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James, Henry

James, Henry

Titel: James, Henry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benvolio
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mich aber, wofür ich dankbar war, für den Augenblick nicht weiter, entweder weil er sich zu diesem Zeitpunkt noch schämte, solche Gedanken zu hegen, oder weil er annahm, ich wolle das tragische Ereignis abwarten – so es denn einträte. Nun, meine Liebe, nach zehn Tagen trat es ein. In der Zwischenzeit hatte Mr Tester mich zweimal aufgesucht, beide Male, um mir mitzuteilen, dass es dem armen Vandeleur schlechter ging; er litt an irgendeiner entzündlichen Erkrankung, die in neun von zehn Fällen zum Tod führt. Seine Gattin war die Hingabe in Person; Tag und Nacht war sie bei ihm. Ich erhielt die entsprechenden Informationen auch aus anderen Quellen; ich überlasse es Ihrer Phantasie, ob es ausbleiben konnte, dass eine derartige Situation in London, noch dazu zum Höhepunkt der Saison, ausgiebig diskutiert wurde. Zu dieser Diskussion trug ich vorerst jedoch wenig und zu der mit
Ambrose Tester gar nichts bei. Ich war noch immer auf der Hut. Nie ließ ich auch nur für einen Moment durchblicken, es sei denkbar, dass seine Pläne sich geändert haben könnten. Mittlerweile schien er sich auch gar nicht mehr für sein Vorhaben zu schämen, er befand sich vielmehr in einer geradezu euphorischen Stimmung; doch er war sehr ungehalten, weil ich ihm keine Gelegenheit gab, darüber zu sprechen.
    Wenn ich heute auf die Angelegenheit zurückblicke, hat die Art und Weise, wie wir uns damals gegenseitig beobachteten, beinahe etwas Amüsantes – er dachte, ich wiche seiner Frage nur aus, um ihn zu quälen (er glaubte oder tat so, als glaubte er, ich sei zu einer derartigen Niederträchtigkeit fähig), und ich war entschlossen, ihm nicht dadurch einen Schritt entgegenzukommen, dass ich Verständnis für seine Situation erkennen ließ, was er fälschlicherweise als Zeichen des Wohlwollens hätte auslegen können. Mein Wohlwollen sollte auch künftig jenen gehören, denen es bisher gegolten hatte, nämlich Lady Emily und ihrer Tochter, die ich, da ich ihnen auf Gesellschaften immer wieder begegnete, auch weiterhin nicht aus den Augen verlor. Sie ließen keinerlei Beunruhigung erkennen; natürlich wäre das auch verfrüht gewesen. Ich bin sicher,
das Mädchen hatte keine Ahnung von der Existenz einer Rivalin. Wie man es vor ihr verborgen hatte, weiß ich nicht; doch es war unübersehbar, dass sie viel zu verliebt war, um misstrauisch zu sein oder Kritik zu üben. Bei Lady Emily war es etwas anderes; sie war eine mildtätige Frau, die jedoch an zu vielen Punkten mit der Welt in Berührung kam, um deren Schwingungen nicht zu spüren. Und die liebe kleine Dame ging in Stellung, auch wenn sie äußerlich völlig ruhig wirkte. Von Lord Vandeleurs Tod erfuhr ich nicht durch Ambrose Tester; er wurde, mit einer Viertelspalte leerer Phrasen, in der«Times»angezeigt. Ich habe schon immer gewusst, dass die« Times»eine wunderbare Zeitung ist, aber nie war es mir so klar geworden wie damals, als sie eine Viertelspalte über Lord Vandeleur brachte. Es war ein Triumph der Fabulierkunst. Hätte er einen Beruf gehabt, wäre er Schneider oder Hutmacher gewesen (was ich mir bei ihm vorstellen kann), hätte es vielleicht über ihn etwas zu sagen gegeben. Doch er hatte keinen Beruf, er hatte es zu nichts gebracht außer zu postumen Ehren. Ich war mir so sicher, Ambrose Tester würde an jenem Nachmittag vorbeikommen, war mir so sicher, er wusste, dass ich ihn erwartete, dass ich deshalb eigens eine Verabredung absagte.

    Aber er kam nicht, auch nicht am nächsten Tag oder am übernächsten. Es gab zwei mögliche Erklärungen für sein Fernbleiben. Die eine war, dass er seine ganze Zeit damit verbrachte, Lady Vandeleur zu trösten; die andere, dass er sie, zur Tarnung, mit Joscelind Bernardstone verbrachte. Beides erwies sich als unzutreffend, denn als er schließlich auftauchte, erzählte er mir, er sei eine Woche bei seinem Vater auf dem Land gewesen. Sir Edmund war ebenfalls unpässlich gewesen, doch hatte er es besser überstanden als der arme Lord Vandeleur. Anfangs fragte ich mich, ob sein Sohn mit ihm über die Frage veränderter Voraussetzungen gesprochen hatte, vermutete aber sogleich, dass ihm diese Aufregung erspart geblieben war. Ambrose hätte ihn wohl kaum verschont, hätte er es für nötig gehalten, ihn davon in Kenntnis zu setzen; doch wahrscheinlich nahm er an, sein Vater hätte keinen Grund zur Klage, solange er überhaupt heiratete, hätte kein Recht, Einwände zu erheben, wenn er sein Eheversprechen einfach auf eine andere Frau

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