Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall
vorliegen. Danach hat heute Nacht jemand mit dem auf Alexander Fritsche zugelassenen PKW ein anderes Auto gerammt. Und weißt du wo?«
»Nee.«
»Auf dem Parkplatz von Johanniskreuz.«
»Das ist ja’n Ding!«
Also hat sich Hanne nicht geirrt. Sie hat diesen Mistkerl tatsächlich hinter einem Baum gesehen, schoss es Tannenberg durch den Kopf. Im ersten Moment empfand er diese Erkenntnis als Erleichterung, aber gleich darauf wurde ihm schmerzlich bewusst, dass dieser Umstand Johanna von Hoheneck nicht unbedingt entlastete.
»Wieso ist dieser Typ schon wieder auf freiem Fuß?«
»Keine Ahnung, Wolf. Wir wissen ja noch nicht einmal, ob er überhaupt am Steuer saß.«
Tannenberg brummte nachdenklich. »Richtig. Aber kümmere dich trotzdem schleunigst darum, wo dieser Fritsche abgeblieben ist. Und bring ihn zu uns. Ich muss dringend mit ihm sprechen.«
»So, Leute, wir teilen uns die Arbeit auf«, kündigte der Leiter des K 1 an, nachdem er den Hörer aufgelegt hatte. Mit Blick auf das Ehepaar Schauß fuhr er fort. »Ihr beiden stattet als erstes meinem Busenfreund Kreilinger einen unangekündigten Besuch ab. Und danach fühlt ihr mal diesem Herrn Klemens auf den Zahn.«
»Schon unterwegs«, entgegnete Sabrina und schoss wie ein Springteufelchen von ihrem Sitz in die Höhe.
»Stopp, stopp. Gib mir bitte mal die Handynummer dieses Cambeis. Den Herrn Rottenführer knöpf ich mir jetzt gleich mal selbst vor.«
»Wie kommst du denn darauf, dass ausgerechnet der etwas damit zu tun haben könnte?«, fragte Sabrina mit ungläubigem Gesichtsausdruck. Sie zückte ihr Notizbuch und kritzelte die gewünschte Telefonnummer auf einen Zettel.
»Warum denn nicht? Du hast doch selbst in seiner Personalakte gelesen, dass er Geschichte studiert hat. Außerdem war auch er gestern Abend in Johanniskreuz. Und er ist ebenfalls Mitglied in diesem komischen Historikerverein. Genau wie dieser Stalker und unser geschätzter Oberförster.«
»Was, Kreilinger auch?«, stieß Michael Schauß verwundert aus.
»Ja. Die sind alle in diesem ominösen Verein. Den sollten wir mal intensiv unter die Lupe nehmen. Vielleicht ist das der Geheimbund, den wir suchen – oder zumindest ein Ableger davon.«
Anschließend wandte sich Tannenberg an Kriminalhauptmeister Geiger. »Du bleibst hier und hältst die Stellung. Wenn etwas Neues reinkommt, meldest du dich sofort bei mir.«
»Chef, kann ich nicht mit Ihnen mitkommen?«, bettelte der untersetzte Kriminalbeamte. »Hier drinnen wird’s nachher bestimmt wieder sauheiß.« Im Vorgriff auf seine Temperaturprognose wischte er sich mit seinem Taschentuch im Genick herum.
»Nichts da! Während wir weg sind, kümmerst du dich um diesen Historikerclub. Ich will alles auf meinen Schreibtisch, was du finden kannst. Ist das klar?«
Geiger nickte brav.
»Und wenn du damit fertig bist, arbeitest du sicherheitshalber noch einmal die Akten aus den 70er Jahren durch. Vielleicht entdeckst du darin irgendwo einen Hinweis auf eine Historikergruppe – oder auf sonst was, das uns entscheidend weiterbringt.«
Petra Flockerzie erschien im K 1. Mit hektischen Worten informierte Tannenberg seine Sekretärin über die dramatischen Ereignisse der letzten Nacht. Danach wies er sie an, im Internet nach weiteren Hinweisen auf den Decknamen Johanna – Mission 370 zu suchen.
Inzwischen hab ich schon drei meiner besten Mitarbeiter auf diese Signatur angesetzt, dachte Tannenberg schmunzelnd, als er die Treppe hinuntertrippelte. Na ja, aller guten Dinge sind eben drei.
Die von Konrad Cambeis geführte Waldarbeiterrotte hatte ihren Einsatzsort gewechselt und arbeitete nun im sogenannten Eichenkranz, einem südwestlich des Stiftswalder Forsthauses gelegenen, majestätischen Hochwald.
Als Tannenberg bei den Forstarbeitern eintraf, hatten sie dem Anschein nach gerade mit ihrer ersten Frühstückspause begonnen. Wegen der beträchtlichen Waldbrandgefahr hatten sie ihr obligatorisches Lagerfeuer mitten in einen sandigen Waldweg hineinverlegt und dessen Ausmaße reduziert. Die wettergegerbten Männer saßen auf einem dicken Eichenstamm und packten ihre Brote aus.
»Bei so einer Arbeit an der frischen Luft kriegt man einen Mordshunger«, sagte ein bärtiger Forstwirt und kramte in seinem Rucksack herum.
Mords-Hunger ist gut, dachte Tannenberg. Da sind wir ja schon gleich beim Thema.
Unterdessen war der Waldarbeiter in seinem Rucksack fündig geworden. Gierig riss er eine Dose Heringsfilet in Curry-Tomatensoße auf. Dabei
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