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Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall

Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall

Titel: Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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registrierte er, dass die Blicke der Businsassen wie festgeklebt an seinen Lippen hafteten.
    »Um es noch einmal zu wiederholen«, sprach er endlich weiter: »Sie sind heute Abend nicht wie üblicherweise nur Konsumenten eines exklusiven Überraschungs-Kulturprogramms, sondern Sie sind selbst Teil eines literarischen Kunstprojektes. Der Künstler, der sich Ihnen erst nachher zu erkennen geben wird, hat versprochen, diese Krimi-Performance in seinen ersten Roman einzubauen. Ist diese Inszenierung nicht eine phantastische Idee?«
    »Doch, doch«, erklang ein vielstimmiger Chor.
    Wie der mahnende Taktstock eines Dirigenten schnellte der Zeigefinger des Intendanten nach oben. »Noch etwas, meine werten Gäste: Ich habe eine weitere kleine, aber feine Überraschung für Sie parat: Dieser Event wird umrahmt von einem exquisiten 4-Gänge-Menü, das der Küchenchef des Hotels ›Zum Schwan‹ eigens für diesen Anlass kreiert hat. Mehr will ich nun aber nicht verraten. Genießen Sie diesen außergewöhnlichen Abend. Er möge Ihnen noch lange in Erinnerung bleiben.«
    Stürmischer Applaus brandete auf. Wolfram Tannenberg wollte sich diesem aus verständlichen Gründen allerdings nicht anschließen. Während die Kulturfetischisten aus dem Bus hinausdrängten, blieb er wie festgefroren auf seinem Platz sitzen. Am liebsten hätte er den Bus überhaupt nicht verlassen. Doch Hanne packte seine Hand und zog ihn mit sich. Lethargisch kletterte er die Stufen hinunter und ließ dabei seinen Blick über die Köpfe der Eventgäste schweifen.
    Zentraler Blickfang war ein riesiges Lagerfeuer, das von niedrigen Sandsteinfindlingen umrahmt, Funkenfontänen in den blauschwarzen Nachthimmel hineinsprühte. Ihm direkt gegenüber flackerte im gelblichen Feuerschein die aus Holzflächen und großen Fensterfronten bestehende Fassade eines Flachdachgebäudes. In den Scheiben des ›Hauses der Nachhaltigkeit‹ spiegelte sich ein bizarres Szenario aus schwarzgekleideten Gestalten, wildromantischer Waldkulisse und einem lodernden Flammenmeer wieder.
    »Dieses Ambiente hat etwas makaber-archaisches. Spüren Sie dieses Knistern nicht auch?«, flüsterte Hanne. Bevor Tannenberg jedoch etwas antworten konnte, schob sie im Anschluss an einen tiefen, schnellen Atemzug nach: »Und wie das duftet. Dieser aromatische Holzgeruch – einfach wunderbar.«
    Plötzlich peitschte ein Schuss durch die nächtliche Stille. Die Eventteilnehmer zogen reflexartig die Köpfe ein, manche duckten sich sogar. Mit einem Schlag waren die Gespräche verstummt. Während der Schuss immer noch nachhallte, ertönte von der B 48 her ein markdurchdringendes Sirenengeheul. Alle Köpfe wandten sich zur Geräuschquelle hin. Mit kreisendem Blaulicht schoss ein roter Passat-Variant um die Ecke. Der Fahrer legte eine Vollbremsung hin, schaltete die Signalanlage aus und sprang aus dem Auto.
    »Hier soll ein Mord passiert sein«, schrie ein jüngerer, mit Jeans und T-Shirt bekleideter Mann in die Menge. Er eilte am Lagerfeuer vorbei und verschwand rechts dahinter in der Dunkelheit.
    Aha, mein Kollege ist gerade erschienen, schlussfolgerte der leitende Kriminalbeamte. Seine sowieso schon ziemlich düstere Miene verdunkelte sich noch ein wenig mehr. Oder soll dieser komische Kasper da etwa mich selbst darstellen?
    Wie ein Blitz aus heiterem Himmel verflüchtigte sich sein Unmut über diese heimtückische Laune des Schicksals, die ausgerechnet ihn in solch eine groteske Situation gebracht hatte. An dessen Stelle trat ein Gefühl des blanken Hasses auf diesen selbsternannten Künstler und diese alberne Farce, die Tannenbergs gesamten Berufsstand der Lächerlichkeit preisgab.
    Spektakulärer Kulturevent, dass ich nicht lache!, grollte es in seinem Innern. Nichts als billigster Klamauk!
    Vom stockfinsteren Wald her dröhnte plötzlich die Stahlnetzmelodie. Nach den ersten Takten flammte ein greller Leuchtstrahler auf. In seinem Lichtkegel entdeckten die Zuschauer eine ausgestreckte menschliche Gestalt. Sie lag wie auf einem Altar oben auf einer Sandsteinplatte. Ein Raunen ging durch die Menge. Ob es sich dabei um eine Schauspielerin oder um eine Puppe handelte, war vom Lagerfeuer her nicht zu erkennen. Die Gestalt war bis auf die Schuhe vollständig bekleidet. Der angebliche Leichnam war mit Waldschmuck dekoriert, ein ausgewachsener Hexenpilz verdeckte die Kehle.
    Das gibt’s doch nicht, schoss es Tannenberg durchs Hirn. Die spielen doch allen Ernstes meinen ersten Fall nach.
    Diese

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