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Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall

Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall

Titel: Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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grummelte Michael Schauß.
    Sabrina zeigte keinerlei Reaktion. Geistesabwesend starrte sie weiterhin in Richtung des schwarzgrauen Straßenbelags.
    »So still, mein Schatz, was ist los mit dir?«
    »Hmh?«
    »Denkst du auch gerade an …«
    Weiter kam der junge Kommissar nicht.
    »Natürlich, schon die ganze Zeit über«, fiel ihm seine Frau ins Wort.
    Michael krauste die Stirn. »Wann war das etwa – vor drei Jahren?«
    »Nein, es ist fast genau vier Jahre her, seitdem wir hier waren«, korrigierte Sabrina.
    »Schon so lange? Wie die Zeit vergeht.«
    Am Antonihof bog der silberne Dienstwagen in die Zufahrt des Forsthauses ein. Sie parkten ihr Auto außerhalb des Geländes und gingen die letzten paar Meter zu Fuß.
    Urplötzlich blieb Sabrina Schauß stehen und krallte ihre Hand in Michaels Arm. »Das kann doch gar nicht sein«, flüsterte sie. »Exakt dieses Bild ist mir von unserem letzten Besuch hier oben in Erinnerung geblieben.«
    »Stimmt, so ein Zufall«, pflichtete ihr Ehemann bei.
    Was die beiden Kriminalbeamten gerade vor sich sahen, entsprach in verblüffender Weise dem damaligen Szenario. Es war Tannenbergs erster Fall gewesen, in dem Kreilinger sich als ›Law-and-Order‹-Fetischist in Szene gesetzt und delikaterweise den Fall durch eigene Hand zu einem tragischen Abschluss gebracht hatte.
    Kreilingers protziger Geländewagen parkte direkt vor dem Forsthaus. Der chromfarbene Rammschutz funkelte im Sonnenlicht. Genau wie bei ihrem Erscheinen vor vier Jahren hielt sich der Förster in seiner Garage auf. Er hatte den unangekündigten Besuchern den Rücken zugewandt und weidete gerade ein Stück Wild aus. Nur handelte es sich diesmal nicht um ein Wildschwein, sondern um einen Rehbock. Links neben dem unorthodoxen Schlachtraum befand sich ein Zwinger, in welchem mehr als ein halbes Dutzend Jagdhunde erwartungsvoll auf ihren Anteil an der weidmännischen Beute lauerten.
    »Der hat doch sicher unser Auto gehört. Aber warum zieht er dann diese Show ab?«, flüsterte Michael Sabrina zu.
    Die beiden Ermittler hatten sich in den letzten Sekunden nicht einen Millimeter bewegt. Sie standen wie in Blei gegossen und warteten gespannt darauf, wie es nun weitergehen würde. Und es kam tatsächlich genau so, wie sie es intuitiv geahnt hatten. Es war, als ob man ihnen ein und denselben Film zum zweiten Mal vorführen würde: Manfred Kreilinger, wie damals ganz in Grün gewandet, schnitt irgendwelche Innereien aus dem aufgehängten Rehbock und warf sie der gierigen Meute zu. Sofort stürzten sich die Hunde auf die blutigen Stücke und balgten sich zähnefletschend um sie.
    Vor Michael Schauß’ innerem Auge tauchte gerade eine weitere, noch grässlichere Filmsequenz auf, in der es sich anstatt der Wildinnereien um Menschenköpfe handelte. Obwohl er derjenige war, der diese Hypothese ins Spiel gebracht hatte, ließ ihn der Gedanke daran, dass diese Hundemeute für die Zerstörung der Gesichter verantwortlich sein konnte, zutiefst erschaudern.
    Ein kurzer Seitenblick auf Sabrinas entsetzte Mimik genügte: Auch sie schien offensichtlich gerade von ähnlich makabren Assoziationen heimgesucht zu werden.
    »Ach, wie schön: Die Polizei, dein Freund und Helfer«, empfing sie der blendend gelaunte Förster. »Was verschafft mir denn die Ehre Ihres hohen Besuchs? Sind Sie vielleicht auf der Suche nach einem schönen Stück Wildbret?«
    Schmunzelnd zupfte er die blutverschmierten Gummihandschuhe von den Fingern und warf sie achtlos beiseite. Dann schritt er auf die beiden Beamten zu und streckte ihnen mit einem breiten Grinsen die Hand entgegen.
    Doch ebenso wie ihr Mann ignorierte auch Sabrina die Nötigung zum Handschlag.
    Was für ein Widerling, dachte sie voller Abscheu. Dieser Mensch ist mir so was von unsympathisch. Wolfs Aversion kann man wirklich nachvollziehen.
    Kreilingers tief liegende Augen begafften derweil den Körper der jungen Kommissarin mit lüsternen Blicken. Dabei leckte er sich über die Lippen und fuhr sich anschließend mit einem Finger über den dünnen, stark angegrauten Schnurrbart.
    »Wo waren Sie heute Nacht?«, blaffte Michael in einem derart aggressiven Ton, dass sogleich einer der Jagdhunde zu knurren begann.
    »Ruhig, Brutus, ruhig. Der Herr Kommissar meint es nicht böse, er ist nur ein bisschen gestresst.« Manfred Kreilinger machte einen Schritt auf den Zwinger zu. »Weißt du, Brutus, meine Freunde von der Polizei haben es wieder einmal mit einem gemeingefährlichen Mörder zu tun. Das Dumme an

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