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Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Konversation ist er überzeugt, ein perfekter Manager zu sein.«
    »Grüß Brandon zurück.«
    Ich legte auf. Milo stand dicht bei mir.
    »Also, was gibt’s?«
    »Kennst du einen guten Froschmann?«
    Es wehte ein starker Wind, heftige Böen wurden ab und an durch eine kurze, eiskalte Windstille unterbrochen. Die stärksten Windstöße beugten die Masten der kleinen Segelboote, die wild hin und her schaukelten. In der Luft hing der Geruch von Bilgewasser, Motoröl und leicht salzigem Meerwasser.
    »Gegen Abend soll der Wind vorbei sein«, sagte Milo, zog sein gelbes Ölzeug fester zu und klopfte sich warm. Sein sonst blasses Gesicht war von dem kalten Wind ganz rosig, seine Augen tränten und waren rot. In der Öljacke sah er wie ein zu großes Schulkind aus. »Wir haben Zeit, Sie müssen es nicht unbedingt jetzt versuchen.«
    Der Mann im Tauchzeug blickte in das Hafenbecken. Der rußschwarze Himmel ließ das Wasser tiefgrau und gefährlich aussehen. Die dunklen Wellen trugen Schaumköpfe. Sie hatten die Form von Haiflossen, waren in wilder Bewegung und wurden am oberen Ende grün, bevor sie zusammenstürzten. Der Mann beobachtete sie eine Weile, die zusammengekniffenen Augen in seinem jungen, sommersprossigen Gesicht blickten ruhig und entschlossen.
    »Ist schon gut, Sergeant, ich hab schon Schlimmeres erlebt.«
    Er rieb die Hände gegeneinander, untersuchte die Sauerstoffflaschen, prüfte die Werkzeuge, die an seinen Tauchgewichten befestigt waren, und ging an die dünne Aluminiumreling. Ein zweiter Taucher kletterte aus der Kabine und kam uns auf seinen Flossen entgegengewatschelt. Auch er war noch jung, hatte ein vorstehendes Kinn, graue Augen und eine Boxernase.
    »Fertig, Steve?«, fragte er.
    Der erste Taucher grinste und sagte: »Los, bringen wir’s hinter uns.«
    Sie zogen die Atemmasken auf, kletterten über die Reling, rollten ihre Körper geschmeidig wie Seehunde zusammen und ließen sich vornüberfallen. Sie stießen durch die Wasseroberfläche und verschwanden.
    »Rekruten der Pacific Division, echte Macho-Surfer«, sagte Milo.
    Wir standen am Bug von Radovics Boot, einer fünfzehn Jahre alten Chris Craft, auf der in halb abgeblätterten Buchstaben der Name Sweet Vengeance {6} stand. Der Rumpf war zerkratzt, die Glasteile trübe, das Deck schmutzig, voller Fischgerippe und schwarzer Algen. Es bedurfte dringend der Reparatur. Die Deckaufbauten waren teilweise zerstört. Ein Anglersitz lag umgestürzt in einer Ecke, daneben ein paar Schrauben. Büschel verfaulten Seetangs schwammen in einer Pfütze aus moderigem Wasser.
    Die Tür zur Kabine stand offen und gab den Blick frei auf einen engen Raum voller unordentlich hingeworfener Kleider und aufgestapelter Kartons. Der geeignete Ort, um klaustrophob zu werden. Nichts auf diesem Schiff war heil.
    »Es sieht aus, als ob die Braille-Leute hier gewütet hätten«, sagte ich.
    »Das kann man wohl sagen«, antwortete Milo. »Mit Hunden und allem Drum und Dran.« Er zog ein Taschentuch heraus, schnaubte sich die Nase und sah auf das Wasser. Eine plötzliche Böe wühlte die Wellen auf, das Schiff schwankte. Wir hielten uns beide schnell an der Reling fest. Ich konnte mich auf dem schlickigen Boden nur schwer auf den Beinen halten. Milo glitt aus, ihm rutschten buchstäblich die Beine weg, aber es gelang ihm mit letzter Kraft, stehen zu bleiben, indem er sein ganzes Gewicht auf die Fersen verlagerte. Als der Windstoß nachließ, war seine Stirn schweißbedeckt, und sein Gesicht zeigte grünliche Farbe.
    »Ich brauche festen Boden unter den Füßen, bevor ich die Beute hebe«, sagte er mit schwacher Stimme. Er verließ vorsichtig das Boot und wartete am Kai, nass, aber offenbar wieder im Gleichgewicht. Er atmete tief und sah auf das wild bewegte Wasser im Hafen. Zwanzig Meter lange Schiffe schaukelten hin und her wie Spielzeugboote. Milos Gesicht war immer noch grünlich bleich.
    »Geht’s wieder?«
    Er blies die Backen auf, atmete aus und schüttelte den Kopf.
    »Schiffe, die schaukeln, machen mich krank. Das ist seit meiner Kindheit so. Es fing schon an, als wir an Bord gingen. Und diese Böe gerade gab mir den Rest.«
    »Warum nimmst du nichts gegen Seekrankheit?«
    »Davon wird es nur schlimmer.«
    »Es gibt Pflaster, die man sich hinters Ohr kleben kann. Da ist Skopolamin drin.«
    »Sehr witzig.«
    »Nein, ich meine es ernst. Anticholinergika entspannen die Magennerven. Das ist ein Punkt, an dem sie ganz legal angewendet werden.«
    »Ich schaff’s auch

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