Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall
nicht entlarven, weil wir völlig unauffällig leben.
»Schreib: Das hört sich toll an. Ich denke genau wie ihr. Ich möchte auch endlich etwas tun. Wie kann ich bei euch mitmachen? Wo kann ich jemanden von euch treffen?«
Wo wohnen Sie?
»Antworte: in Rheinland-Pfalz.«
Und wo da genau?
»Verdammt, Flocke, was sollen wir denn jetzt nur antworten?«, stieß Tannenberg verzweifelt aus. »Wenn wir die Wahrheit schreiben, riecht die doch sofort den Braten.« Er ballte dabei die Fäuste so fest, dass seine Fingerknöchel weiß wurden.
»Chef, was …?«
»Flocke, schreib: in Kaiserslautern.«
Die Sekretärin zögerte und warf einen fragenden Blick hinauf zu ihrem Vorgesetzten. »Wirklich?«
»Ja, mach schon!«
»Aber, wenn sie den Kontakt abbricht?«
»Egal. Wie heißt es so schön: keine Antwort ist auch eine Antwort.«
Petra Flockerzie tippte die beiden Worte ein.
Johanna – Mission 370 logged out , blinkte kurz auf, dann erschien schon der nächste Forumsbeitrag: Darin zeigte sich ein gewisser Landsknecht begeistert von diesem makabren Rachefeldzug und erbat dringend weitere Informationen. Und auch ein weiterer Teilnehmer meldete sich, der ähnlich interessiert klang.
»Verflucht nochmal, sind die denn alle verrückt geworden?«, schimpfte Tannenberg. »Wir müssen diese Irren so schnell wie möglich stoppen.« Er eilte in sein Dienstzimmer, zerrte das Ladekabel aus seinem Handy und stürmte an seiner Sekretärin vorbei. Doch vor der Tür stoppte er abrupt, hechtete zurück an Petra Flockerzies Schreibtisch und nahm ihr Mobiltelefon an sich. »Wenn was ist, ruf mich auf deinem Handy an.«
»Ja, Chef, aber wo gehen Sie denn hin?«, rief sie ihm nach.
»Pfalzinstitut – Leute befragen«, gab der Kriminalbeamte im Telegrammstil zurück.
Die Fahrt zum Benzinoring dauerte kaum mehr als fünf Minuten. Ohne anzuklopfen stürmte Wolfram Tannenberg in das Büro des Institutsleiters. »Ich muss dringend mit Ihnen sprechen«, verkündete er lauthals.
Der promovierte Historiker wirkte ziemlich derangiert, als der Ermittler plötzlich vor ihm stand. Er war ein paar Sekunden lang geradezu paralysiert. Wie festgeklebt lagen die Finger auf der Keyboardtastatur seines Laptops. Er blickte dem Eindringling mit offenem Mund und verständnisloser Mimik entgegen.
Tannenberg nahm unaufgefordert Platz. »Ich brauche dringend Ihren Rat.«
»Ähm, ja gerne. Womit kann ich Ihnen denn dienen?«, entgegnete der etwa 50-jährige Mann, der aufgrund seiner randlosen Brille und seines gepflegten Kinnbärtchens einen ausgesprochen intellektuellen Eindruck erweckte.
Mit einem Mal schien der Institutsleiter hellwach zu sein. Er umfasste die Computermaus, und ließ sie im Zickzackkurs über den Schreibtisch wandern. Synchron dazu huschte sein flackernder Blick über den Monitor hinweg. Dann klappte er den Flachbildschirm nach unten und legte darauf die Hände ab, so als wolle er sein Notebook vor einem unbefugten Zugriff schützen.
Tannenberg war dieser hektische Aktionismus natürlich nicht entgangen. »Ich hab Sie wohl gerade bei einer wichtigen Arbeit gestört, nicht wahr?«, und wies mit dem Kinn auf den Laptop.
»Nein, nur das Übliche eben«, erwiderte sein Gegenüber.
»Woran arbeiten Sie denn gerade konkret?«
Zu gerne hätte Tannenberg einen neugierigen Blick in den Laptop geworfen, aber da er keine richterliche Durchsuchungsanordnung mit sich führte, waren ihm dahin gehend die Hände gebunden.
Dr. Weißmann machte eine abwiegelnde Handbewegung. »Ach, nichts Besonderes. Nur ein Artikel für eine Fachzeitschrift.« Er räusperte sich, fasste sich an die Kehle. »Diese trockene Luft, das ist einfach Gift für die Stimmbänder.« Er nahm nun den Leiter des K 1 etwas intensiver in Augenschein. »Was führt Sie denn eigentlich zu mir, Herr Hauptkommissar?«
»Können Sie sich das nicht denken?«
Im ersten Moment reagierte der Institutsleiter ziemlich irritiert. Aber bereits einen Wimpernschlag später nickte er mit betretener Miene. »Ich vermute, es geht um die Jammerhalden-Morde. Ich hab in der Mittagspause von dem neuen Leichenfund gehört. Schreckliche Sache. Haben Sie schon eine heiße Spur?«
»Darüber kann ich Ihnen leider keine Auskunft geben«, gab der Ermittler zurück.
»Verstehe. Aber mir ist ehrlich gesagt nicht ganz klar, wie ich Ihnen dabei behilflich sein könnte?«
»Wissen Sie, wo Ihre Mitarbeiterin abgeblieben ist?«
Erneut verwirrte Tannenberg sein Gegenüber mit diesem
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