Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
der mit dem kräftigen Kinn, ist ein bekannter Tauchlehrer, und Steve Pepper war der Surf-Champion von Hawaii. Ich bin froh, dass sie bereit waren, für uns zu tauchen, aber es war vielleicht doch etwas wagemutig von ihnen.« Er strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Das ist wohl der Überschwang der Jugend, meinst du nicht? Ich hatte so was auch mal, aber mir scheint, das ist so lange her, dass ich mich kaum daran erinnern kann. Wo wir gerade bei dem Thema Jugend sind: Glaubst du, dass deine kleine Freundin Jennifer den Mund halten kann? Nicht dass sie wer weiß was ausplaudert.«
    »Sicher kann sie das. Zuerst war das Ganze nur ein intellektueller Spaß für sie, dazu kam echte Sympathie für Jamey, und als dann die raue Wirklichkeit einbrach, bekam sie’s mit der Angst zu tun.«
    »Hoffentlich nimmt sie die Dinge weiterhin ernst. Wenn wirklich ein Giftmischer die Hand im Spiel hat, haben wir es mit keinem harmlosen Gegner zu tun.«
    »Das habe ich ihr schon gesagt.«
    Plötzlich hörte man ein lautes Platschen. Ein Kopf durchbrach die Wasserfläche, ein zweiter folgte. Die Taucher schoben ihre Masken nach oben und holten tief Luft.
    »Hallo, Sergeant! Wir haben es!«
    Die Taucher zogen sich am Schiffsrumpf hoch, legten die Flossen ab und sprangen behände an Deck. Hansen gab Milo ein Päckchen.
    »Das Siebblech war festgerostet, sodass wir es aufstemmen mussten. Das war schwierig und dauerte’ne Weile, weil ein Schraubenzieher abbrach. Danach war alles nur noch ein Spaziergang. Steve fühlte mit der Hand hinein, und schon hatte er es. Es war etwa sechs Zentimeter in das Rohr hineingeschoben, das Kühlsystem war geöffnet. Offenbar hat der Plastikbeutel den Inhalt trocken gehalten.«
    Milo untersuchte das Päckchen in seiner Hand. Das Buch schien unversehrt zu sein, eingewickelt in durchsichtige Plastikfolie, die zugeschweißt war. Durch die Hülle hindurch konnte man in lavendelfarbenen Buchstaben das Wort »Tagebuch« erkennen.
    »Ausgezeichnete Arbeit. Ich werde das Ihrem Vorgesetzten sagen. Schwarz auf weiß.«
    Die Männer freuten sich.
    »Wir machen so was jederzeit gerne wieder, Sergeant«, sagte Pepper mit ein wenig klappernden Zähnen. Hansen klopfte ihm auf den Rücken.
    »Komm, wir ziehen uns besser an.«
    »Sehr wohl, Sir.«
    Sie entfernten sich im Laufschritt.
    »Schnell, lass uns fahren«, sagte Milo, »ich möchte es von der Spurensicherung untersuchen lassen. Danach können wir uns an einem gemütlichen Ort an die Lektüre machen.«

26
    Gelangweilt öffnete der Aufsichtsbeamte die Tür des Verhörzimmers und rief Milo ans Telefon. Dieser folgte dem Beamten nach draußen. Ich nahm das schwarze Buch in die Hand und begann zu lesen.
    Was der alte Skaggs für Poesie gehalten hatte, war in Wirklichkeit eine Ansammlung spontan aufgeschriebener Notizen, Black Jack Cadmus’ Art von Tagebuch. Die Eintragungen variierten vom unvollständigen Satz bis zur seitenlangen Prosa. An manchen Tagen hatte er überhaupt nichts geschrieben. Seine Handschrift war groß, breit und linksgerichtet, voller Verzierungen und Schnörkel, beinahe kalligrafisch zu nennen.
    Besonders ausführlich schrieb Black Jack über seine Grundstücksspekulationen; so hatte er einmal dreihundert Morgen Obstplantagen von einem Farmer in San Fernando gekauft und nur einen Spottpreis gezahlt, weil er die Farmersfrau um den Finger gewickelt hatte. »Ich sagte ihr, dass ich noch nie eine so gute Pastete gegessen hätte, und lobte das prächtige Aussehen ihres Kindes. Sie fühlte sich überaus geschmeichelt, und noch am selben Nachmittag wurde der Kauf getätigt.«
    Cadmus stellte außerdem ausführliche Überlegungen darüber an, wie viele Bungalows auf einem freien Grundstück am östlichen Ende des Valley Platz finden würden, wie am besten und billigsten Wasserleitungen gelegt werden könnten. Auch berichtete er von einem Mexikaner, der billige Arbeitskräfte vermittelte.
    Dem Privatleben widmete Cadmus nur wenig Raum, so wurden seine Heirat, die Geburt seiner zwei Söhne und selbst die beginnende Geisteskrankheit seiner Frau nur in kurzen Stichworten abgehandelt. Eine Ausnahme bildete die detaillierte Analyse seiner Beziehung zu Souza, die vom August 1949 datierte.
    »Horace hat sich ebenso wie ich von ganz unten emporgearbeitet. Wir sind echte Selfmademen und haben allen Grund, stolz darauf zu sein. Ein Stiefelputzer ist mehr wert als hundert kalifornische Muttersöhnchen, die ihr Sozialprestige mit der Muttermilch einsaugen.

Weitere Kostenlose Bücher