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Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Klamotten behalten, der Rest ging zurück. Er fiel aus den Wolken schmerzhaft auf die Erde zurück. Das süße Leben, an das er sich gewöhnt hatte, war vorbei. Richtige Arbeit erschien ihm wie eine lebenslängliche Freiheitsstrafe, er wurde mit dem Problem nur dadurch fertig, dass er ein Drückeberger wurde. Die halbe Zeit ist der Knabe überhaupt nicht bei der Sache. Schickt man ihn zu einer Vernehmung und überlässt ihm die Initiative, kommt er mit Sonnenbrand und einem Wagen voller Sand zurück. Deshalb wissen wir immer Bescheid, verstehst du? Überall, wo er aufkreuzt, erzählt er von einem Drehbuch, an dem er arbeitet, einer Kriminalstory aus dem wirklichen Leben. Warren Beatty sei darüber entzückt, sie warteten nur noch ab, bis ihre Agenten den Vertrag geschlossen hätten, blablabla …«
    »Klingt wie der Los Angeles Blues.«
    »Du hast es begriffen.«
    Da Milo wieder klar und munter sprach, startete ich den Wagen und fuhr zurück nach Süden. Das Gespräch über Cash hatte in mir die Erinnerung an den blutbefleckten Raum aufkommen lassen, den er mir am Vormittag gezeigt hatte.
    »Können wir über den Fall sprechen?«, fragte ich.
    Der plötzliche Wechsel des Gesprächsthemas überraschte Milo, er fasste sich aber schnell. Er trank den restlichen Kaffee aus, zerknüllte den Becher und ließ ihn von einer Hand in die andere fallen.
    »Wie ich dir vorhin sagte, keine Ermittlungsergebnisse. Was gibt es überhaupt zu besprechen?«
    »Alles ist wohl sonnenklar, oder?«
    »Fast alles, wenn meine Gebete erhört werden.«
    »Wunderst du dich nicht ein bisschen?«
    »Worüber denn, über den Erfolg? Ich werde damit fertig werden müssen.«
    »Im Ernst, Milo. Ein halbes Dutzend Morde sind der Polizei fast ein ganzes Jahr ein Rätsel, plötzlich lösen sich die Fälle von selbst. Findest du das nicht seltsam?«
    »Das kann schon passieren.«
    »Doch nicht sehr oft und nicht bei einem Serienmörder. Der wirkliche Antrieb für solche Täter ist doch, die Polizei an der Nase herumzuführen und dabei Allmachtgefühle zu haben oder etwa nicht? Sie legen falsche Spuren und foppen euch, aber sie wollen keinesfalls erwischt werden. Jack the Ripper, Zodiac, der Würger von Green River, alle haben jahrelang gemordet und wurden niemals gefasst.«
    »Aber viele andere wurden gefasst, mein Junge.«
    »Sicher, durch Pech oder Leichtsinn wie Bianchi und der Yorkshire-Mörder. Sie saßen aber nicht mit der Mordwaffe in der Hand herum und warteten auf ihre Verhaftung. Das ergibt doch keinen Sinn.«
    »Menschen in Stücke zu schneiden ist auch sinnlos, aber es passiert eben, häufiger, als dir lieb ist. Können wir nun das Thema wechseln?«
    »Es gibt noch eine andere Sache, über die ich mir den Kopf zerbreche. In Jameys Vergangenheit deutet nichts auf Sadismus oder Wahnsinn hin. Er hat eine schwere Psychose und ist viel zu verwirrt, um solche Morde zu planen und auszuführen.«
    »Du wirst wieder allgemein«, sagte er. »Ich gebe verdammt wenig auf deine Diagnose. Ich argumentiere auf der Grundlage von Beweisen.«
    »Ich möchte dich noch etwas anderes fragen. Hattet ihr irgendwelche Spuren gefunden, bevor ihr ihn verhaftet habt?«
    »Du machst dich langsam lächerlich.«
    »Hattet ihr Spuren?«
    »Und wenn wir vierhundert Spuren gehabt hätten, was würde das für einen Unterschied machen? Der Fall ist doch aufgeklärt.«
    »Tu mir den Gefallen. Welche hattet ihr?«
    »Hör auf damit, Alex. Ich möchte nicht auch noch in deine Sachen verwickelt werden.«
    »Die Verteidigung hat Zugang zu den Ermittlungsakten. Ich könnte es auch über Souza erfahren, würde es aber lieber von dir hören.«
    »Oh, wirklich. Warum das denn?«
    »Weil ich Vertrauen zu dir habe.«
    »Ich fühle mich geschmeichelt«, brummte er.
    Wir verfielen in Schweigen.
    »Du bist wirklich ein Starrkopf«, sagte er schließlich, »aber weil du mich nicht ändern willst, will ich dich auch nicht ändern. Wenn ich es dir erzähle, hörst du dann auf zu fragen?«
    »Das verspreche ich dir.«
    »Also gut. Nein, wir hatten keine aussichtsreiche Spur. In solchen Fällen bekommen wir immer massenweise Informationen, alles von Leuten, die ihre Nachbarn oder Exliebhaber ins Spiel bringen wollen. Alle Spuren versandeten diesmal. Nur einem Hinweis maßen wir einige Bedeutung zu, nämlich, dass alle drei Opfer, bevor sie verschwanden, mit Motorradfahrern gesehen wurden. Mach dir aber keine Hoffnung. Ich sprach nur von einiger Bedeutung, weil wir die Zeugen ins Kreuzverhör

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