Jamey. Das Kind, das zuviel wußte
Morde. Dann fragte Milo nach Datum, Zeitpunkt, Waffen und den Kleidern der Opfer.
»Hat sich einer von ihnen gewehrt, Tully?«
»Nein.«
»Überhaupt niemand, nicht der kleinste Versuch?«
»Zwei wollten mit mir handeln.«
»Mit was?«
»Speed, Hasch, Wein. Irgendwas.«
»Wer von ihnen trank Wein?«
»Weiß ich nicht mehr.«
»Denk mal nach.«
Eine Minute verging, in der Antrim sich mit dem Ärmel die Nase abwischte.
»Also, ist dir was eingefallen?«
»Nichts.«
»Was hast du hinterher gemacht, Tully?«
»Hinterher? Aufgeräumt, habe ich doch schon erzählt.«
»Wo?«
»Bei unserer Hütte.«
»Was für einer Hütte?«
»Sie kennen die doch, Sie waren doch selber da.«
»Sag es mir trotzdem.«
»In Tujunga, bei La Tuna.«
»Wem gehört die Hütte?«
»Souza.«
Der Anwalt zuckte, als sein Name erwähnt wurde, aber er blieb ruhig sitzen und stützte sich mit den Händen am Tisch ab. Dwight wandte sich zu ihm und warf ihm wilde Blicke zu, aber Souza kümmerte sich nicht darum.
»Horace Souza, dem Anwalt?«, fragte Milo.
»Genau.«
»Hatte Horace Souza sie dir vermietet?«
»Nein, wir lebten dort umsonst.«
»Wie kam es dazu?«
»Das gehörte zu den Abmachungen. Wissen Sie das nicht mehr?« Antrim fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und sah sich gelangweilt im Raum um.
»Hast du Durst, Tully?«
»Mein Mund ist ganz trocken von dem vielen Quatschen.«
»Wie wär’s mit einem Kaffee?«
»Kann ich’ne Suppe haben?«
»Ich kann eine im Automaten ziehen.«
»Was für eine?«
»Ich glaube, Hühnersuppe.«
Antrim dachte eine Weile nach.
»Gibt es keine Gemüsesuppe?«
»Ich sehe nach. Kommt auch Hühnersuppe infrage?«
Antrim wägte sorgfältig die Möglichkeiten ab.
»Dann nehme ich lieber nur ein Glas Wasser.«
Milo verschwand aus dem Bild. Antrim nutzte den Augenblick, um sich zurückzulehnen, die Augen zu schließen und ein wenig zu dösen. Dann kam Milo zurück und reichte ihm einen Pappbecher.
»Suppe gab es nicht, Tully. Hier ist dein Wasser.«
»Toll«, sagte Antrim und leerte den Becher mit lauten Schlucken. Dann atmete er zufrieden aus und stellte den Becher ab.
»Noch mehr?«
»Nein.«
»Also, machen wir weiter. Du sagtest, wenn du die Leichen herausgeworfen hattest, habt ihr aufgeräumt, Skull und du. Wie habt ihr das gemacht?«
»Wir haben geputzt und alles Brennbare verbrannt.«
»Wo habt ihr die Sachen verbrannt?«
»Auf dem Grill bei der Hütte, den hab ich Ihnen doch gezeigt.«
»Was habt ihr danach gemacht?«
Antrim sah Milo erstaunt an.
»Warum bist du so überrascht, Tully?«
»Nichts. Ich kann mich nur schwer erinnern.«
»Warum?«
»Wir haben danach nichts Besonderes gemacht. Manchmal haben wir gegessen, manchmal gefeiert. Je nachdem.«
»Ihr habt also gegessen und gefeiert, nachdem ihr die Leichen rausgeworfen hattet.«
»Ja. Einmal, nach dem Neger, sind wir in der Stadt ins Kino gegangen.«
»In welches Kino?«
»Es war in einer Nebenstraße der Spring Avenue, bei der Fünften Straße.«
»Seid ihr mit dem Lieferwagen hingefahren?«
»Nein, mit dem Motorrad.«
»Mit deiner Harley?«
»Ja.«
»Welchen Film habt ihr gesehen?«
»Irgendwas mit Sex.«
»Okay«, sagte Milo. »Willst du mir noch irgendwas von dir aus über die Morde erzählen?«
Antrim sah nachdenklich aus.
»Nur, dass das nichts Persönliches war.«
»Was willst du damit sagen?«
»Wir kannten diese schwulen Typen nicht. Wir haben nur unseren Job gemacht.«
»Genau nach Anweisung?«
»Ja.« Der Monitor wurde dunkel, wieder folgte eine Reihe von Zahlen. Dann wieder der Raum, diesmal mit Cash und Whitehead. Sie standen an den Seiten und schrieben mit.
»Heute ist Donnerstag, der zehnte Dezember 1988. Viertes Verhör von William Tull Bonney, auch bekannt als William Antrim. Es geht um seine Beteiligung an mehreren Morden, deren Einzelheiten auf den vorherigen Bändern festgehalten sind. Dieses Verhör findet im Parker Center statt. Mr. Bonney ist über seine Rechte belehrt worden und hat bestätigt, dass er alles zur Kenntnis genommen hat. Wiederholt haben wir ihn darauf hingewiesen, dass er Anspruch auf einen Anwalt hat, aber er hat jedes Mal abgelehnt. Er wurde psychiatrisch untersucht und ist voll zurechnungsfähig. Er hat schriftlich seine Einwilligung gegeben, dass die Verhöre aufgezeichnet werden. Haben Sie noch etwas zu bemerken, Mr. Bonney?«
»Sie haben schon alles selber gesagt.«
»Wollen Sie immer noch keinen Anwalt?«
»Auf keinen Fall. Ein Anwalt
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