Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall
Idioten.« Als er Sabrinas vor Zorn aufblitzende Augen sah, ergänzte er: »Können Sie ihm ruhig von mir ausrichten – genau mit diesen Worten!«
Ganz cool bleiben, der will dich nur provozieren, mahnte sich Sabrina zur Gelassenheit. Sie atmete einmal kräftig durch, dann sagte sie: »Herr Kreilinger, Sie waren doch damals so etwas wie ein Zeitzeuge.«
Der Förster schürzte irritiert die Lippen. »Zeitzeuge bei was? – Und wann damals?«
»Na, in den 70er Jahren. Da haben Sie ein ermordetes Pärchen an der Jammerhalde gefunden. So steht es jedenfalls in den Akten. Stimmt das?«
Kreilinger beantwortete die Frage mit einem Nicken.
»Irgendwie ist es doch mehr als merkwürdig«, fuhr Sabrina fort, »dass ausgerechnet Sie bereits kurze Zeit, nachdem ein Leichnam an der Jammerhalde gefunden wurde, dort aufgekreuzt sind.«
Kreilinger zog sein Kinn zum Hals. »Jetzt enttäuschen Sie mich aber, mein liebes Fräulein. Das, worauf Sie anscheinend gerade hinauswollen, ist meines Erachtens völlig unlogisch«, erwiderte er in arrogantem Ton.
»Worauf will ich denn hinaus?«
»Also nehmen wir mal für einen Moment an, ich wäre der gesuchte Täter. Glauben Sie denn allen Ernstes, ich wäre so blöd und würde ausgerechnet dann an der Jammerhalde auftauchen, wenn die Kripo dort ist? Für wie doof halten Sie mich eigentlich?«
Nein, doof bist du sicherlich nicht, dachte Sabrina, sondern verdammt gerissen!
»Genau das könnte aber das vermeintlich Geniale an Ihrem Vorgehen sein«, mischte sich Michael Schauß ein: »Vielleicht spekulieren Sie ja darauf, dass Sie sich gerade dadurch von einem Tatverdacht befreien können, indem Sie sich ausgesprochen verdächtig verhalten. Und wir uns sagen: So blöd kann der doch gar nicht sein.«
»Interessanter Gedanke.«
»Nicht wahr?« Kommissar Schauß hob den Zeigefinger. »Ich sag Ihnen jetzt mal etwas im Vertrauen: Ganz so blöd, wie Sie anscheinend meinen, sind wir nun auch wieder nicht.«
»Nichts für ungut, war schließlich nur eine Gedankenspielerei«, erwiderte der Förster.
»Haben Sie eigentlich eine Erklärung für den Diebstahl dieser Waldarbeiter-Praxe?«, erhöhte Sabrina den Druck. Kreilinger durfte nun keine Verschnaufpause mehr gegönnt werden.
»Nein«, gab der Förster kopfschüttelnd zurück.
»Sagen Sie mal, Sie sind ja offenkundig bestens mit den Herren Cambeis und Klemens bekannt.«
»Ja, sicher, ist das etwa verboten?«
»Nein, selbstverständlich nicht«, lachte Michael Schauß. »Ich weiß schließlich selbst, dass nichts über eine gute Männerfreundschaft geht. Da spricht man ja über vieles, wenn nicht sogar über alles, worüber man sonst nicht redet.«
Interessiert spitzte seine Frau die Ohren. Kreilinger dagegen nickte verschwörerisch.
»Sie haben sich doch gestern Abend in Johanniskreuz getroffen. Da haben Sie sich bestimmt auch über die Morde an der Jammerhalde unterhalten, nicht wahr?«
Der Förster wiegte den Kopf hin und her. »Nein. Dazu hätten wir auch gar keine Zeit gehabt. Wir mussten schließlich diesen Event organisieren und für den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung sorgen. Nur als der Künstler vorgelesen hat, haben wir uns mal kurz getroffen und ein bisschen miteinander geklönt. Allerdings nicht über die Morde, nein. Dazu sind wir vor lauter Staunen überhaupt nicht mehr gekommen.« Er stockte, wartete auf eine Gegenfrage, die auch prompt gestellt wurde.
»Worüber haben Sie denn so gestaunt?«, wollte Sabrina wissen.
»Na, darüber, dass unser appetitliches Zuckerpüppchen Hanne, auf das wir alle so scharf sind, ausgerechnet mit Ihrem Chef bei diesem Event aufgekreuzt ist. Wo doch jeder weiß, was ihr Chef für ein merkwürdiger, verschrobener Vogel ist –, um es einmal zurückhaltend auszudrücken.«
Sabrina ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. »Aber zu einem anderen Zeitpunkt haben Sie sich über die Jammerhalde-Morde unterhalten, nicht wahr?«
»Na klar, das ist ja auch zur Zeit das Thema.«
»Und, was haben Sie darüber gesprochen?«
Er drohte ihr scherzhaft mit dem Zeigefinger. »Sie sind aber ganz schön neugierig, mein liebes Fräulein. Nun gut, ich will mal nicht so sein«, meinte er gönnerhaft.
Sabrina schenkte ihm ein herablassendes Lächeln.
Kreilinger räusperte sich theatralisch. »Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ein jeder von uns sehr großes Verständnis für den Täter aufbringt.«
Beide Kriminalbeamte elektrisierte diese Aussage bis ins Mark hinein. Wie gerade an Land
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