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Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Toinettes Vater war einer von ihnen, aber sobald er mit der harten Wirklichkeit konfrontiert wurde, war es aus mit ihm. Sicher, der Weg nach oben hinterlässt Spuren, manchmal Narben, und ich bin nicht sicher, ob Horace es gelernt hat, mit seinen Narben zu leben. Er ist einfach zu ehrgeizig und zu wenig zurückhaltend. Die Sache mit Toinette zum Beispiel hat er viel zu ernst genommen. Sie hat mir erzählt, dass Horace sie missverstanden hätte. Für sie war er nie etwas anderes als ein netter Kamerad. Und dass er dann noch der hässlichen Lucy nachgelaufen ist, nur um den Arzt auszustechen! Er lächelt zu alldem, wie es sich für einen Gentleman gehört, aber mich stimmt das nachdenklich. Ich weiß, dass er immer gehofft hat, ich würde ihn eines Tages zu meinem Partner machen, aber nur weil man Anwalt ist, und sei man noch so gut in seinem Job, steht man noch lange nicht auf der gleichen Stufe wie derjenige, der die Ideen hat, die Planung macht und das Risiko trägt. Auch nach dem Krieg hat er mich nicht eingeholt. Ich vermute, dass er mich im tiefsten Innern hasst, und ich frage mich, wie ich dieses Gefühl mildern oder zerstreuen kann. Ich will die Fäden zwischen uns nicht durchschneiden, er ist ein erstklassiger Tatsachenverdreher und ein so guter Freund, dass er mir nur nützen kann. Dass ich ihn bat, Peters Pate zu werden, erschien allgemein als edle, ernst gemeinte Geste. In Wirklichkeit habe ich das nur wegen des Geldes getan. Vielleicht erhöhe ich noch das Wilshire-Paket als Prämie, aber wenn der Spring-St. -Louis-Deal vernünftig über die Bühne geht, werde ich bald noch mehr zur Verfügung haben. Ein bisschen Nächstenliebe, getarnt als Dankbarkeit, könnte mich weiterbringen. Ich muss Horace an der Stelle lassen, wo er ist, aber ich will ihm das Gefühl geben, wichtig zu sein. Wenn er jetzt bloß noch ein Mädchen fände, am liebsten eins, das nichts mit mir zu tun hat!«
    Milo kam zurück, die Augen vor Aufregung weit aufgerissen.
    »Platt war am Telefon. Man hat in den Bluttests Anticholinergika gefunden. Jede Menge. Der Doktor war Feuer und Flamme und fragte, wann er darüber in einer Fachzeitschrift berichten darf.«
    Er setzte sich.
    »Damit hätten wir endlich Beweise und verlassen die Spekulation.«
    »Wann soll Jamey das Gegenmittel bekommen?«
    »Heute noch nicht, und wahrscheinlich morgen auch nicht. Durch die Kopfverletzung gibt es zusätzliche Komplikationen. Es ist schwer, herauszufinden, ob seine Bewusstlosigkeit von der Gehirnerschütterung oder von den Drogen herrührt. Bevor sie sein Nervensystem erneut aufrütteln, wollen sie, dass sich sein Zustand etwas gebessert hat.«
    Er sah auf das Buch, das ich in Händen hielt.
    »Bringt die Lektüre was?«
    »Bisher nur, dass Jack Cadmus und Souza ihr gegenseitiges Verhältnis recht unterschiedlich interpretieren.«
    »Das soll es öfter geben.«
    Er streckte die Hand aus, und ich reichte ihm das Tagebuch.
    »Jetzt, wo wir endlich Tritt gefasst haben, würde ich gerne noch ein paar Motive entdecken, bevor ich Whitehead und seine Leute informiere. Wie weit bist du gekommen?«
    »Bis August’49.«
    Er fand die Stelle, blätterte zurück, überflog ein paar Seiten und sah mich bedeutsam an.
    »Ein ziemlich arrogantes Arschloch, oder?«
    »Die Narben des Selfmademans.«
    Zwanzig Minuten später hatte Milo die erste Eintragung über Bitter Canyon gefunden.
    »Also. Na da wär’s ja. 12. Oktober 1950: ›Ich bin, was Bitter Canyon angeht, in einer günstigen Position, weil mir Hornburgh entgegengekommen ist und nicht ich ihm. Das bedeutet, dass die Army das Terrain möglichst bald los sein will; sie wissen, dass ich jederzeit eine größere Summe Bargeld aufbringen kann. Ich habe das Gefühl, dass Hornburgh an mein Nationalgefühl appellieren will, damit ich besser zahle. Wenn er das tut, schlage ich mit den gleichen Waffen zurück und frage ihn, ob ein Mann, der im letzten Krieg ausgezeichnet wurde, es nicht verdient hat, von Uncle Sam einen günstigen Preis zu kriegen. Wenn er dann immer noch weitermacht, frage ich ihn, was er denn so im Krieg geleistet hat. Horace hat sich umgehört und sagt, er sei ein West-Point-Knabe, der nichts anderes gemacht hat als Schreibstubenarbeit in Biloxi, Miss.‹«
    Milo blätterte um.
    »Da, jetzt hat er was Neues, es geht um ein Bürogebäude im Stadtzentrum. Er versucht, jemanden zu bestechen, um billiger ranzukommen. Aber jetzt geht es mit Bitter Canyon weiter: ›Hornburgh hat mich mitgenommen, um die

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