Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall

Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall

Titel: Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
Vom Netzwerk:
leidenschaftlichen Jägers kennt man sich zwangsläufig in den Wäldern seiner Heimat aus«, erklärte sie. »Selbst, wenn man viele Jahre lang durch die Welt gezogen ist, verliert man diese Ortskenntnis nicht. Und seitdem ich wieder hier in der Gegend auf die Jagd gehe …«
    »Was, Sie sind Jägerin?«, brach es förmlich aus Tannenberg heraus.
    »Das hätten Sie wohl nicht erwartet, oder?«
    »Ähm, na ja …«
    »Sie sind wohl auch einer von den Männern, die meinen, dass Frauen bei der Jagd nichts zu suchen hätten, oder täusche ich mich da gravierend?«
    Noch bevor Tannenberg seine Lungen fertig aufgepumpt hatte, fuhr Hanne fort: »Die Jagdleidenschaft habe ich von meinem Vater in die Wiege gelegt bekommen. Er war nämlich derart schockiert darüber, dass ihm meine Mutter nicht den erwünschten Stammhalter geschenkt hat, dass er mich aus lauter Wut darüber wie einen Jungen erzogen hat. Übrigens habe ich dieser Tatsache auch meinen Vornamen zu verdanken.«
    »Welcher Tatsache?«
    Hanne drehte den Kopf zu ihrem Sitznachbarn hin und flüsterte ihm ins Ohr: »Wenn du schon kein wehrhafter Mann werden kannst, sollst du wenigstens den Vornamen einer kämpferischen Frau tragen«, soll er bei meiner Taufe lauthals verkündet haben: »Und zwar denselben wie Johanna von Orleans.«
    »Sie machen auf mich aber gar keinen kämpferischen Eindruck«, versetzte Tannenberg, dessen Mimik noch immer seinen ausgeprägten Verwirrungszustand dokumentierte.
    Hannes Augen funkelten bedrohlich. »Warten Sie’s ab. Sie sollten mich besser nicht unterschätzen.« Unvermittelt verflüchtigte sich das herausfordernde Lächeln aus ihrem Gesicht und wurde durch bedeutend ernstere Züge ersetzt. »Der Gedanke an die Jammerhalde stimmt mich immer ziemlich traurig. Obwohl seit diesen fürchterlichen …«, sie hielt kurz inne, schluckte hart, »Ereignissen nun schon fast 35 Jahre vergangen sind.«
    Tannenberg taxierte sie nun mit einem noch verdutzteren Blick. Hat sie sich eben versprochen, oder habe ich mich eben verhört?, fragte er sich.
    »Sie meinen vor über 350 Jahren, nicht wahr?«, versuchte er in sanftem Ton zu korrigieren.
    »Nein, nein.« Hanne wiegte energisch den Kopf hin und her. »Kurz vor meiner Geburt sind meine Tante, also die Schwester meiner Mutter, und ihr Ehemann an der Jammerhalde ermordet worden. Sie waren gerade frisch verheiratet.«
    Entsetzt warf Tannenberg die Hand vor den Mund. »Dann waren die beiden ja Opfer dieses sogenannten Liebespaar-Mörders. Oh je, ist das schrecklich.« Er tippte sich leicht an die Stirn. »Jetzt ist mir auch klar, wieso mir heute Nachmittag beim Aktenstudium dieses alten Falls Ihr Familienname nicht untergekommen ist. Ihre Tante hatte wohl den Namen ihres Mannes angenommen.«
    Hanne nickte. Sie begann, heftig an ihrem Arm herumzukratzen. »Meine arme Mutter hat damals so sehr gelitten, dass die Wehen vorzeitig eingesetzt haben und ich sechs Wochen zu früh zur Welt gekommen bin. Sie war derart geschwächt, dass sie um ein Haar bei meiner Geburt gestorben wäre.«
    Ach, du Schande, dachte Tannenberg, während er betroffen auf Hannes Arm schaute, der an der malträtierten Stelle bereits stark gerötet war. Und schon wieder diese verdammte Zahl 35!
    Johanna von Hoheneck bemerkte plötzlich seinen Blick. In einer abrupten Bewegung hielt sie inne, spreizte ihre Hand und überdeckte damit die aufgekratzte Haut.
    Eine Weile wanderte das Schweigen zwischen den beiden hin und her. Doch kurz vor der Abzweigung nach Trippstadt ergriff Hanne erneut das Wort. Ihre Beklemmung schien mit einem Male wie weggeblasen: »Kennen Sie eigentlich den Weiherfelderhof?«, strahlte sie ihren Begleiter an.
    »Aber sicher, der liegt ja gleich da vorne. Das ist doch dort, wo immer die vielen Pferde auf der Koppel stehen. Aber, was heißt kennen? Ich bin schon oft daran vorbeigefahren. Warum fragen Sie?«
    »Da bin ich geboren und aufgewachsen – und da wohne ich inzwischen auch wieder.« In einen Seufzer hinein ergänzte sie mit einem ironischen Unterton versehen: »In meinem Alter sollte man wohl nicht mehr unbedingt mit Mama und Papa gemeinsam unter einem Dach leben. Aber das Hotel Mama hat durchaus auch seine angenehmen Seiten.«
    Davon wusste der Kriminalbeamte nun wirklich ein Lied zu singen.
    »Außerdem bin ich dort meinen geliebten Pferden ganz nah«, vollendete Hanne.
    »Und Sie sind sicher vor diesem verrückten Fritsche.«
    Gleich nachdem ihm diese unbedachten Worte über die Lippen gekommen waren,

Weitere Kostenlose Bücher