ich stellte mir all diese Fragen, und ich hätte sie gern auch Mr Tester gestellt; doch ich unterließ es, denn er hätte sie ja ohnehin nicht beantworten können. Der arme junge Mann! Er ging den Dingen nicht auf den Grund, wie ich es tue; er dachte nicht analytisch, wie wir Amerikaner es tun, was in Kritiken ja immer wieder zu lesen ist. Er war der Meinung, er benehme sich außerordentlich gut, und das tat er auch – für einen Mann; das war ja das Befremdliche daran. Es war richtig gewesen, dass er trotz seines Widerstrebens eingewilligt hatte zu heiraten, und er hatte die Einlösung seines Versprechens
pflichtbewusst in Angriff genommen. Da eine gute Sache noch

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